Leben statt kleben

will mich dieser Moment aufmerksam machen?“ Die einfachste, wirkungsvollste Therapie: Emotionen zu fühlen, wenn Sie anklopfen. Sie nicht runterzudrücken, wenn sie hochsteigen wollen. Dann gehen sie auch wieder, ohne Narben zu hinterlassen.
    Sich nicht länger wegfühlen, ausklinken. Hinsehen, was da vor uns ist und mitbekommen, was wir tun. Uns volllaufen lassen mit Großstadtlichtgeblinke, Morgentau, Abendrot. Reinwaten in die rotraschelnden Blätterfluten, die uns der Herbst um die Füße spült.
    Aus Grenzerfahrungen nehmen wir oft Lebensweisheit mit, die uns langfristig weiterhilft. Ein Klient erzählte, wie ein gräßlicher Vorgesetzter ihn zur Kündigung inspirierte, die dann zu einer beruflichen Neuorientierung führte. Ohne den Leidensdruck des lieben Ekels hätte er den Sprung in eine neue Laufbahn vielleicht für immer vor sich hergeschoben. Wählen wir eine Person aus, die unser Leben positiv beeinflusst hat. Dann denken wir an jemanden, der/die eine Art Widersacher waren oder sind. Das kann auch eine Krankheit sein oder ein traumatischer Verlust. Jetzt weisen wir Rollen zu: Katalysator? Bote? Herausforderer? Hebamme? Soulmate? Engel? Lehrerin? Welche anderen Rollen fallen uns ein? Diese Menschen und Ereignisse kamen in unser Leben, um ein Geschenk zu bringen. Was könnte das sein? Eine persönliche Entwicklung? Der Anstoß zu einer Veränderung? Auch hier müssen wir unsere Gut / Schlecht-Aufkleber unverrichteter Dinge wegpacken.
    Nach einem Schicksalsschlag können wir an der Frage hängenbleiben, auf die es keine Antwort gibt: „Warum ich?” Oder uns transformieren lassen vom Schmerz und langsam umformulieren in ein „warum ich nicht?” Warum sollen nur alle anderen den Unwettern ausgesetzt sein, Schiffbruch erleiden, fast untergehen – während mir eine lebenslange Kreuzfahrt im Dauersonnenschein zusteht? Es liegt eine große Kraft in der Akzeptanz, dass wir immer eine Wahl haben. Aus „ich muss“ wird „ich wähle“, die Schwere macht sich davon. Zuerst in der Sprache, der eigenen Innenwelt und schließlich im Außen. Wir katapultieren ungeahnte Möglichkeiten aus dem Dunkel des Unbewussten ins Scheinwerferlicht der Aufmerksamkeit.
    Übergestülpte Patentrezepte
    Eigene Glaubenssätze zu kreieren ist kraftvoller, als sich die anderer überzustülpen. Wir ticken alle unterschiedlich. Zimmern Sie sich Ihre eigenen Definitionen. Was bedeutet Krise für Sie? Eine spirituelle Erfahrung von Ende und Anfang? Nur wenn ein Versagen als solches definiert wird, ist es eins. Ansonsten bleibt es ein Erlebnis mehr und ein Neuanfang. Das „Scheitern” einer Beziehung als Startschuss ins neue Glück für alle Beteiligten. Was ist Glück? Eine heiße Dusche? Zehen im Sand? Ein Tag ohne Stundenplan? Was heißt Erfolg? Guter Job, Nachkommen und mehr als andere zu besitzen? Den eigenen Launen und angelernten Reaktionen nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein? Freudig die Herausforderungen anzunehmen, die das Leben bringt?
    Identifizieren wir Verhaltensmuster, die persönlichem Wachstum im Wege stehen und misten sie gleich mit aus, wenn wir schon mal am Sortieren sind. Top Entwicklungshemmer: sich weigern, Hilfe anzunehmen; Informationen oder Rat ignorieren, die nicht mit dem eigenen Weltbild übereinstimmen; Entschuldigungen erfinden, warum etwas nicht funktioniert. – Gönnen wir uns Zeit für Seelensuche. Was will ich wirklich an diesem Punkt? Weiß ich es? Was denke ich sollte ich wollen? Was will ich wegen anderen? Was sind Seelenprioritäten, was sind Kopfprioritäten? Wir fliegen so hoch wie die Träume, die wir zu leben wagen.
    Treten wir aus dem Entweder-Oder-Club aus. Als Mitglied verdienen wir entweder gutes Geld oder tun, was wirklich Spaß macht; haben entweder die Karriere oder eine glückliche Familie. Erfreulicherweise ist das Leben nicht als Kompromiss patentiert. Was ist Ihr Motto? Ein weitverbreiteter Mythos verkauft uns das Leben als Schule: Lern was, leiste was. Ebenfalls im Angebot: Das Leben ist unberechenbar. Bring dich in Sicherheit und bleib dort die nächsten 25 Jahre sitzen. – Wie wär’s mit was Luftigerem? Das Leben nicht als immerwährende Prüfung, mit SetzenSechsDurchfallen-Option. Das Leben ist zum Leben da, eine Einladung in den Sowohl-Als-auch-Club. Als revolutionäres Gründungsmitglied verfrachten wir die angestaubtesten Denkmuster in die Abstellkammer und hängen die aufregend neuen gut sichtbar auf – Inspiration für alle! Ausstellungsstück Nummer eins: Das