Lebensbilder I (German Edition)
das erst heut? was bin ich Ihnen schuldig?«
»O Madame!« entgegnete ich empört, »mehr als ein König bezahlen kann.«
»Sie sind Jurist«, fuhr Feodora mit seiner Verbindlichkeit fort, »der Jurist schätzt alles, und ich darf Sie nicht unbelohnt lassen!«
Ich wandte ihr den Rücken, ging und hatte nur ein Gefühl, einen Gedanken: Rache.
Elftes Blatt
Eine glänzende Gesellschaft hatte sich versammelt. Ich erschien spät, man hatte längst schon mich erwartet und war begierig auf das Werk, an dem ich monatelang gearbeitet. So hatte ich erzählt, und Feodora, in deren Interesse es lag, zu maskieren, was ich in der Zeit wirklich getan, hatte diese planvolle Lüge nach Kräften unterstützt. Ihr »Endlich!« als ich eintrat, ihre Vorwürfe, so spät zu kommen, und wie sie dem Diener Lichter und Lesepult aus den Händen nahm, um selbst für mich den Tisch zu bereiten – eine unerhörte Auszeichnung! – hätten mich fast gerührt, obschon ich wußte, wie berechnet und zweckmäßig alles war, was sie tat, zumal vor einer großen Gesellschaft. »Sie sehen, wie hoch unsere Erwartung gespannt ist,« sprach sie, verbindlich lächelnd.
»Und dennoch ahnen Sie nicht, was ich bringe!« entgegnete ich tückisch.
»Ich verspreche mir viel davon!«
»Und dennoch das nicht!«
Ich setzte mich und zog mein Manuskript hervor: Rastignac sagte mir später, mein Wesen habe ihm Grauen eingeflößt: es sei das eines Sterbenden gewesen, der sein eigenes Testament liest.
Zambinella. Eine Novelle
Versenkt in tiefe Träume, wie sie auch der Genußsüchtige hat mitten in rauschenden Festen, hörte ich es Mitternacht vom Turm Elisée Bourbon schlagen. Ich saß am Fenster, verborgen hinter den faltenreichen Moirevorhängen, und blickte hinaus auf die Gärten hinter jenem Hotel, wo ich den Abend zubrachte. Die halbverschneiten Bäume unterschieden sich nur wenig von dem grauen, wolkigen Himmel, den das Mondlicht spärlich erhellte, und erschienen wie Gerippe, die, schlechtverhüllt in ihre Leichentücher, zu einem riesigen Totentänze weithin sich die Arme reichten. Und wie ich das Auge wandte, konnte ich den Lebenstanz wahrnehmen; im glänzenden Saale zwischen Wänden von Gold und Silber, von prangenden Kronleuchtern bestrahlt, umschimmert und umflimmert von tausend Kerzen. Und es wimmelte, regte und webte von reizenden, vornehmen. stolzen, prächtigen, diamantglänzenden Damen. Blumen schmückten ihre Häupter, ihre Brust, ihre Gewänder. Aus den Girlanden der Säume lauschten die zierlichsten Pariser Füßchen hervor und streiften im neckenden Spiele den Boden. Leise rauschte die Freude durch die seinen Spitzen und Blonden, durch die Seide und den Musselin, welcher die schlanken Hüften umgab. Blicke stogen hier- und dorthin und überleuchteten die vielfach sich durchbrechenden Lichtstrahlen und das von ihnen geweckte Diamantengefunkel. Sie fachten die schon brennenden Herzen an, ein süßes Mienenspiel begleitete sie, die Anbeter ermutigend, den ernsthaften Gatten den Ernst verweisend. Dazwischen tönte das Geräusch des Spiels, das Rollen und Klingen des Goldes, und eine flüsternde Unterhaltung der tanzenden Paare stimmte harmonisch leise zum Klang der Musik. Die wollüstig bewegte Luft war mit Weihrauchdämpfen erfüllt und vollendete die allgemeine Sinnestrunkenheit.
So hatte ich zur Rechten: Winter, Grab, Nacht, Tod, zur Linken ein zartes Bacchanal des Lebens. Hier schlug mein linker Fuß den Takt zur Freude, und der rechte ward vom rauhen Ost, der durch die Scheiben drang, eisig angehaucht. – Oft bietet Paris solche ergötzlich erschütternde Kontraste, und oft sitzt man mitten drin als mathematischer Punkt der Berührung zweier Extreme. – Wer aber, der je auf solcher Grenze saß, sprach wie ich: der Tod ist groß, das Leben klein? Du strenger, kühler Wind unter grauem Himmelsbogen, wie erweitert der Gedanke an dich meine Brust, die hier ein parfümierter Menschenduft beengt. Barmherziger Gott! bin ich hier im Paradies des Lebens und es gewährt nur das, und die gottähnlichen Menschen begnügen sich mit dem?
»Herr de Lanty besitzt dies Haus noch gar nicht lange!«
»Ei! bereits vor zehn Jahren hat es der Marschall S– ihm verkauft.«
»Nicht möglich!«
»Die Leute müssen unermeßlich reich sein!«
»Wahrhaftig, ja!«
»Welch ein Fest, ein wahrhaft unverschämter Luxus!«
»Halten Sie die Lantys für ebenso reich, wie etwa Roy oder Aligre?«
»Wohl möglich!«
Dieses Gespräch ward dicht neben mir
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