Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
Vorsorgestrategie etwas berücksichtigen, worüber die meisten Menschen gar nicht nachdenken: das Gewicht. Die Bevölkerung der USA hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert – man braucht sich nur die Gewichtsveränderung anzusehen, wie sie der Körpermasseindex (Body Mass Index, BMI) angibt. Vor 20 Jahren hatte kein US-Bundesstaat eine Fettleibigkeitsrate von über 15 Prozent, vor zehn Jahren lag die höchste Fettleibigkeitsrate bei 24 Prozent. Heute liegt sie in zwölf Bundesstaaten bei über 30 Prozent und in 38 Staaten (also zwei Dritteln aller Bundesstaaten) bei über 25 Prozent. Vor 20 Jahren lag die Fettleibigkeits- und Übergewichtsrate in Wisconsin, dem Staat mit dem höchsten Wert, bei 49 Prozent. Vor zehn Jahren hatten nur zwei Staaten (Alabama und Mississippi) eine Fettleibigkeits- und Übergewichtsrate von über 60 Prozent. Inzwischen beträgt die niedrigste Rate 54,8 Prozent (im District of Columbia) und in 44 Staaten über 60 Prozent.
In der restlichen Welt liegen die Dinge ähnlich wie in den USA. Der BMI wächst mit alarmierender Geschwindigkeit. Über zwei Drittel der Japaner haben einen normalen BMI, bei der Bevölkerung von Kanada, Spanien und Australien ist es nur die Hälfte. In Großbritannien, Neuseeland und den USA ist schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung normalgewichtig, rund zwei Drittel liegen über dem BMI-Grenzwert, der als normales, gesundes Gewicht gilt.
Vielleicht fällt es auf den ersten Blick gar nicht auf, aber diese statistischen Daten zeigen den Unterschied unseres heutigen Gesamtsystems zum Zustand vorheriger Generationen. Auch die Krankheiten von heute, die Muster im System der letzten Jahrzehnte widerspiegeln, werden sich im Laufe des nächsten Jahrzehnts aufgrund solcher außergewöhnlichen Verschiebungen verändern, desgleichen die Reaktion auf Therapien. Die Ergebnisse zehn oder zwanzig Jahre alter Studien sind heute womöglich kaum mehr relevant. Auch gibt es örtliche Systeme – »Mikrosysteme« –, so wie es klimatische Zonen innerhalb größerer geografischer Zonen gibt. In den Südstaaten liegt die Fettleibigkeitsrate viel höher als in Bundesstaaten wie Montana oder Oregon. Studien an Einwohnern von Louisiana bedeuten vielleicht nicht viel für Leute in Colorado, dem einzigen Staat, dessen Bevölkerung zu unter 20 Prozent fettleibig ist (das hat sich allerdings vielleicht auch schon geändert, wenn diese Zeilen in Druck gehen). Diese beiden spiegeln zwei völlig unterschiedliche Systeme innerhalb unserer Bevölkerung wider.
Ethnische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle, wenn wir die Ergebnisse von Studien bewerten. Auch für andere Faktoren als Fettleibigkeit gibt es Mikrosysteme, deren prominentestes auf genetischen Risiken innerhalb eines geografischen Bereichs beruht. So hat eine von aschkenasischen Juden dominierte Gemeinde andere Gesundheitsrisiken als eine vorwiegend asiatische oder afroamerikanische. Wenn wir Studien lesen oder analysieren, werden solche Faktoren oft bedeutend unterschätzt. So sind vielleicht Studien, die an der renommierten Mayo-Klinik in Rochester, Minnesota, durchgeführt werden, weniger aussagekräftig für Menschen aus anderen Regionen des Landes, sagen wir aus Newark, New Jersey, oder New Orleans, Louisiana.
Der Grund dafür liegt in der Demografie und der unterschiedlichen Genetik der einzelnen Bevölkerungsgruppen. Rochester ist zu einem großen Teil von deutsch- und norwegischstämmigen Amerikanern bewohnt, die dazu neigen, innerhalb ihrer eigenen Gruppe zu heiraten, und so einen beständigen Genpool aufrechterhalten. Aufgrund ihrer Vorfahren unterscheidet sich die Genetik einer solchen Gemeinde also stark von der einer vergleichbar homogenen Gemeinde anderswo.
Die Bedeutung einer Studie hängt immer von der Probandengruppe ab, selbst wenn die Teilnehmer nach strikten wissenschaftlichen Kriterien randomisiert ausgewählt werden. Wenn Sie also das nächste Mal eine aufschreckende Schlagzeile über die »völlig neuen« Erkenntnisse aus einer Gesundheitsstudie lesen (besonders, wenn die Absicht dahinter Angsterzeugung ist), prüfen Sie genau nach, wo und an wem diese Studie durchgeführt wurde. Hat Sie mit Ihnen und Ihrer Genom-Abstammung etwas zu tun? Es kann sich herausstellen, dass Sie die betreffenden Ergebnisse einfach ignorieren können, weil sie auf Sie und Ihre persönliche Metrik nicht zutreffen.
Und das bringt mich zur Kernfrage: Was ist eine persönliche Metrik?
Wie Sie Ihre
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