Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
dazu beitragen, sondern erwiderte die Küsse wie automatisch. Ich hatte Angst, nicht mehr genug Sauerstoff zu bekommen und war froh, als Kevin innehielt und seine Stirn schwer atmend gegen meine lehnte. Ich blinzelte und konnte sehen, dass er seine Augen geschlossen hielt und seine Lippen rot und etwas geschwollen wirkten. Überfordert mit der Situation und völlig unerfahren wartete ich auf eine Reaktion von Kevins Seite. Mein Verstand war wie ausgeknipst und erwachte erst in jenem Moment wieder, in dem Kevins Handy laut klingelte.
Kevin ließ meine Handgelenke los und trat zur Seite, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ich nahm meine Hände herunter und fand einen rötlichen Abdruck an meinen Armen vor. Erst jetzt spürte ich die Folgen seines festen Griffes.
Kevin zog sein Handy aus der Tasche und meldete sich ruhig.
Ich versuchte die letzten Minuten sinnvoll zusammenzufügen, doch konnte ich weder seinen Wutausbruch noch den entstandenen Kuss verarbeiten. Dass Kevin mich aufgrund des Schweigens verletzt hatte, tat mir in jenem Moment nicht weh. Schlecht fühlte sich die plötzlich eintretende Leere an, die Kevin hinterlassen hatte. Ich horchte seinem Telefonat beiläufig und war mir sicher, dass der Kuss Folgen in Bezug auf die Freundschaft haben würde. Das Gefühl, dass Kevin den Kuss bereute, ließ mich stark schlucken. Es dauerte noch einen Moment, bis er das Telefonat beendete und sein Handy wieder in der Tasche verschwinden ließ.
Ich stand verlassen dort, wo Kevin mich hinterlassen hatte und wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Ich starrte verloren gen Boden und hoffte, das Geschehene möglichst schnell vergessen zu können.
„Ich muss gehen“, brach Kevin fast flüsternd die Stille und griff nach seiner Umhängetasche. „Kai geht es nicht so gut. Außerdem muss ich zu Fenja.“
Ich brachte keine Reaktion zustande und hasste das mulmige Gefühl, welches den Ernst der Situation zu überspielen versuchte.
Kevin bewegte sich in Richtung der Tür und hinterließ eine merkwürdig unangenehme Spannung im Zimmer. Ich atmete tief durch und hörte, wie er die Türklinke hinunterdrückte. Erst als er mich erneut ansprach, blickte ich zögerlich auf.
„Ach, das von vorhin …“, begann er leise und sah mir dabei mitfühlen in die Augen. „Dass ich dich beleidigt habe, tut mir leid“, waren seine letzten Worte, bevor er meine Wohnung verließ und mich verzweifelt zurückließ.
Erst als ich durch die Stille hörte, wie die große Haustür am Eingangsflur sich schloss, konnte ich meine motorischen Funktionen wieder kontrollieren und ging auf das Fenster zu. Von dort konnte ich beobachten, wie Kevin die Straße überquerte und in einer Nebengasse verschwand. Gedankenverloren blickte ich in die dunkle Nacht. Ein paar vereinzelte Sternenbilder waren erkennbar und halfen mir, langsam wieder zur Besinnung zu kommen. Es war schwer, Kevin zu verstehen und seinem Verhalten zu folgen. Von Anfang an war seine Laune mal auf dem absoluten Höhepunkt und im nächsten Moment erkannte man ihn kaum wieder. Seinen Wutausbruch hatte ich nur annährend verstanden, was seine Beschimpfungen und Beleidigungen nicht rechtfertigte. Warum er mich dann so plötzlich geküsst hatte, konnte ich nicht verstehen. Es fühlte sich merkwürdig an, einen Mann geküsst zu haben. Gefühle von Ekel, Benommenheit und zugleich verliebtes Kribbeln durchzogen meinen Körper abwechselnd und halfen mir kaum weiter. Ich fragte mich, was Kevin über das Erwidern des Kusses dachte und ob ich ihm damit ungewollt gestanden hatte, was ich für ihn empfand. Unzählige Fragen ohne Antworten füllten meinen Kopf. Ich warf einen Blick auf mein Handy und fühlte mich in diesem Moment wie ein pubertierender Teenager, der seinem Schwarm am liebsten sofort nach dem Treffen eine SMS schreiben wollte. Ich entschied mich dagegen und ließ mich auf der Couch nieder. Immer wieder zwang mein Inneres mich dazu, wieder an den Kuss zu denken. Ich hatte ihn zugelassen und es hatte sich gut angefühlt. Erst im Nachhinein schauderte es mir bei dem Gedanken daran, was ich getan hatte. Dies hatte nichts damit zu tun, dass ich es bereute oder mich schämte. Es ließen mich mehr die Unsicherheit und das merkwürdige Gefühl, jemanden das erste Mall geküsst zu haben, schaudern. Ich mochte gar nicht daran denken, was Kevin von dem Kuss hielt und wie es zwischen uns weitergehen würde.
Ich beschloss, noch schnell unter die Dusche zu springen und mich daraufhin
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