Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
Mir gehts jedenfalls super. Ich bin mit meiner Freundin zusammengezogen. Wir sind seit ein paar Monaten zusammen. Ich weiß, es ging ziemlich schnell. Ich konnte mein Studium glücklicherweise hier in Berlin weiterführen. Ich hab echt oft an dich gedacht. Ich freue mich wirklich, von dir zu hören.
Yannek: Ich will versuchen, dir alles möglichst zusammenfassend zu erzählen.
Tobias: Na, dann leg mal los!
Ich war Tobias unglaublich dankbar, dass er locker mit mir umging. Er hatte sich von seiner Art vermutlich kaum geändert. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, wenn ich bedachte, dass ich seine Hilfe nach dem Unfall nie angenommen hatte und mittlerweile kaum mehr etwas von seinem Leben wusste.
Yannek: Ich hatte die Wohnung nach dem Unfall nicht mehr verlassen und bin dabei wohl ziemlich depressiv geworden. Um mir manchmal die Langeweile zu vertreiben, habe ich passiv ein paar Chats besucht und den Leuten zugesehen. Ich habe nie selbst mitgeschrieben. Vor etwa zweieinhalb Wochen habe ich mich in ein Gespräch eingemischt und mich mit einer Person angefreundet, die ich nur unter ihrem Nicknamen kannte. Wir wollten uns treffen und ich hatte sie die ganze Zeit über für jemand weibliches gehalten. Irgendwann kam dann heraus, dass dieser jemand ein gewisser Kevin ist. Wir haben uns trotzdem angefreundet und gut verstanden. Dazu muss ich sagen, dass Kevin schwul ist. Er hat mir geholfen, die Wohnung mal wieder zu verlassen und unter Leute zu kommen. Irgendwie habe ich mit der Zeit dann festgestellt, dass ich mich in ihn verliebt habe. Das klingt jetzt bestimmt komisch, aber die Sache mit Melanie früher war auch nicht so das Wahre gewesen.
Tobias: Moment, Moment … holla, da kommt eine Menge zusammen. Mein guter Freund Yannek ist also schwul. Muss ich mir Sorgen machen?
Yannek: Stört es dich?
Tobias: Solange es dir gut geht, stört es mich nicht. Es ist nur irgendwie ein komisches Gefühl, wenn ich mir dich mit ’nem anderen Kerl vorstelle …
Yannek: Ich komme mir irgendwie mies dabei vor, dir erst jetzt zu schreiben. Ist das wirklich okay?
Tobias : Ja, erzähl jetzt mal lieber, wo genau dein Problem liegt!
Yannek: Wenn ich mit Kevin zusammen bin, dann ist das eigentlich meist sehr schön. Wir verstehen uns gut und er akzeptiert, dass ich nicht spreche. Ich versuche das echt immer wieder, aber irgendwie klappt es einfach nicht.
Tobias: Lass dir doch Zeit damit! Unter Druck wird das mit Sicherheit nicht funktionieren.
Yannek: Er hat einen Mitbewohner, von dem er schon seit Jahren etwas will. Er hat aber bei diesem Kai keine Chance, weil der bislang selbst vergeben war. In der Zwischenzeit hat Kevin sich mit einer Menge anderen Kerlen vergnügt. Gestern sind wir im Kino gewesen und danach haben wir uns geküsst. Das war irgendwie komisch, aber schön. Der Kuss wurde von einem Anruf unterbrochen. Kai hatte sich gestern morgen von seinem Freund getrennt und brauchte an dem Abend irgendwie Kevins Beistand. Kevin hat nichts mehr zu dem Kuss gesagt und ist sofort zu sich in die WG. Heute habe ich dann erfahren, dass er mit seinem Mitbewohner im Bett war.
Nervös wartete ich auf eine Antwort, was eine ganze Weile dauerte. Ich selbst stellte mir Tobias vor und überlegte, wie er sich fühlen musste. Er war jahrelang mein bester Freund gewesen. Nach dem Unfall hatte er für mich da sein wollen. Ich war nie auf ihn eingegangen und seitdem hatte er nichts mehr von mir gehört. Er wohnte jetzt in Berlin mit seiner Freundin zusammen. Plötzlich schrieb ich ihn an und gestand ihm, dass ich auf Männer stand. Ich musste ihn nahezu mit Informationen überrumpeln und ließ uns kaum Zeit, uns zunächst einmal wieder besser kennen zu lernen. Ich war dankbar dafür, dass sein Charakter sich kaum verändert hatte und er nicht allzu sehr von meinem Schwulsein abgeschreckt zu sein schien. Man konnte stolz von ihm behaupten, dass er ein guter und ehrlicher Freund war.
Tobias: Ihr habt euch nur geküsst, oder? Ihr seid nicht zusammen?
Yannek: Nein, aber …
Tobias: Dann hat er doch offiziell keinen Fehler gemacht.
Yannek: Nein, aber …
Tobias: Es gibt kein ‚aber’. Es ist klar, dass du enttäuscht bist, weil du dir mehr versprochen hast. Du kennst ihn doch noch nicht lange und dass er mit anderen Kerlen rumgemacht hat, wusstest du auch!
Yannek: Er weiß, was ich durchgemacht habe. Es ist nicht fair, mit mir zu spielen!
Tobias: Ich kann dich ja verstehen, aber das Ganze hat ja vielleicht auch überhaupt nichts zu
Weitere Kostenlose Bücher