Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
wurde bereits im 19. Jahrhundert von dem Mönch und späteren Abt Gregor Johann Mendel vermutet, der deshalb posthum als Vater der Genetik berühmt wurde. Mendel, ein österreichischer Augustiner und außerdem leidenschaftlicher Gärtner, unternahm im Klostergarten der Abtei St. Thomas in Brünn umfangreiche Kreuzungsversuche mit verschiedenen Unterarten der Erbsenpflanze. Man stellt ihn sich oft als freundlichen alten Mann vor, der während seiner geruhsamen Tätigkeit als Klostergärtner irgendwie über die Gesetze der Vererbungslehre gestolpert ist. Mendel war allerdings in vielerlei Hinsicht seiner Zeit voraus und ging eher wie ein Biologe des 20. Jahrhunderts vor, den es in die falsche Zeit verschlagen hatte.
Durch systematische Züchtung demonstrierte Mendel an seinen Erbsen die voraussagbare Übertragung von Merkmalen durch sogenannte Faktoren, die später als Gene erkannt wurden. Obwohl es damals noch kaum Fachvokabular für die Beschreibung seiner Entdeckungen gab, konnte Mendel zeigen, wie Erbmerkmale von einer Generation an die nächste weitergegeben werden und dass für ein gegebenes Merkmal an einer Einzelpflanze immer beide Elternindividuen verantwortlich sind. Weiter zeigte er, dass Gene in Varianten auftreten können, die sich als dominante und rezessive Erbmerkmale manifestieren. Eine der wichtigsten Entdeckungen Mendels, die schließlich zu seinem grundlegendsten Prinzip wurde, war die Erkenntnis, dass Gene sich in den Nachkommen nicht vermischen, sondern stattdessen jedes Erbmerkmal von einem Paar als Allele bezeichneter Genvarianten hervorgebracht wird und dass diese Allele in männlichen und weiblichen Fortpflanzungsträgern (Pollen und Ovulum bei den Pflanzen oder Spermium und Eizelle bei Tieren und Menschen) getrennt voneinander vorliegen. Die beiden Teile eines Allelpaares können sich in ihrer Expression unterscheiden, wobei eines das andere dominiert; die Allelkombination in der Folgegeneration wird vom Zufall bestimmt. Ein praktisches Beispiel: Wenn man eine blauäugige mit einer braunäugigen Katze kreuzt, erhält man blau- und braunäugige Nachkommen je nach Allelmischung und je nachdem, ob der braunäugige Elternteil ein rezessives Gen für blaue Augen weitergibt. Der braunäugige Elternteil könnte das rezessive Allel für blaue Augen haben, aber es wird dann vom dominanten Allel für braune Augen überdeckt.
Ob man die Logistik der Weitergabe von Erbmerkmalen wirklich versteht oder nicht, ist nicht einmal so wichtig. Mendels stetig weiterentwickelte Prinzipien wurden jedenfalls zur Grundlage des neuen Fachgebiets der Genetik, aber es fehlte ihnen immer noch der entscheidende Faktor – der gemeinsame Nenner aller dieser Beobachtungen und Prinzipien. Der britische Naturforscher und Geologe Charles Darwin, der zur selben Zeit, als Mendel im Garten arbeitete, seine eigenen Beobachtungen machte, wurde zwar als größter Biologe des 19. Jahrhunderts und Vater der Evolutionsbiologie sehr viel berühmter, aber er verstand die Vererbungsgesetze längst nicht so gut wie Mendel. Die meisten von Darwins Vorstellungen über Erbmechanismen waren sogar richtiggehend falsch.
Darwin glaubte nämlich an die Vermischungstheorie, die besagt, dass das »Blut« beziehungsweise die Erbmerkmale beider Eltern sich in den Nachkommen vermischten wie zwei verschiedenfarbige Tinten, wenn man sie zusammenrührt. Aber diese Vermischungstheorie funktioniert für kontinuierlich variable Eigenschaften wie etwa Größe und Gewicht ganz einfach nicht, denn danach müsste jede Generation weniger extreme Werte als die vorige aufweisen, bis die Welt schließlich mit lauter Durchschnittswesen angefüllt wäre, was offensichtlich nicht der Fall ist. Darwins schärfste Kritiker wiesen ihn auf diesen Fehler in seiner Theorie hin, nachdem er es endlich geschafft hatte, seine Gedanken zur natürlichen Zuchtwahl zu veröffentlichen. Die Kritiker hatten durchaus recht mit ihrem Einwand, dass die natürliche Selektion nicht auf Basis gemischter Erbanlagen erfolgt, weil dann alle Variationen unweigerlich ausgeglichen würden. Darwin gelang es leider nicht, eine bessere Lösung zu finden; er machte sogar Rückzieher, und in späteren Auflagen seines grundlegenden Werkes Über die Entstehung der Arten kann man aus seinen Erklärungen Untertöne von Verzweiflung herauslesen.
Die Ironie dabei ist, dass Darwin so dicht an die Lösung des Rätsels der Vererbungsgesetze herangekommen war. Er hatte den richtigen Ansatz, als er
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