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Leben und Schicksal

Leben und Schicksal

Titel: Leben und Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Grossman
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letzte Strophe des Liedes zu Ende gesungen, alle waren verstummt und warteten darauf, dass er wieder anfangen würde. Doch Skotnoi sang nicht wieder.
    Er wiederholte die auf Militärflugplätzen verbreitete Redensart, die das Leben eines Jagdfliegers mit einem Kinderhemdchen verglich.
    Man redete über die Deutschen.
    »Bei denen kannst du auch sofort feststellen, ob einer ein guter Pilot ist, einer, der nicht lockerlässt, oder ob er sich einen Einfaltspinsel heraussucht, um ihn von hinten anzugreifen, oder ob er sich nur an den Zurückbleibenden dranhängt.«
    »Bei denen sind Zweierverbände im Allgemeinen nicht so stark.«
    »Na, das kann man nicht sagen.«
    »Der Fritz schlägt seine Zähne in den Angeschlagenen, aber von dem Aktiven lässt er ab.«
    »Mann gegen Mann, und wenn er doppelt so stark wäre, ich schlage ihn!«
    »Sei mir nicht böse, aber ich würde keinem eine Auszeichnung für eine abgeschossene Junkers geben.«
    »Ein Rammbock, das ist der Russe.«
    »Warum sollte ich böse sein, du wirst mir die Auszeichnung nicht nehmen.«
    »Ja, was den Rammbock angeht, da habe ich schon lang einen Gedanken … Ich werde ihn auch noch mit dem Propeller zur Strecke bringen.«
    »Einholen und rammen – genau! Ihn auf die Erde schmettern; mit Qualm und Gas!«
    »Ich möchte wissen, ob der Regimentskommandeur seine Kuh und seine Hühner in der ›Douglas‹ mitnimmt.«
    »Die sind schon lange geschlachtet. Jetzt werden sie gepökelt.«
    Irgendwer meinte gedehnt und nachdenklich: »Wenn ich jetzt in einen Klub ginge, hätte ich einem Mädchen gegenüber Hemmungen, bin völlig entwöhnt.«
    »Dafür hat Solomatin keine Hemmungen.«
    »Bist du etwa neidisch, Ljonja?«
    »Ich beneide ihn um die Tatsache, nicht um das Objekt.«
    »Klar. Treu bis ins Grab.«
    Dann kramten sie Erinnerungen an den Luftkampf über Rschew aus, den letzten, bevor sie in die Reserve verlegt wurden. Damals waren sieben Jagdflugzeuge mit einem großen Schwarm »Junkers‹‹-Maschinen zusammengeprallt, die in Begleitung von »Messern« zu einem Bombenangriff flogen. Man hätte glauben können, dass jeder über sich selbst sprach, doch das schien nur so – sie alle sprachen über ein gemeinsames Erlebnis.
    »Auf dem Hintergrund des Waldes waren sie nicht zu sehen, aber als sie aufstiegen, fielen sie sofort auf. Sie flogen in Höhenlage drei! Ich hab sofort die Ju 87 erkannt. Das Fahrwerk ragt raus, die Nase ist gelb. Da hab ich mich zurechtgesetzt: Jetzt geht’s los!«
    »Und ich hab zuerst gedacht: Das sind Flak-Detonationen.«
    »Die Sonne hat uns natürlich dabei geholfen! Ich hab mich direkt aus der Sonne auf ihn gestürzt. Ich flog als linker Verbandsmann. Da hat es mich gleich ungefähr dreißig Meter in die Höhe gerissen … Ich hab nachgepumpt – alles klar, das Flugzeug gehorcht! Ich geh auf die Junkers los, mit vollem Geschütz, hab sie angekokelt, da taucht eine ›Messer‹ auf, lang und gelbnasig wie ein Hecht, dreht eine Kurve, kommt aber zu spät. Ich seh Mündungsfeuer auf mich gerichtet, eine blaue Spur hängt in der Luft.«
    »Und ich seh, wie meine Spur auf seinen schwarzen Tragflächen aufhört.«
    »Dich hat’s ja richtig gepackt.«
    »Ich hab schon als Kind Drachen steigen lassen, mein Vater hat mich dafür verprügelt! Und als ich in der Fabrik war, bin ich nach der Arbeit sieben Kilometer weit in den Fliegerklub gelaufen, die Zunge hing mir zum Hals raus, aber ich hab nicht eine Flugstunde versäumt.«
    »Nein, jetzt hör mir mal zu! Er hat mich in Brand gesteckt: Öltank und Benzinleitungen. Innen fängt es an zu brennen. Überall Dampf! Da gibt er mir auch noch eins vorn in die Kanzel, zerschlägt mir die Brille, die Scheiben splittern aus der Kanzel, Tränen laufen mir über die Backen. Na, und was hab ich gemacht – zog die Maschine unter ihn, riss die Brille von der Nase! Solomatin hat mich gedeckt. Und weißt du was? Ich hab gebrannt, aber Angst hatte ich nicht, keine Zeit! Ich bin trotzdem gelandet. Vom Feuer hab ich selbst nichts abgekriegt, die Stiefel sind verbrannt, und das Flugzeug ist verbrannt.«
    »Ich aber sehe – jetzt holen die einen von uns runter! Ich drehe noch zwei Kurven, er gibt mir mit den Flügeln ein Alarmzeichen: Komm! Ich war nicht im Zweier, hab mich hin- und hergeworfen, um die ›Messer‹ von denen zu verjagen, die Hilfe brauchten.«
    »Och, und ich hab damals lauter Durchschüsse heimgebracht; sie haben mich niedergemacht wie ein altes Waldhuhn.«
    »Zwölfmal bin ich auf diesen

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