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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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Marcus. »Es ist ihr nur noch nicht bewusst.«
    »Aber Sie haben sie gefragt, stimmt’s?«, hakte ich nach.
    Belindas glänzende, pinkfarbene Lippen öffneten sich einen Zentimeter. »Natürlich habe ich sie gefragt!« Sie klang fast beleidigt.
    »Und sie hat Ihnen nicht gesagt, wann sie zurückkommen wollte?«
    »Ich habe angenommen um Mitternacht, vielleicht ein bisschen später. Sie müssen wissen, dass sie es nicht sonderlich gut aufnimmt, wenn ich sie nach so etwas frage. Meistens sagt sie, sie wolle nicht wie ein Kind behandelt werden.«
    »Trotzdem, Mitternacht ist ganz schön spät.«
    »Für diese Mädchen? Da fängt die Nacht doch erst richtig an.«
    »Das meine ich nicht«, gab ich zurück. »Ich dachte, Kinder unter achtzehn Jahren dürfen nicht nach Mitternacht Auto fahren, höchstens bis null Uhr dreißig, es sei denn, ein Elternteil oder ein Aufpasser sitzt bei ihnen im Wagen. Wenn sie dabei erwischt werden, kann ihnen die Fahrerlaubnis für sechzig Tage entzogen werden.«
    »Stimmt das?«, erkundigte sich Belinda. »Davon hat sie mir jedenfalls nichts erzählt.«
    Das kam mir merkwürdig vor. Alexa hätte niemals etwas getan, das ihre Fahrerlaubnis und damit die Freiheit gefährdet hätte, die sie bedeutete. Außerdem passte es irgendwienicht zu Belinda, über solche Vorschriften nicht informiert zu sein. Es passte nicht zu einer solchen Frau, die auf alles und jedes achtete, die sich sogar die Lippen schminkte, bevor sie mich empfing, und das in einem Moment, in dem sie eigentlich wegen des Verschwindens ihrer Stieftochter ein nervliches Wrack hätte sein sollen.
    »Was, glauben Sie, könnte ihr zugestoßen sein?«, fragte ich sie.
    Belinda hob ratlos die Hände. »Ich weiß es nicht.« Sie sah Marcus verstört an. »Wir wissen es nicht. Wir wollen einfach nur, dass Sie sie finden!«
    »Haben Sie die Polizei angerufen?«, wollte ich wissen.
    »Selbstverständlich nicht«, antwortete Marcus.
    »
Selbstverständlich
nicht?«, gab ich zurück.
    Diesmal antwortete Belinda. »Die Polizei wird nichts unternehmen. Sie kommen her, nehmen alles auf und sagen uns dann, wir sollen vierundzwanzig Stunden warten. Dann ist Alexa nur noch ein aussichtsloser Fall, den man einfach in den Akten begraben kann.«
    »Sie ist unter achtzehn«, widersprach ich. »Fälle von verschwundenen Teenagern nehmen die Behörden ziemlich ernst. Ich schlage dringend vor, dass Sie sofort dort anrufen.«
    »Nick«, meinte Marcus. »Ich will, dass
du
nach ihr suchst, nicht die Cops. Habe ich dich bisher jemals um Hilfe gebeten?«
    »Bitte«, flehte Belinda. »Ich liebe das Mädchen so sehr. Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn ihr etwas zustößt.«
    Marcus wedelte beschwichtigend mit der Hand und murmelte etwas wie »Aber, aber, aber«. Damit wollte er wohl das Böse von seinem Haus abwenden. »Sag so was nicht, Baby«, erklärte er.
    »Habt ihr schon die Krankenhäuser angerufen?«
    Die beiden wechselten einen schnellen, besorgten Blick, bevor Belinda antwortete. Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ihr etwas passiert wäre, wären wir doch mittlerweile schon benachrichtigt worden, stimmt’s?«
    »Nicht unbedingt«, widersprach ich. »Jedenfalls sollte man mit den Krankenhäusern anfangen; am besten gleich.«
    »Ich denke, es ist etwas anderes«, meinte Marcus. »Ich glaube nicht, dass mein kleines Mädchen einen Unfall gehabt hat. Ich glaube …«
    »Wir wissen nicht, was passiert ist«, unterbrach Belinda ihn.
    »Es ist irgendetwas Schlimmes geschehen«, meinte Marcus. »Ach du lieber Gott.«
    »Also gut, fangen wir mit den Anrufen bei den Krankenhäusern an«, schlug ich vor. »Nur, um das auszuschließen. Ich brauche ihre Handynummer. Vielleicht kann mein Technikfreak sie auf diese Weise aufspüren.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Marcus.
    »Außerdem möchte ich, dass die Polizei verständigt wird. Einverstanden?«
    Belinda nickte, und Marcus zuckte mit den Schultern. »Sie werden keinen Finger rühren«, erwiderte er. »Aber wenn du darauf bestehst.«
    Keines der Krankenhäuser zwischen Manchester und Boston hatte jedoch jemanden aufgenommen, auf den Alexas Beschreibung gepasst hätte. Eigenartigerweise schien das Marcus und seine Frau nicht so zu erleichtern, wie man hätte erwarten können.
    Stattdessen wirkten die beiden, als hegten sie eine tief sitzende Furcht, deren Quelle sie mir nicht verraten wollten; so als würden sie mir etwas vorenthalten, etwas Wichtiges, Schlimmes. Ich glaube, dieser Instinkt war der Grund,

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