Leben mit Hochsensibilitaet
und ihr Gehirn arbeiten überdurchschnittlich emsig und intensiv. Deshalb bemerken sie mehr als üblich. Das ist eine Gabe. Dieses „Registrieren“ kann auf vielen Gebieten zu ihrem Vorteil werden, so dass es als Talent einsetzbar ist.
Johannes (31) ist gegenwärtig Gesprächsleiter bei den Besprechungen in dem IT-Betrieb, in dem er seit kurzem arbeitet. Es war nämlich aufgefallen, dass er die oft uferlosen Diskussionen unterbrach und die Besprechung wieder zu ihren zentralen Punkten zurückführte. Auf die eine oder andere Art brachte er ein angenehmes Verständnis für die verschiedenen Meinungen auf, verlor aber nie den roten Faden. Seine Kollegen schätzten seinen moderierenden Beitrag und baten ihn, fortan die Sitzungen zu leiten. Seitdem dauern die Sitzungen nicht mehr endlos, und es gibt mehr Resultate.
Johannes: „Ich finde es spannend, die verschiedenen Meinungen anzuhören, aber ich möchte auch, dass allen klar wird, dass wir gemeinsam nach Lösungen suchen müssen. Ein Gespräch kann schnell zu einer Diskussion werden, in der die Meinungen aufeinanderprallen. Diskussionen sind gesund, aber nicht immer konstruktiv. Ich sehe es als Herausforderung, alle zufriedenzustellen und eine Antwort zu suchen, in der sich jeder wiederfinden kann. Ich bin davon überzeugt, dass das durch meine Hochsensibilität kommt. Ich zeige viel Respekt und suche ständig einen Konsens.“
Ein gut entwickeltes Bewusstsein verlangt danach, Dinge bewusst anzugehen. Genauso wie Johannes spürst du wahrscheinlich frühzeitig, worum es eigentlich geht, und bist dann auf der Suche nach einer Lösung. Du findest es wahrscheinlich unangenehm, unbewusst und oberflächlich zu leben. Im Arbeitsleben und im Privatleben möchtest du Dinge gründlich und sorgfältig tun. Ein Mitarbeitertreffen ist nicht einfach ein Stündchen plaudern, sondern etwas, was Resultate zeigen soll. Mit deinem Lebenspartner hast du auch nicht irgendeine laue Liebesbeziehung, sondern du strebst danach, sie in so vielen Bereichen wie möglich erfolgreich werden zu lassen. Das ist dir wichtig und daran wirst du hart arbeiten. Bewusstsein bedeutet auch bewusstes Genießen. Häufig genießt du sogar Kleinigkeiten. Du freust dich über die Fliege, die sich auf deine Nasenspitze setzt, über die Blumen, die im Frühling blühen, und über einen freundlichen Unbekannten in der Straßenbahn. Du genießt intensiv, und so möchtest du am liebsten jeden Tag leben.
Glücklicherweise hat niemand etwas dagegen, dass du das tust. „Beobachtungsbegabt“, eine Bezeichnung, die es eigentlich nicht gibt, beschreibt recht passend die Eigenschaft, um die es hier geht. Sie hilft dir nicht nur, glücklicher und gesünder zu leben, sondern auch, mit Aufrichtigkeit und Einfühlungsvermögen anderen gegenüber zu handeln. Mit dieser Eigenschaft kannst du also etwas Positives in der Welt bewirken – beispielsweise, indem du Suchende ermutigst, näher zu ihrem wahren Wesen zu gelangen. Oder indem du sie auf eine gesündere Lebensweise hinweist. Indem du kreativarbeitest, Kunstwerke schaffst oder neue Produkte auf den Markt bringst, die der Welt weiterhelfen. Durch ein offenes Ohr, eine helfende Hand, ein mitfühlendes Herz und einen inspirierenden Kontakt.
4.2 Inspiration
„Hochsensible haben etwas, wodurch sie mehr als durchschnittlich inspiriert und spirituell sind“, schreibt Elaine Aron. Bei den meisten dieser Menschen, mit denen sie sprach, kamen Worte wie „Seele“ und „spirituelles Bewusstsein“ regelmäßig vor. Es war fast, als ob das Wissen um das Höhere, das Kosmische oder das Göttliche, viele Hochsensible als solche definiere. Aron sagt dazu: „Immer, wenn ich mit diesen Personen auf Themen wie Glaube, Philosophie, die innere Lebenswelt und Spiritualität zu sprechen kam, war es, als würden ihre Stimmen eine erneute Energie erhalten und als kämen wir im Interview endlich zu den wichtigen Punkten.“ 21 Aron erfasste den Faktor Inspiration durch vier Aspekte, die ihr im Kontakt mit Hochsensiblen auffielen: (1) die Neigung, regelmäßig eine tiefe – weihevolle – Stille walten zu lassen, (2) das Interesse für ethische Themen, (3) der Hang zu spirituellen Erfahrungen und (4) das Verlangen, alle Aspekte des Lebens auf eine inspirierende Art zu erfahren. 22
Bei den meisten Hochsensiblen entsteht dieses Verlangen schon früh. Manche berichten von Erfahrungen, die sie bereits als Kind hatten – Erfahrungen von Inspiration, die etwas Kostbares und Fundamentales
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