Lebens-Mittel
dem Essen fertig sind, aber nicht unbedingt alle gleichzeitig. Technisch gilt diese Art der Abfütterung in den Umfrageergebnissen als Familienabendessen, obwohl kaum glaubhaft ist, dass hier alle Funktionen einer herkömmlichen gemeinsamen Mahlzeit erfüllt werden. Die Portionsgrößen etwa werden heute nicht mehr von Mama, sondern von Firmen wie Kraft oder General Mills bestimmt, und der gesellschaftliche Wert, den das Teilen von Nahrung hat, geht verloren. Das Ganze gleicht eher einer Restaurantmahlzeit, bei der jeder sein eigenes Gericht bestellt. (Allerdings ist der Service nicht ganz so gut, denn die Hauptgerichte kommen nicht zur selben Zeit.) Wenn Menschen exakt das haben können, was sie wollen, neigen sie natürlich dazu, mehr zu essen. Aus ebendiesem Grund befürworten die großen Lebensmittelfirmen diese modernisierte Familienmahlzeit und haben alles in ihrer beträchtlichen Macht Stehende getan, um sie zu fördern. Sie bringen zum Beispiel unterschiedliche Hauptgericht-Produktlinien auf den Markt, sodass für jedes Familienmitglied etwas dabei ist (kohlenhydratarm für den Diät haltenden Teenager, cholesterinarm für Papa, fettreich für den Achtzehnjährigen und so weiter), und konzipieren diese »Home Meal Replacements« 47 , wie sie in der Branche genannt werden so, dass sogar der Achtzehnjährige sie problemlos in die Mikrowelle schieben kann.
Die größte Bedrohung für die gute alte Mahlzeit indes ist sicher der Snack; das Zwischendurchessen hat in den letzten Jahren ganz neue Bereiche unseres Tagesablaufs und unserer Aufenthaltsorte kolonisiert. Der Arbeitsplatz zum Beispiel war früher eine mehr oder weniger nahrungsfreie Zeitspanne zwischen den Mahlzeiten. Vorbei, vorbei. Büros verfügen heute in aller Regel über eine gut ausgestattete Küche, und bei geschäftlichen Besprechungen oder Konferenzen gilt es offenbar als unfein, nicht in regelmäßigen Abständen ein Sortiment unterschiedlichen Kleingebäcks und alkoholfreier Getränke anzubieten. Beim kürzlichen Besuch einer Konferenz über Ernährung und Gesundheit wunderte mich vor allem, dass unsere Gastgeber zusätzlich zu den reichhaltigen Frühstücks-, Mittagessens- und Abendessensbüfetts auf halbem Weg zwischen Frühstück und Mittagessen und dann wieder zwischen Mittagund Abendessen ein weiteres üppiges Büfett auffuhren; offenbar befürchteten sie, ohne eine Zwischenmahlzeit würden wir die lange Hungerstrecke von einer Mahlzeit zur nächsten nicht überleben.
Vielleicht bin ich ja hoffnungslos altmodisch, aber gab es nicht einmal so etwas wie ein Tabu gegen das Essen zwischen den Mahlzeiten? Es existiert nicht mehr. Moderne Amerikaner legen den ganzen Tag über hier und da ein Päuschen ein, in dem sie irgendwelches Zeug knabbern oder schlürfen, das sie ständig neben sich haben müssen, weil sie sonst zwischen Frühstück und Mittagessen den Geist aufgeben. (Die Snackund die Getränkeindustrie waren sicher die großen Nutznießer des neuen gesellschaftlichen Tabus gegen das Rauchen, das die gleiche Pausenfunktion erfüllte.) Wir haben unsere Autos so umkonstruiert, dass wir unsere Snacks abstellen können, wir haben sie mit größeren Becherhaltern und gekühlten Handschuhfächern ausgestattet, und unsere Lebensmittel haben wir so umkonstruiert, dass sie im Auto leichter verzehrbar sind. Den Berechnungen der Harvard-Ökonomen zufolge ist die Masse der Kalorien, die wir unserer Ernährung in den letzten zwanzig Jahren zugefügt haben, in Form von Snacks in unserem Magen gelandet. Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, dass diese Snacks eher nicht aus Obst und Gemüse bestehen. (Noch nicht einmal bei der erwähnten Ernährungskonferenz.) Und ich brauche auch nicht zu erwähnen, dass die Portionsgrößen sich aufgebläht haben oder die Snacks selbst hauptsächlich aus clever mit Geschmacksstoffen versetzten Arrangements aus raffinierten Kohlenhydraten, gehärteten Ölen, Mais-Süßungsmitteln und Salz bestehen.
Sie wollen der Nascherei zwischendurch einen Riegel vorschieben und den Mahlzeiten ihren rechtmäßigen Platz zurückgeben? Die folgenden Faustregeln bringen Sie diesem Ziel näher.
Essen Sie immer am Tisch. Nein, ein Schreibtisch ist kein Tisch.
Beziehen Sie Ihren Kraftstoff nicht am gleichen Ort wie Ihr Auto. Amerikanische Tankstellen verdienen heute mehr Geld mit dem Verkauf von Nahrungsmitteln (und Zigaretten) als mit Benzin. Aber was für Nahrungsmittel sind das? Außer vielleicht Milch und Wasser handelt es
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