Leben statt kleben
Sonne liegen?”
Manchmal tun wir Dinge, die keinen Spaß machen, um Dinge anzuschaffen, die wir nicht brauchen. Es hilft kein Leugnen und Zähneknirschen, im Kern sind wir weiterhin Jäger und Sammler. Früher waren es Beeren und Pilze, die wir nach Hause in die Höhle trugen. Heute sind es Beeren, Pilze und noch ein paar andere Dinge… – Was kaufen wir beim Kaufen? Glück? Zugehörigkeitsgefühl, Beruhigung, Zerstreuung, Wachstum, Ablenkung. Was kaufen Sie? Ein Image? Liebe? Sicherheit? Innere Ruhe? Erfüllung? Bewunderung? – Wann kaufen Sie? Eine Seminarteilnehmerin erzählte, dass sie an einem Einrichtungsladen nie vorbeikam, ohne eine Kerze oder ein Sofakissen mitzunehmen. Dabei wusste sie, dass ihr Zuhause bereits zu voll davon war. Warum also konnte sie nie widerstehen? Im Laufe des Gespächs stellte sich heraus, dass sie versuchte, etwas Wesentlicheres in den Tüten nach Hause zu tragen. Die Kerzen und Kissen symbolisierten, was sie momentan schmerzlich vermisste: Ruhe. Sie arbeitete so viel, dass sie nie dazukam, sich eine Kerze anzuzünden und ganz ohne Blick auf die Uhr in einen Sessel zu kuscheln. Oft besorgen wir einen Gegenstand als Platzhalter für den tieferliegenden Wunsch. Sammeln materielle Zutaten für nichtmaterielle Grundbedürfnisse in der Hoffnung, uns daraus ein nahrhaftes Süppchen zusammenzurühren.
Wir alle brauchen ein Gefühl von Sicherheit, von lieben und geliebt werden, wollen einen sinnvollen Beitrag leisten. Um Spannung in den Mix zu bringen, trifft unser gentechnisch vorprogrammiertes Stabilitätsbedürfnis auf ein ebenso universales Verlangen nach emotionalem und intellektuellem Wachstum. Wir können diese Sehnsüchte direkt stillen, sobald wir unterscheiden lernen zwischen Wollen und Brauchen. Wenn wir uns nicht mehr nur auf die Erfüllung äußerlicher Wünsche konzentrieren, sondern die Bedürfnisse dahinter aufdecken. „Brauche ich noch mehr beruhigende Meditationsmusik? Oder mehr Zeit für mich selbst? Noch eine Zeitschrift, einen Film – oder mehr Abwechslung?“
Sobald wir uns der ersehnten Essenz direkt annähern, versuchen wir nicht mehr so oft, sie über den Umweg des Dingeheimschleppens ins Leben zu integrieren. Vermindern damit das Risiko, versehentlich das innere Feuer unter Symbolen zu verschütten. – Sobald wir Clutter von der Glut schaufeln, schlagen die Flammen wieder hoch!
Wie oft dürfen wir noch miterleben, wie die Krokusse vorwitzig ihre kleinen bunten Nasen durch die Schneedecke stupsen und ins gleißende Lebenslicht blinzeln? Vierzigmal? Dreimal? Blinzeln wir mit.
Augen auf im Clutter-Verkehr
Gegenstände verwandeln sich in Clutter. Heimlich, still und leise. Sie entgehen unseren Adleraugen, ducken sich weg, obwohl sie gut sichtbar im Regal prunken. Nach einigen Jahren gehören viele unserer Bücher oder Kleidungsstücke einem Menschen, der wir nicht mehr sind. Melodien, die uns als Teenager befreiten, klingen nicht mehr nach Musik. Klänge transportieren uns. Wohin soll die Zeitmaschine abheben: zurück? Oder mit uns als Couchpassagier schwerelos in unbekannte Sphären vorstoßen?
Trainieren Sie den Clutter-Identifizier-Blick: die Verdächtigen erspähen, ganz ohne detektivisches Vergrößerungsglas. Und dann Spaß beim „clear as you go“. In regelmäßigen Abständen Dinge einsammeln, die unser Zuhause verlassen, uns erleichtern, andere beglücken. Es dauert nur 19 Tage, eine neue Gewohnheit zu schaffen!
Es gibt so viele glorreiche Handtaschen, Stiefel und Technikspielzeuge auf der Welt. Erfreuen wir uns an Dingen, die andere haben. Sachensucher bleiben, ohne beim Anblick von Alltagsschönheiten in Reflexe zu verfallen: Eintüten! Nach Hause tragen! In den Schrank stellen. Loslassen schon vor dem Zugreifen. Berauschen wir uns an Accessoires, Farben und Formen, Einfällen und Errungenschaften anderer. Augen auf im Straßenverkehr, dieser überdimensionalen Kunstausstellung, dieser interaktiven Installation! Wenn uns ein besonders außergewöhnliches Prachtexemplar an jemandem auffällt, womöglich ein Kompliment verschenken? Ein Lächeln anzünden, warme Schauder über Rücken runtergießen? Ohne uns gleich im Anschluss unauffällig zu erkundigen, woher denn diese Schuhe...?
Unser kleiner blauer Planet dreht sich mit einer Geschwindigkeit von weit über 1000 km/h um die eigene Achse. Rast mit 100 000 km/h um die Sonne. Unser gesamtes Sonnensystem wirbelt mit einer Million km/h um die eigene Mitte, die Milchstraße. Kein Wunder, dass uns
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