Leben mit Hochsensibilitaet
darin, anderen ihreProbleme aufzubürden. Hochsensible sind die ideale Zielscheibe für ein derartiges Verhalten.
Manchmal sind Hochsensible selbst zu aufdringlich im Anbieten von Hilfe, etwa von Problemlösungen. Sie stören sich an der Unvollkommenheit des anderen ebenso sehr wie an ihrer eigenen. Mit einem untrüglichen Gefühl für das, was nicht stimmt, möchte ein Hochsensibler bisweilen ungefragt seine Meinung äußern oder seine Hilfe anbieten. Manche Hochsensiblen kommen dadurch zu einem Ruf als unbequeme Zeitgenossen oder Spielverderber, denn nicht jeder ist über ungebetenen Rat erfreut. Es kann auch vorkommen, dass ein Hochsensibler sich zwar nicht äußert zu etwas, was seiner Ansicht nach nicht in Ordnung ist – jedoch nicht aufhören kann, darüber zu grübeln. Das sind Fallstricke für Hochsensible. Sie müssen einsehen: Die Welt wird nie perfekt sein. Genauso wie sie selbst haben auch andere Menschen ihre Fehler. Tatsächlich geht es gar nicht darum, das zu ändern. Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich. Erkennst du dieses Muster? Wie gut gemeint deine Hilfe und wie zutreffend dein Rat vielleicht auch sei – sie sind möglicherweise überhaupt nicht erwünscht. Du wirst lernen müssen, den anderen loszulassen. Loslassen hängt mit Vertrauen zusammen. Die Neigung, andere zu konfrontieren mit dem, was sie nicht gut machen, kann mit eigener Unsicherheit und dem Bedürfnis nach Bestätigung zusammenhängen. Hochsensible Menschen fühlen nun einmal schnell die Unvollkommenheit ihrer selbst, der anderen und der Welt – und etwas in ihnen drängt sie, diese Unvollkommenheit anzugehen. Doch wie Don Quichote mit Windmühlenflügeln kämpft, kämpfen Hochsensible manchmal für eine aussichtslose Sache. Das ist Energieverschwendung.
Sven schrieb mir: „Kurz bevor ich entdeckte, dass ich hochsensibel bin, zerbrach meine Liebesbeziehung. Das kam, wie ich jetzt verstehe, durch typische Hochsensiblenprobleme: Ich hatte häufig das unerklärbare Bedürfnis, mich zurückzuziehen, und war oft irritiert, wenn andere mich spontan überraschten. Auch konnte sich mein gut gemeinter Rat wie Kritik anhören. Es ist unsere Fähigkeit,die Wurzeln der Schwachstellen anderer zu erkennen und bloßzulegen. Aber haben die anderen etwa darauf gewartet? Meistens wohl eher nicht. Ich bedauere, dass ich nicht eher begriff, woher meine Tendenzen kamen. Nun ist es zu spät und sie ist weg. Trotzdem habe ich begriffen, dass es höchste Zeit ist, mich selbst besser kennenzulernen. Bevor ich richtig in ein hoffnungsloses Tief rutsche, will ich jetzt mit natürlichen Hilfsmitteln (statt mit den Antidepressiva, die der Hausarzt verschreibt) und durch Therapie entdecken, wer ich bin und welche Veränderungen mein Leben besser machen werden. Ich möchte gerne den Stolz auf meine Eigenart wiederfinden, den ich früher fühlte. Und ich glaube, dass es mir gelingen wird.“
Was erwarten Hochsensible eigentlich von zwischenmenschlichem Kontakt? In der Regel gehen Hochsensible gern intensive Beziehungen ein. Das gilt sowohl für ihr Liebesleben als auch für ihre Freundschaften. Man kann es am besten als tiefes Bedürfnis nach innerer Verbindung beschreiben. Danach sollte jeder Sozialkontakt ein Austausch von Liebe und Respekt sein, der seelisch erfüllend ist.
Am liebsten möchten hochsensible Menschen mit anderen innig umgehen. Befriedigender Umgang ist für sie herzlich, sinnvoll und auf Austausch ausgerichtet – so dass man voneinander lernen kann, sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung bietet und schließlich im tiefsten Inneren miteinander verschmelzt. Wie eine Mutter mit ihrem Kind eins ist, so ungefähr möchte der Hochsensible mit allen Menschen verkehren. Wir werden später noch auf diese intensive Form von Kontakt zurückkommen.
Sobald Kontakte drohen, oberflächlich zu werden, oder wenn Konflikte und Zwietracht ins Spiel kommen, haben Hochsensible Schwierigkeiten mit der Situation. Manche haben derartige Probleme mit solchen Formen von Kommunikation, dass sie sich lieber ganz in ihr Schneckenhäuschen zurückziehen. Andere haben möglicherweise gelernt, mit Konflikten umzugehen, oder sind schon von sich aus relativ durchsetzungsstark und selbstsicher. Nichtsdestoweniger geht es eigentlich allen Hochsensiblen bei inniger Harmonie besser.
Das soll übrigens nicht bedeuten, sie könnten nicht selbst auch Anstifter von Streit und Urheber von Konflikten sein. Wie sehr auch das Streben Hochsensibler darauf gerichtet
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