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Lebens-Mittel

Lebens-Mittel

Titel: Lebens-Mittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Pollan
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erhält, dass er jetzt aufhören sollte: Die Schüssel oder die Packung ist leer, der Teller sauber, die Fernsehshow vorbei. Brian Wansink, ein Professor für Marketing und Ernährungswissenschaft an der Cornell University, der mehrere erfindungsreiche Studien zur Portionsgröße und zum Appetit durchgeführt hat, ist zu dem Schluss gekommen, dass Amerikaner sehr viel mehr auf äußere als auf innere Sättigungssignale achten. 43 Die Franzosen dagegen, die sich genauer mit allen sinnlichen Dimensionen des Essens zu beschäftigen scheinen, achten auch stärker auf die inneren Anzeichen, die uns sagen, dass wir satt sind.
    Wie könnte ein höherer Preis uns helfen, weniger zu essen? Auf zweierlei Weise. Es ist gut belegt, dass die Menge, die wir essen, stark von den finanziellen und aufwandsbezüglichen Kosten für dieses Essen beeinflusst wird. Die Fettleibigkeit etwa begann in Amerika um 1980 zuzunehmen, genau zu dem Zeitpunkt, als im Zuge der veränderten Agrarpolitik unter der Nixon-Regierung eine Flut billiger Kalorien von amerikanischen Farmen kam. Die amerikanischen Farmer produzierten im Jahr 2000 pro Person und Tag 600 Kalorien mehr als 1980. Aber einige dieser Kalorien wurden billiger als andere: Seit 1980 ist der Preis für Süßungsmittel und zugesetzte Fette (von denen die meisten von subventioniertem Mais bzw. subventionierten Sojabohnen stammen) um 20 Prozent gefallen, während der Preis für frisches Obst und Gemüse um 40 Prozent gestiegen ist. Der Effekt? Die Amerikaner haben sich mit der billigeren und weniger gesunden dieser beiden Kalorienarten den Bauch vollgeschlagen.
    Ebendiese Kalorienarten findet man in Fertignahrung – Snacks, mikrowellengeeigneten Hauptgerichten, alkoholfreien Getränken und abgepackten Nahrungsmitteln aller Art -, und genau von ihnen stammen die meisten der rund 300 zusätzlichen Kalorien, die die Amerikaner seit 1980 ihrer Ernährung hinzugefügt haben. Diese Nahrungsmittel sind also auch in einer zweiten Hinsicht billig: Ihre Zubereitung kostet wenig oder gar keine Zeit oder Mühe, und das ist ein weiterer Grund, aus dem wir mehr von ihnen essen. Wie oft würden Sie Pommes frites essen, wenn Sie die Kartoffeln selbst schälen, waschen, klein schneiden und frittieren und hinterher das ganze Durcheinander in der Küche aufräumen müssten? Und würden Sie jemals Twinkies essen, wenn Sie die kleinen Kuchen selbst backen, dann die Füllung einspritzen und hinterher sauber machen müssten?
    Vor kurzem hat eine Gruppe von Harvard-Ökonomen, die eine ökonomische Theorie für die Fettleibigkeitsepidemie vorlegen wollte, das gestiegene Durchschnittsgewicht der Amerikaner mit dem abnehmenden Zeitaufwand für das Essen in Zusammenhang gebracht – dem Kochen, Saubermachen und so weiter. Sie kamen zu dem Schluss, dass die allgemein verfügbaren billigen Fertiggerichte den größten Teil des durchschnittlich um 12 Pfund höheren Gewichts der Amerikaner erklären könnten. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass 1980 weniger als 10 Prozent der Amerikaner eine Mikrowelle besaßen; 1999 stand das Gerät in 83 Prozent der Haushalte. Wenn die Technologie den Zeitaufwand für die Zubereitung verringert, essen wir mehr. 44
    Ich bin fest davon überzeugt, dass auch der Umkehrschluss stimmt: Wenn Nahrung – in jeder Hinsicht – mehr kostet, werden wir weniger von ihr essen. Mehrere der folgenden Anregungen zielen in diese Richtung. Es ist richtig, dass manche Menschen es sich einfach nicht leisten können, mehr – Geld, Zeit oder beides – für ihre Verpflegung aufzuwenden; aber viele von uns könnten es. Schließlich haben wir in den letzten ein oder zwei Jahrzehnten auch die Zeit gefunden, mehrere Stunden täglich im Internet zu verbringen, und unser privates Budget hat nicht nur für einen Breitband-Internetanschluss gereicht, sondern auch für die Handyrechnung. Für die meisten Amerikaner ist es eher eine Frage der Prioritäten als der Möglichkeiten, ob sie für besseres Essen mehr Geld auf den Tisch legen. Wir geben einen geringeren Prozentsatz unseres Einkommens für Lebensmittel aus als jede andere Industrienation; wenn wir beschließen würden, dass die Qualität unserer Nahrung wichtig ist, könnten wir es uns sicher leisten, pro Woche ein paar Dollar mehr für sie auszugeben – und ein bisschen weniger von ihr zu essen.
    Ist es nur ein Zufall, dass die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung gestiegen sind, als der Anteil unseres Einkommens, den wir für das Essen

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