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Leben mit Hochsensibilitaet

Leben mit Hochsensibilitaet

Titel: Leben mit Hochsensibilitaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marletta-Hart Susan
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wagtest, kannst du jetzt die Neigung haben, dein Kind übertrieben zu beschützen, indem du es von bedrängenden Situationen fernhältst. Du erinnerst dich noch zu gut, wie unglücklich du dich fühltest, als du Dinge tun musstest, die dir zu viel wurden und denen du dich noch nicht stellen wolltest. Du erinnerst dich an den Schmerz, die Unsicherheit, die Angst und die Überreizung. Wenn wir aber hochsensiblen Kindern die schwierigen Situationen immer vorenthalten, fehlt ihnen die Chance, Mut und Durchsetzungsvermögen zu entwickeln. So können sie zu sozialgehemmten Menschen werden, die nur ein halbes Leben leben, weil sie ungenügend gelernt haben, für sich selbst einzustehen. Wie schwierig du es auch findest, du kannst ängstliche und sensible Kinder nicht immer gegen die böse Außenwelt beschützen. Mit Unterstützung und Verständnis kannst du sie auf sanfte Art motivieren, kleine Schritte zu gehen, damit sie auf Dauer zunehmend selbstständiger wagen, Dinge anzugehen. Meine Mutter beschloss, dass ich den Schulausflug mitmachen sollte, gab mir aber die Versicherung, dass sie mich abholen würde, wenn ich es zu fürchterlich fände. Mit der Lehrkraft wurde abgemacht, dass sie stets ein Auge auf mich haben würde, vor allem nachts. Davon merkte ich nicht viel, wie ich mich heute erinnere. Ich fühlte mich ziemlich allein gelassen. Ich erinnere mich auch nicht, dass irgendetwas Schönes an der Fahrt war. Trotzdem hatte ich eine große Angst überwunden und konnte danach mit den anderen Kindern über die Klassenfahrt reden. Ich brauchte der wichtigsten Veranstaltung des Jahres nicht fernzubleiben, und die Erfahrung an sich stärkte meinen Mut und mein Durchsetzungsvermögen.
    Eine hochsensible Mutter schreibt mir: „Mein fünfjähriger Sohn ist sehr sensibel. Ich merke das an allen möglichen Dingen. Ich bin selbst hochsensibel und erkannte mich schon früh in ihm. Ihm ist immer klar, wie andere Leute sich fühlen. Leider ist er ständig überreizt und kann ganz schlecht laute Geräusche ertragen. Neue Dinge und Veränderungen bereiten ihm Schwierigkeiten. Letztes Jahr besuchte seine Kindergartengruppe eine Theatervorstellung mit Musik. Die Kinder wurden von den Kindergärtnerinnen wochenlang darauf vorbereitet. Mein Sohn fand die Sache sehr aufregend und sah mit mulmigem Gefühl dem Ereignistag entgegen. Eigentlich wollte er an diesem Tag lieber nicht zum Kindergarten. Ich stand vor der Entscheidung, ihn entweder zu Hause zu lassen oder selbst mitzugehen oder die Kindergärtnerin zu bitten, ihn gut auf die Veranstaltung vorzubereiten. Letzteres habe ich gewählt. Zu Hause zu bleiben, fand ich keine gute Lösung. Dann hätte er beim nächsten Mal wieder zu Hause bleiben wollen. Ich habe lange nachgedacht,ob ich nicht am besten mitgehen sollte, aber kam zur Schlussfolgerung, dass er dann tendenziell ängstlich an mir hängen könnte, wenn es doch gerade gut für ihn wäre, zu lernen, dass er Dinge selbst bewältigen kann. Deshalb habe ich die letzte Möglichkeit gewählt. Ich wollte auch, dass er lernt, neue positive Erfahrungen zu machen. Mit der Kindergärtnerin vereinbarte ich, dass er an diesem Tag neben ihr sitzen durfte. Ich habe ihm erklärt, dass ich verstehe, wie schwierig er das Ganze findet, und dass die Kindergärtnerin bei ihm bleiben wird. Schritt für Schritt haben wir uns zu diesem Tag hingearbeitet. Ich versuchte, viel Respekt für seine Gefühle zu zeigen. Ich habe seine Ängste nicht bagatellisiert. Trotzdem habe ich versucht, ihn zu überzeugen, dass er viel mehr kann, als er denkt, und darauf nur zu vertrauen braucht. Als der Tag schließlich da war, war es auch für mich sehr schwierig, denn am liebsten hätte ich mein Kind vor allen heiklen Erfahrungen bewahrt und vor der Außenwelt beschützt. Doch ich bin froh, dass ich es nicht getan hab, denn schließlich hat er den Tag genossen und später nichts Gegenteiliges dazu gesagt. Es kamen noch weitere derartige Gelegenheiten auf ihn zu: Nikolaus, Weihnachten, Karneval, Erntedankfest, der erste Schwimmunterricht. Jedes Mal ging es besser. Er fand immer mehr Vertrauen zu sich selbst. Und dieses Jahr hat er sogar, auf dieser Grundlage aufbauend, einen Vers zum Nikolaus aufgesagt. Das hätte ich letztes Jahr nicht zu träumen gewagt.“
    Mindestens genauso wichtig wie Ermutigung ist es, Respekt zu zeigen und ruhig anzuhören, was das Kind beängstigend findet. Es kommt auf eine gesunde Mischung an: Einerseits Verständnis für Ängste zu zeigen,

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