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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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eine Resopal-Arbeitsplatte mit einer umlaufenden Metallleiste. Eine weiße Porzellanspüle mit zwei separaten Wasserhähnen, einen für kaltes und einen für heißes Wasser. In der Spüle stapelten sich Teller und Schüsseln, an denen Essensreste klebten. Mitten auf einem Küchentisch mit einer Tischplatte aus Blech stand eine leere Schachtel Jimmy-Dean-Frühstückswürstchen.
    Ich hörte wieder die Frauenstimme, jetzt viel deutlicher. Sie kam aus dem angrenzenden Zimmer. Aus dem Hinterhaus.
    Nicht aus dem Fernseher.
    Es war Alexas Stimme.

99. KAPITEL
    Vollgepumpt mit Adrenalin platzte ich mit gezogener Waffe ins Nebenzimmer.
    »Bastard!«, sagte sie. »Du verdammter Bastard!«
    Dann schlug ihr Ton abrupt um. Nun klang ihre Stimme flehend und hoch. »Bitte, o Gott, bitte lass mich hier raus, bitte, o Gott, was zum Teufel
willst
du? Ich halt’s nicht mehr aus, ich halt’s nicht mehr aus, bitte.«
    Aber Alexa war nicht da.
    Ihre Stimme kam aus Computerlautsprechern. Auf einer langen, hölzernen Werkbank, die über die ganze Wand entlanglief, stand ein schwarzer Dell-Computer. Auf dem Monitor sah ich wieder diese eigentümliche Nahaufnahme von Alexas Gesicht, ein grünliches Bild, das wir zuvor bereits mehrfach in dem Videostream gesehen hatten.
    Aber sie sah so übel aus, dass ich sie fast nicht wiedererkannte.Ihr Gesicht war eingefallen, ihre Augen waren zu Schlitzen geschwollen, mit dunkelvioletten Schatten darunter. Sie sprach nur mit einer Hälfte ihres Mundes, so als ob sie einen Schlaganfall erlitten hätte. Ihr Gesicht glänzte von Schweiß. Ihre Augen blickten unruhig und unkoordiniert.
    Vor dem Monitor befand sich eine Tastatur. Links davon war ein kleines, billig aussehendes Mikrofon auf ein kurzes Plastikstativ montiert. Alles Teile, wie man sie bei Radio Shack in den Ausverkaufsregalen findet.
    Für einen Moment schien es, als würde mich Alexa anschauen, aber dann wanderten ihre Augen wieder weiter. Sie verstummte, dann fing sie wieder an zu betteln, aber die Worte gerieten ihr durcheinander. Ich verstand nur noch »Bitte«, »Gott« und »Hier raus«.
    Ich sprach ins Mikrofon. »Alexa?«
    Aber sie redete einfach ohne Pause weiter. Am Griff des Mikros befand sich ein kleiner ON/OFF-Schalter. Ich schob ihn auf ON und sagte noch einmal »Alexa«? Diesmal hielt sie inne. Sie öffnete den Mund und begann zu schluchzen.
    »Alexa?«, sagte ich. »Ich bin’s, Nick.«
    »Wer … wer ist da?«
    »Ich bin Nick Heller. Alles wird gut. Ich bin am Haus. Ganz in der Nähe. Hör mal, Alexa, Hilfe ist unterwegs, aber du musst jetzt ganz ruhig bleiben und darfst dich nicht aufregen, in Ordnung? Kannst du das für mich tun? Nur noch für einen ganz kurzen Moment? Dir wird nichts geschehen, das verspreche ich dir.«
    Eine Sekunde lang sah ich durch das Fenster einen Lichtstrahl im Hof.
    »Nick, wo bist du? O mein Gott, wo bist du?«
    Da war wieder das Licht. Autoscheinwerfer. Ich hörte das Brummen eines Fahrzeugmotors und dann das Zuschlagen einer Autotür.
    Schukow war da. Es konnte niemand anders sein.
    Aber ich konnte ihn nicht sehen. Er parkte auf der fensterlosen Seite des Hauses.
    »Nick. Hol mich hier raus! O Gott, hol mich hier raus, Nick!« Sie fing an zu schreien.
    »Alles wird gut, Alexa. Dir wird nichts geschehen.«
    Endlich schien sie mich gehört zu haben. »Du lässt mich doch nicht hier?«, flehte sie.
    »Er ist zurück«, flüsterte ich. »Verstehst du mich?«
    Sie starrte hoch, ihre Lippen öffneten sich. Sie nickte, wobei sie schon wieder zu schluchzen begann.
    »Alles wird gut«, sagte ich. »Wirklich. Solange du kein Wort sagst. Okay? Kein Wort.«
    Aber wenn es gar nicht Schukow war? Was, wenn es die Polizei war? Doch so rasch konnte es das SWAT-Team vom FBI nicht geschafft haben.
    Schukow würde das Haus wie ich durch die Vordertür betreten. So viel hatte mir der Trampelpfad bereits verraten. Aber er würde nicht damit rechnen, dass jemand da war. Das konnte mir einen kurzzeitigen Vorteil verschaffen. Falls ich mich an der richtigen Stelle aufbaute, konnte ich mich vielleicht auf ihn stürzen.
    Mein Herz schlug schneller. Die Zeit schien stillzustehen. Ich kam in jenen eigenartigen, gefassten Zustand, der mich schon oft gepackt hat, wenn eine tödliche Gefahr drohte. Meine Sinne waren geschärft.
    Irgendwo ging eine Tür auf.
    Aber es war nicht die Vordertür.
    Jemand hatte das Haus betreten. Aber von wo aus?
    Er musste die Seitentür genommen haben, die mir vorhin aufgefallen war. Nicht die

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