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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ich Männer, deren Zuneigung ernst war. Aber jeder empfing den Bescheid, daß ich entschlossen sei, mich nie zu vermählen, und folglich durfte auch mit Liebe sich keiner mir nahen. Neue Titel, neue Reichtümer bieten mit jedem Tage sich mir, und ich muß stets zur selben Sprache meine Zuflucht nehmen, die mir durch öfteres Wiederholen so nichtssagend vorkommt, daß ich einen Mann wie Sie nicht damit belästigen mag. Auch genügt das Resultat. Aber warum sage ich Ihnen dies alles? – Raphael, ich wünsche mir einen Freund! Sollte Freundschaft zwischen verschiedenen Geschlechtern nicht möglich sein? Ich stehe für mich! Aber wären alle Männer zum Eigennutz und zur Leidenschaftlichkeit verdammt – ich habe in der Hinsicht keinen vorteilhaften Begriff von Ihrem Geschlechte – Sie nehme ich aus – oder vielmehr, ich will es mit Ihnen wagen. – Wohlan, Raphael, wollen Sie mein Freund sein? Sie sind ehrlich und gut! Sagen Sie aufrichtig: halten Sie sich für so rein, daß nie eine unlautere Empfindung zwischen uns sich eindränge? Sie sehen« – fuhr sie mit reizendem Lächeln fort – »ich erteile im voraus den Korb einer Huldigung, die jedenfalls schmeichelhaft ist. Allein Schmeicheleien sind mir zuwider und am verdrießlichsten von Ihnen. – Nun, hier ist meine Hand! Wollen Sie, oder vielmehr können Sie dieser Freund sein? – Sie schweigen? Doch Sie haben recht. Prüfen Sie sich, damit ich im schlimmsten Falle Sie immer hochachten darf. Gute Nacht, lieber Raphael! Ich bin heute sehr müde und sehne mich nach meinem Bett. Sagen Sie mir recht bald Ihre Antwort. – Nein, sagen Sie mir nichts, es bedarf keiner Worte zwischen uns. Vermögen Sie nicht, um was ich Sie bitte, verbannen Sie selbst sich von hier, so ist es Ihrer würdig, – vermögen Sie es jedoch, nun, so sehe ich Sie wieder – und nicht wahr? – recht bald!« – Ich ergriff ihre schöne Hand, preßte sie an meine Lippen; ein zarter Gegendruck versenkte mich in Wonne. – Sie ging in ihr Schlafgemach. – Vor meinen Augen stand die wunderbare Grotte, das heilige Schweigen an der Schwelle. In kostbar-stiller Meerestiefe sie selbst die größte Kostbarkeit, süß und ehrwürdig, bewahrt von unheimlicher Umgebung. Welch ein Selbstgefühl der Schönheit erfand diesen Tempel des keuschen, reinen Schlafes! – oh, und mein trunkenes Ohr hörte ihre Kleider rauschen, ich sah das entfesselte Haar, seinem Knoten entwunden, wie ein goldwallender Mantel die Strahlende umstießen! »Das Waldweib in Tiecks Runenburg!« rief ich, und Tränen traten in meine Augen, des Schmerzes, der Sehnsucht – und der Wut. – Wußte ich etwa nicht, daß sie ein absichtsvolles, grausames Spiel mit mir trieb – daß Sie meine Liebe erkannt und, sophistisch mich abstoßend, mich an sich fesselte? – Das ist das Leben! Für die alle meine Pulse schlugen, die jeden Nerv meines Körpers schmerzlich belebte, die mußte meine Seele, mein besseres Selbst verachten! – So auch war's mit der Freundschaft. Rastignac liebte mich, sein Rat war richtig und gut – und auch diesen mußte ich verschmähen – verwerfen! – Mein ganzes inneres und äußeres Leben war grauenhaft verwirrt. Muß man ein Stoiker sein für das Leben? Oh, wo erwirbt sich dieser seine, höhere Stoizismus? – Ich frage noch? – Habe ich nicht meine Kunst und jugendliche Künstlerkraft? »Es ist aus!« rief ich und verließ entschlossen Feodorens Platz auf der Ottomane, wo ich weinend bisher gesessen; »das Leben ist mir nun gleichgültig, ich will es nur in all seinen Beziehungen benutzen für mein Streben! – Leb' wohl, Feodora! betrügerische Göttin, göttlicher Betrug und des Betruges Göttin! Du hast mir eine fürchterliche Lehre gegeben, doch gern bezahle ich sie mit meines Herzens Zerrissenheit: nun bin ich von der Wahrheit meiner Poesie, der romantischen, und ihrer Dichter überzeugt, und was die Ideale der Klassiker betrifft, so möchte ich jedem derselben Feodora zeigen, ganz wie sie heute zu mir sprach, und ihnen zurufen: Seht eure göttlichen Träume! Wenn sie das Leben gebiert, sind es Lügen! Und eures Herzens schönste Wünsche verkündend, erschafft ihr Formen für den Betrug und lehrt ihn sein häßliches Wesen hinter euren Adel, eure Würde verstecken!«

Zehntes Blatt
    Unter diesen Umständen war mir die Bearbeitung der Memoiren höchst willkommen. Es war eine Arbeit, wobei ich Gefühl und Gedanken entbehrte; sie ging unglaublich rasch vonstatten. – Auch Rastignac besuchte mich nach

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