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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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vom Wasserdruck im Haus und dem Durchmesser des Schlauches ausging, dann die Entfernung vom Wasserhahn bis zum Grab und auch die zweieinhalb Meter bedachte, die in den Erdboden und zum eigentlichen Sarg führten, würde es nur eine knappe halbe Stunde dauern, bis der Sarg vollgelaufen war.
    Dann würde das Wasser ihr Kinn erreichen. Sie würde darum kämpfen, ihren Kopf über Wasser zu halten und zugleich nach den letzten kostbaren Atemzügen lechzen, während ihr Hals vor Anstrengung zitterte und ihre Lippen sich formten wie die eines Fisches.
    Hypnotisiert vor Begeisterung würde er dabei zusehen.
    Sie würde versuchen zu schreien, während sich der Sarg mit immer mehr Wasser füllte. Sie würde mit den Armen rudern und betteln, und wenn sie dann ganz untergegangen war, würde sie, so lange sie nur konnte, die Luft anhalten, bis sie es nicht mehr aushielt und gezwungen wäre auszuatmen. Und wie ein Kind im Mutterleib müsste sie das Wasser einatmen. Sie würde vor seinen Augen ertrinken.
    Und er würde zuschauen.
    Es war eine schreckliche Art zu sterben. So wie sein Vater gestorben war. Jahrelang hatte er sich das nur ausmalen können.
    Nun aber würde er es sehen.
    Dragomir wusste, dass er nicht wie andere Menschen war. Er verstand seine eigene Psychologie, die Art, wie er sich von der Angst anderer nährte.
    Er betrat das Haus und hielt inne.
    Irgendetwas war anders hier. Ein Luftzug? Ein Vibrieren? Er hatte die fein abgestimmten Sinne eines wilden Tieres.
    Jetzt, wo der Mittelsmann tot war, fragte er sich, wie lange es wohl dauern würde, bis der Kunde herausfand, was passiert war. Sie hatten zwar in etwa eine Vorstellung, wo er sich aufhielt, aber er war sich sicher, dass ihm nach der letzten Begegnung niemand gefolgt war.
    Trotzdem wunderte er sich. Etwas stimmte hier nicht.
    Leise ging er durch den Salon zur Vordertür, wo er eine weitere Markierung, ein kaum sichtbares Stück Klebestreifen innen und außen am Türblatt neben dem Türrahmen befestigt hatte.
    Ein winziger Streifen Klebeband lag auf dem Boden. Niemand würde es sehen, der nicht danach suchte.
    Und ihm sagte das, dass jemand hier war.

101. KAPITEL
    Ich hörte Schritte und das Quietschen des Holzfußbodens. Die Geräusche wurden lauter. Sie kamen näher. Mit der rechten Hand hielt ich meine Pistole, mit der linken das Geländer. So hockte ich vor dem Schlüsselloch, spähte hindurch und konnte nur das eisblaue Licht des Computermonitors sehen.
    Auf dem Bildschirm war Alexa zu erkennen. Derart fortgeschrittene Technologie im Dienste derart primitiver Brutalität.
    Jemand hatte den Raum betreten. Ich sah ein Bein in einer Jeans, aber nur für einen winzigen Augenblick. Dann ging die Gestalt zum Computer oder zumindest in die Richtung. Dann hört die Bewegung auf.
    Sie hatte Halt gemacht.
    Wenige Meter von der Tür entfernt stand ein Mann. Ich konnte seinen Rücken sehen. Er hatte einen lang gezogenen Oberkörper, breite Schultern und war mit einem dunklen Sweatshirt bekleidet.
    War er schon misstrauisch geworden? Die Körpersprache des Mannes ließ nicht darauf schließen, dass er Verdacht geschöpft hatte.
    Ich sah, dass er am Fenster stand. Er schaute hinaus, als sei nichts geschehen. Auf dem Kopf trug er eine schwarze Strickmütze.
    Und hinten auf seinem Hals war eine scheußliche Zeichnung.
    Es war die untere Hälfte eines Eulenkopfes.

102. KAPITEL
    Dragomir kam ins hintere Zimmer und ließ seine Blicke über die schmuddeligen Fensterbretter, die abblätternde, gelbe Farbe an den Wänden und die unregelmäßigen Bodendielen wandern.
    Aus dem kleinen Computerlautsprecher tönte rauschend eine Stimme. Das Mädchen redete.
    »Nick«, schrie sie. »Bitte geh nicht weg!«
    Die Pistole war in seiner Hand, noch bevor er bewusst beschlossen hatte, sie zu ziehen.
     
    Schukow drehte sich langsam um. Er hatte eine Waffe gezückt, eine riesige, stählerne Halbautomatik, deren Lauf so groß wie ein Kanonenrohr wirkte.
    Ich erkannte sie sofort. Es war eine israelische Kaliber-50 Desert Eagle. Von denselben Leute entwickelt, die die Welt schon mit der Uzi beglückt hatten. Sie gehört zu den Dingen, die man viel eher in einem Film oder einem Videospiel zu sehen bekommt als in der Realität, weil sie einfach zu groß, zu unhandlich und von unnötiger Durchschlagskraft ist. Als Clint Eastwood in »Dirty Harry« verkündete, seine 44er Magnum sei »die mächtigste Handfeuerwaffe der Welt«, hatte er recht. Das war 1971. Aber seitdem gebührte dieser Titel der

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