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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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Bildschirm kam plötzlich Bewegung. Ein Handgemenge.
    Die Kamera ruckelte, als ob jemand von der anderen Seite aus gegen den Laptop gestoßen wäre. Man sah jetzt nur noch einen Teil vom Körper des Jungen – seine Schulter und den Arm im weißen Grobleinen seiner Posey-Zwangsjacke.
    Und man sah den schwarzen Zylinder des Schalldämpfers, der auf den Lauf von Darryls 45er-Heckler&Koch geschraubt war.
    Nawrozow glotzte jetzt. »Sie glauben doch wohl nicht, ich würde Ihnen abnehmen, dass …«
    Darryls Hand hielt die Pistole. Sein Zeigefinger krümmte sich um den Abzugsbügel.
    Nawrozows Augen wurden immer größer, gebannt betrachtete er das Bild auf dem Monitor.
    Darryls Finger zog am Abzug.
    Der Schuss aus dem Schalldämpfer machte laut Plopp.
    Beim Rückstoß war an der Pistole schwaches Mündungsfeuer zu erkennen.
    Nawrozow stieß einen eigenartigen, gepressten Schrei aus.
    Der Schrei seines Sohnes wurde vom Klebeband unterdrückt. Sein rechter Arm zuckte, und in seinem Oberarm war ein Loch zu sehen. Blut spritzte. Das weiße Leinen wurde rot gesprenkelt, bevor es sich um die Wunde herum rot tränkte.
    Arkady Nawrozows Arm zuckte hin und her. Seine Qualen waren unübersehbar. Das ganze Bett schaukelte unter ihm.
    »Svoloch!«,
donnerte Nawrozow und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch.
»Vyi proklyatuyu syn suka!«
    Es klopfte an der Tür. Seine Bodyguards.
    »Sagen Sie ihnen, sie sollen sich zurückhalten«, sagte ich. »Falls Sie mit mir besprechen wollen, wie Sie das Leben ihres Sohnes retten können.«
    Wutentbrannt und mit blau anlaufendem Gesicht wuchtete er sich aus seinem Stuhl hoch, ging zur Tür und zischte: »
Vsyo v poryadke

    Er kam zurück und blieb mit verschränkten Armen stehen.
    »In Ordnung«, sagte ich. »Rufen Sie Ihren Mittelsmann an und sagen Sie ihm, dass die Operation vorbei ist.«
    Er starrte mich ein paar Sekunden lang an. Dann nahm er sein Handy heraus, drückte einen einzigen Knopf und hielt es an sein Ohr.
    Ein paar Sekunden später sprach er Russisch. Schnell und leise.
    »
Izmeneniya v planach
.« Er machte eine kurze Pause, dann sprach er weiter:
»Nyet, ya ochen’ seryozno. Seichas. Osvobodit’ dyevushku. Da, konyeshno, svyazat’ vsyo kontsy.«
    Er drückte einen anderen Knopf, um das Gespräch zu beenden.
    Dann ließ Nawrozow die Hand mit dem Telefon herabgleiten und sank herunter auf den Stuhl. Sämtliche Machtgefühle und Durchtriebenheit schienen den Mann verlassen zu haben. Was übrig blieb, sah aus wie eine Wachsfigur von Madame Tussaud: das lebensechte Modell einer Gestalt, die einmal Angst und Schrecken verbreitet hatte.
    Sein Tonfall war fast monoton, als er bestätigte: »Ich habe getan, was Sie wollten.«
    »Und wenn Ihr Mittelsmann diesen Anruf getätigt hat: Wie lange wird es dann noch dauern, bis Alexa freikommt?«
    »Er muss das persönlich erledigen.«
    »Haben Sie noch nie etwas von verschlüsselten Handyverbindungen gehört?«
    »Es müssen Maßnahmen in die Wege geleitet werden. Das kann man nur persönlich erledigen.«
    »Sie meinen, er muss den Auftragnehmer eliminieren.«
    »Das ist eine Sache der betrieblichen Sicherheit«, erwiderte Nawrozow.
    »Aber er muss von Maine aus hinfahren?«
    Er warf mir einen finsteren Blick zu. »Es wird dreißig Minuten dauern. Länger nicht. So. Dann sind wir hier wohl fertig.«
    »Nicht, bevor ich nicht mit Alexa gesprochen habe.«
    »Das kann dauern.«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »Mein Sohn braucht sofort eine ärztliche Behandlung.«
    »Je schneller sie frei ist, desto rascher wird Ihr Sohn behandelt. Unsere Interessen gehen da in dieselbe Richtung.«
    Er atmete aus, seine Nüstern weiteten sich wie bei einem Stier. »Fein. Somit haben wir unser Geschäft abgeschlossen. Marcus erhält seine Tochter zurück, und ich werde meinen Sohn bekommen.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nein, wir sind hier noch nicht fertig.«
    »O ja?«
    »Es gibt noch mehr, über das wir reden müssen.«
    Nawrozow betrachtete mich aus zusammengekniffenen Augen.
    »Nur ein paar Fragen zu Anja Afanasjewa.«
    Er holte tief Luft. Nun wusste ich, dass ich ihn hatte.
    »Im Ernst, wo hat sie sich einen derartig lausigen Georgia-Akzent zugelegt?«

77. KAPITEL
    Roman Nawrozow nahm eine flache schwarze Schachtel aus seiner Brustasche, die vorne mit einem goldenen Adler bedruckt war. Sobranie Black Russians, wie ich gleich erkannte. Vorsichtig entnahm er ihr eine schwarze Zigarette mit einem Goldfilter und

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