Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
Oberflächenuntersuchungen durch, macht die geschlechtsspezifischen Tests an Brüsten, Uterus, Hoden und so weiter und stellt Ihnen einige einfache Fragen. Eine davon lautet: »Haben Sie besondere Probleme oder Beschwerden?«
Wenn Sie dies verneinen und der Arzt auch nichts findet, atmen Sie erleichtert auf und leben fröhlich ein weiteres Jahr vor sich hin – oder zumindest so lange, bis Sie krank werden. Ihr Hausarzt sieht Sie also jährlich nur zu einem bestimmten Zeitpunkt. Er weiß deshalb nicht unbedingt, dass Ihr Blutdruck immer nachmittags ansteigt, außer, wenn Sie gerade um diese Uhrzeit Ihren Untersuchungstermin haben. Außerdem wird er kaum wissen, dass er Sie eigentlich nach Ihren mehrmaligen Toilettengängen jede Nacht oder diesem hartnäckigen Rückenschmerz fragen sollte, die Sie als Teil des Alterungsprozesses akzeptiert haben. Die Medizin ist die Kunst der Beobachtung und Interpretation, und diese Fähigkeiten lernt man nicht aus Büchern. Bis die Medizin durch den technischen Fortschritt zu einer echten Naturwissenschaft wird, müssen Sie einen Arzt finden, der diese Kunst sehr gut versteht. Es kommt durchaus darauf an, zu welchem Arzt Sie gehen und ob Sie und er als Team auf dem Spielfeld Ihrer Gesundheit zusammenarbeiten. Schon das Wissen, wann man eingreifen muss, ist eine Kunst. Sie und Ihr Arzt müssen das Wissen haben, um wichtige Entscheidungen zu treffen, wenn sie anstehen. Das Ziel ist dabei eine angemessene, nicht übertriebene Behandlung. Zum Glück entfernt sich die moderne Medizin inzwischen vom traditionellen, bevormundenden Standpunkt »Der Doktor weiß es am besten«, wenn es um therapeutische Entscheidungen geht. Stattdessen setzt das Modell der »informierten Entscheidung« oder der »gemeinsamen Entscheidungsfindung« sich allmählich durch; das heißt, Sie selbst treffen gemäß Ihren Wünschen, Werten und Risikotoleranzen die therapeutische Entscheidung. Das setzt natürlich voraus, dass Sie sich zuvor umfassend über Ihren Gesundheitszustand und die Behandlungsmöglichkeiten informiert haben. Dabei hilft Ihnen dieses Buch. Auch Ihr Arzt muss zeigen, dass er kompetent ist, und sich wie ein Teamplayer verhalten.
Trauen Sie sich unbedingt, Ihren Arzt zu fragen, wie er sich fachlich auf dem Laufenden hält. Er sollte idealerweise stets über die neueste Literatur und Technologie Bescheid wissen. Diese Frage ist keine Drohung; ein guter Arzt wird sie als Kompliment verstehen. Meiner Meinung nach befürchten die Patienten viel zu sehr, ihren Arzt womöglich zu verärgern, und das ist eine Schande. Vielleicht ist es nur menschlich, lieber nicht das Risiko einzugehen, jemanden zu verärgern, der die Macht über uns hat, doch es geht schließlich um Ihre Gesundheit. Wenn Sie um jeden Preis nett sind, wird die Behandlung nicht besser und die Diagnose nicht schneller. Ganz im Gegenteil, zu große Freundlichkeit, die den Arzt nicht herausfordert, wenn er es braucht, kann einen im Staub zurücklassen – und zwar buchstäblich.
Außerdem sollten Sie sich einen Arzt suchen, der Sie bei Entscheidungen nach Ihrem eigenen Wertesystem unterstützt. Das ist, wie ich gerade erklärt habe, der Schlüssel zur informierten Eigenentscheidung. Wenn Sie lieber keine Operation gegen Ihre Rückenschmerzen wollen, weil sie bei Ihrem spezifischen Befund zu geringe Erfolgsaussichten hat, dann probieren Sie lieber andere Behandlungsmethoden aus, die Ihrem Wertesystem eher entsprechen. Die meisten therapeutischen Entscheidungen heutzutage beruhen auf einem spezifischen Wertesystem, also achten Sie darauf, dass es möglichst Ihr eigenes ist. Es gibt für kaum ein Krankheitsstadium eine alleinig »richtige« Entscheidung. Das heißt: es gibt die richtige Entscheidung für Sie, aber keine allgemein gültige. Die für Sie richtige Therapie finden Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt, ob sie nun aus Medikamenten, einem operativen Eingriff oder einer Kombination von beidem besteht.
Es geht nicht darum, mit Ihrem Arzt Freundschaft zu schließen. Sie sind nicht Freunde, sondern Partner. Er ist derjenige, dem Sie Ihr Leben anvertrauen. Das sind sehr unterschiedliche Prioritäten; die meisten Menschen verstehen das nicht. Wenn es etwas gibt, das Sie Ihrem Arzt nicht erzählen können, dann wechseln Sie den Arzt.
Solche Ärzte sind gar nicht so schwer zu finden. Vor allem kommt es auf die Informationen an, die Sie in die Sprechstunde mitbringen, damit Ihr Arzt Ihnen so gut wie möglich helfen kann. Vielleicht klingt es
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