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Lebendig und begraben

Lebendig und begraben

Titel: Lebendig und begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finder Joseph
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Brubaker’s, die, wie ich leider zugeben muss, abscheulich schmeckt. Die Gäste waren ein ziemlich ausgewogener Mix aus Börsenmaklern und Taxifahrern. Ein boshafter Lokalredakteur hatte einmal die Stammkunden vom
Mojos
mit der Kantinenszene in
Krieg der Sterne
verglichen: eine große Ansammlung von höchst sonderbar aussehenden, intergalaktischen Kreaturen. Herb, dem Besitzer, hatte das so sehr gefallen, dass er den Artikel hatte vergrößern und rahmen lassen. Seitdem hing er an der Wand.
    »Mir gefällt das neue Mädchen, das du eingestellt hast«, erklärte Gabe.
    »Jillian?«
    »Ja. Sie ist cool.«
    »Jedenfalls ist sie anders, soviel ist mal sicher. Und jetzt spuck’s aus: Missbraucht Nana dich?«
    »Nein, sie ist cool.«
    »Und Lilly? Wie behandelt Lilly dich?«
    Lilly war der Hund meiner Mutter, eine Mischung aus einem Shar-Pei und einem englischen Mastiff, den sie aus dem Tierheim gerettet hatte. Lilly war nicht nur der hässlichste Hund auf der Welt, sondern auch der launischste. Man hatte sie mehrmals ausgesetzt, und ich konnte sehr gut verstehen, warum.
    »Ich gebe mir wirklich Mühe, sie zu mögen«, antwortete Gabe. »Aber sie ist … Ich hasse diesen Köter. Außerdem stinkt sie.«
    »Sie ist der reinste Zerberus, ein Höllenhund. Sieh ihr nicht in die Augen.«
    »Warum nicht?«
    »Die letzte Person, die das gemacht hat, ist auf der Stelle tot umgefallen. Angeblich war es ein Herzinfarkt, aber …« Ich zuckte mit den Schultern.
    »Schon klar.«
    »Vermisst du dein Zuhause?«
    »Es vermissen? Soll das ein Witz sein?«
    »Ist das Leben zu Hause im Moment nicht so gut?«
    »Es ist scheiße.«
    »Kann ich dich etwas fragen?«
    »Was denn?«
    »Was hat es mit dem Ohrring auf sich?«
    »Was soll damit sein?«, erwiderte er abwehrend.
    »Weiß deine Mom, dass du dir dein Ohr gepierct hast?«
    Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. Klare Frage, klare Antwort.
    »Ich habe es vergessen«, fuhr ich fort. »Bedeutet die linke Seite, dass du schwul bist?«
    Er errötete, und seine Aknepickel liefen dunkelrot an. »Nein. Links ist cool, rechts ist schwul. Schon mal gehört?«
    »Aha«, antwortete ich. »Also ist es falsch, schwul zu sein?«
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    Ich lächelte. Gabe konnte mit diesem »Kenn ich, weiß ich, war ich schon«-Teenagergehabe unerträglich sein, also betrachtete ich es als meine Bürgerpflicht, ihn ab und zu aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    Herb nahm unsere Bestellung auf. Normalerweise verließ er seinen Platz hinter dem Tresen nicht, mittags jedoch war meistens wenig los. Herb war ein massiger Kerl mit einem Schmerbauch und einem starken Südstaatenakzent. »Yo, Nicky«, begrüßte er mich. »Wie läuft das Steuerberatergeschäft? Hast du ein paar Tipps für mich, zum Beispiel, wie ich endlich drumherumkomme, Steuern zu zahlen?«
    »Das ist ganz einfach.«
    »Ach ja?«
    »Mach es wie ich. Bezahl sie einfach nicht.«
    Einen Moment rührte er sich nicht, dann lachte er schallend. Es war nicht schwer, ihn zu amüsieren.
    »Die Wahrheit ist, ich bin Versicherungsagent.« Das Schild an unserer Bürotür lautete: HELLER UND PARTNER – VERSICHERUNGEN BERATUNGEN SERVICE. Das war eine exzellente Tarnung. Sobald ich den Leuten sagte, dass ich Versicherungsvertreter war, hörten sie auf, Fragen zu stellen.
    »Schon klar, schon gut«, erwiderte er. »Was macht ein Versicherungsagent eigentlich?«
    »Ich will verdammt sein, wenn ich das weiß.«
    Er lachte wieder. »Das muss ich dir lassen, Mann«, sagte er freundlich. »Ich habe keine Ahnung, wie du das hinkriegst. Hämmerst du die ganze Zeit Zahlen in die Tastatur? Ich würde verrückt werden.«
    Gabe warf mir ein kurzes, wissendes Lächeln zu. Ich bestellte einen Burger mit Pommes Frites und bat Herb, darauf zu achten, dass es keine Curry-Fritten waren. Das Zeug warwiderlich und ungenießbar. Gabe blickte von der Speisekarte hoch. »Haben Sie auch vegetarische Burger?«, erkundigte er sich.
    »Klar, wir haben Truthahn-Burger, junger Mann«, antwortete Herb.
    Gabe runzelte die Stirn und legte den Kopf schief. Die Geste kannte ich. Das war der herablassende Ausdruck, der ihm in der Schule regelmäßig Prügel einbrachte und manchmal sogar dazu führte, dass er der Klasse verwiesen wurde. »Oh«, erwiderte er. »Ich wusste nicht, dass Truthahn ein Gemüse ist.«
    Herb mochte Gabes Humor offenbar ebenfalls nicht. Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu,
Wer zum Teufel ist dieser Bursche?
hieß das. Aber er mochte mich zu sehr, um

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