Leben mit Hochsensibilitaet
Emotionen nicht nach außen hin zu zeigen. Sie verarbeiten diese lieber für sich in der Stille.
Je mehr diese Kinder aber ermutigt werden, sich zu äußern, desto mehr gewöhnen sie sich daran, Gefühle zu zeigen. Eltern, die ihre Kinder ermutigen, sich zu äußern, werden, zumindest in den ersten Jahren, eine harte Nuss zu knacken haben durch die Gefühlsäußerungen ihrer Kinder. Lernt allerdings das Kind, dass Gefühle da sein dürfen, dann lernt es auch, dass es in Zukunft keine Angst zu haben braucht vor eigenen Gefühlsäußerungen und den Gefühlen anderer. Bei einigen wenigen hochsensiblen Kindern gelingt es aber nicht, dass sie dies lernen. Ihre Gefühle bleiben innen. Und das sind dann die typischen Menschen, die ihre Gefühle nach innen fressen.
Weil hochsensible Kinder sich leichter überwältigt fühlen durch Dinge, die andere Kinder noch nicht einmal bemerken, sind sie manchmal etwas zurückhaltend und abwartend. Vor allem mit Veränderungen und neuen Situationen haben sie häufig Schwierigkeiten: der erste Schultag, ein Wohnungsumzug, eine Geburtstagsparty, ein Schulausflug. Manchmal sind sie wochenlang, sogar Monate zuvor damit beschäftigt. Diese Art „großer Geschehnisse“ machen auf hochsensible Kinder einen überdurchschnittlichen Eindruck.
Diese Empfindlichkeit gegenüber Veränderung bedingt auch, dass sie eher aus dem Gleichgewicht geraten, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sie erwarten oder wie sie immer gelaufen sind. Unter anderem deshalb benötigen die meisten hochsensiblen Kinder Klarheit und Regelmäßigkeit. Mit einem Überraschungsfest braucht man ihnen nicht zu kommen. Und plötzlichen Besuch finden sie möglicherweise erdrückend und unangenehm. Ebenso wenig sind sie darüber erfreut, wenn sie für Besucher etwas zum Besten geben müssen. Es macht sie nervös, wenn sie plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen und andere ihnen zuschauen.
Hochsensible Kinder erreichen schneller ihre Belastungsgrenze. Mit einem kleinen Besuch bei Oma und einmal Einkaufengehen haben sie mehr als genug Eindrücke für den Tag. Wenn man sie länger irgendwo hin mitnimmt, werden sie häufig lästig, quengelig, weinerlich und im Extremfall lassen sie sich auf den Boden fallen und schlagen wütend mit den Beinen oder dem Kopf gegen den Boden. Dann ist eindeutig ihre Belastungsgrenze überschritten, denn im Prinzip sind hochsensible Kinder nicht so aufbrausend oder stressig. Überreizung ist eine tägliche Bedrohung für jedes hochsensible Kind. Als Eltern sollte man deshalb beachten, dass man die Lebenswelt seines hochsensiblen Kindes nicht unnötig vollstopft mit Spielsachen, Fernsehen, Besuchen, Streitereien, Einkaufengehen und langen anstrengenden Urlaubsreisen. Für ein hochsensibles Kind kann selbst ein normaler Tag schnell zu viel sein.
5.2 Verarbeitungsprozesse
Was diese Kinder bemerken, wird entweder bewusst oder unbewusst weiterverarbeitet. Bei der bewussten Weiterverarbeitung kann es vorkommen, dass ein hochsensibles Kind dafür unglaublich lange braucht. Es reagiert scheinbar träger als andere Kinder. Der Grund dafür ist, dass gleichzeitig so viel anderes in seinem Kopf passiert und es so viel untersuchen möchte und noch so viel anderes zu verarbeiten ist … Du merkst dann, dass dein Kind Schwierigkeiten hat, Entscheidungen zu fällen. Welche Schuhe soll ich heute anziehen …? Welche Geschichte soll Papa vorlesen …? Möchtest du dein Ei hart oder weich gekocht …? Die Geduld der Eltern kann ganz schön auf die Probe gestellt werden, wenn nach einem langen Moment immer noch keine Antwort kommt. Die Informationsverarbeitung eines hochsensiblen Kindes ist ziemlich komplex, da es Dinge gedanklich sehr differenziert einsortiert. An jeder Frage hängt eine Welt von Möglichkeiten, von Vergangenheit und Zukunft, von Ängsten und Erwartungen. Das Verrückteste, was man sich vorstellen kann, es passiert im Kopf eines hochsensiblen Kindes.
Unbewusste Verarbeitungsprozesse hingegen – also Prozesse, bei denen die Informationen außerhalb des bewussten Nachdenkens verarbeitet werden – können bei hochsensiblen Kindern rasend schnell vor sich gehen. Wie auf andere auch, strömen auf diese Kinder den lieben langen Tag Informationen ein, die sie mit bestehendem Wissen verbinden müssen. So ziehen sie Schlussfolgerungen. Dieser Prozess, aus neuen Informationen in Kombination mit bestehendem Wissen Schlussfolgerungen zu ziehen, verläuft bei hochsensiblen Kindern und Erwachsenen
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