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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Triumphierenden gehören. Nirgends ist Ruhe, Trost – Wut, Erschöpfung, Haß teilt sich in seinen Empfindungen. Nirgends Menschen, überall Wahnsinnige! So tritt er in seinen »Contes philosophiques« hervor – diese höchste Steigerung aller Seelenkräfte erfüllt uns mit Ekel, aber mit einem solchen, der nahe an Bewunderung streift ...« Im »Literaturblatte« holte Menzel weit derber aus: er warf Balzac Schriftstellereitelkeit vor; unklar und verwässert sei alles, was er geschrieben habe; er hätte ein ausgezeichneter Romanschriftsteller werden können, wenn er statt Studium und Fleiß zu üben, nicht 37 Bände in sieben Jahren geschrieben hätte. Und nur eines freute Menzel, daß Balzac trotz seiner Unsittlichkeit und das Herz empörenden Schilderungen nicht so arg sei wie die Sand, Janin und andere; denn er stelle das Schlechte als schlecht, das Gemeine als gemein dar, und er stelle nur deshalb dem Laster keine Tugend gegenüber, um die Wahrheit desto eindringlicher zu machen, daß die Verdorbenheit wirklich herrsche und nicht bloß drohe ...
    Gegen derartige kleinliche, uneinsichtsvolle Urteile heute, da sich Balzac völlig durchgesetzt hat, nur ein Wort der Erwiderung oder der Erklärung vorzubringen, wäre wohl gänzlich unangebracht. Diese oberflächlichen, den Gedankengang Balzacs so schwer verkennenden »Verdammungen« beweisen ebenso wie Schiffs Verfälschungen nur eines, daß man nämlich in den Dreißigerjahren kaum ahnte, worin die überragende Bedeutung des kraftvollen Realisten liege, und daß man damals in sentimentalen Schwärmereien noch viel zu sehr befangen war, um eine Kunst zu verstehen, die sich auf neuen Bahnen bewegte, die Schminke und Retusche gründlich verachtete, die sich von jeder lügenhaften Konvenienz freizuhalten wußte. Damit konnte man in Deutschland nichts beginnen und nicht fertig werden. Aus der Welt schaffen ließ sich dieses »Übel« nicht; so gingen die einen daran, Balzac dem Tagesgeschmack der großen Menge gefügig zu machen, die anderen, ihn totzulästern. Vergeblich war eines wie das andere – Balzac war stark genug, selbst deutsche Schwerfälligkeit zu überwinden und den Boden urbar zu machen, auf dem nach ihm die Größten unserer Zeit ackerten. Wenn Emil Zola in der großen Genealogie der »Rougon-Macquart« im Rahmen einer Familienentwicklung die politische und soziale Geschichte seines Zeitalters darzustellen suchte, so dankte er die Idee seiner Konzeption niemand anderem als Balzac, der ihm mit der Zusammenfügung aller seiner Novellen in das große Gebäude der »Comédie humaine« Mut für sein gewaltiges Beginnen gemacht hatte. Wie Balzac für Zola oft bis auf die einzelne Phrase herunter in Stil und Vortrag von weitestreichendem Einflusse wurde, so lebte der Grundgedanke seines kühn ausholenden, leider nicht zu Ende geführten Unterfangens in dem Werke des Größeren machtvoll wieder auf. So ward aber auch seine dichterische Tat dem Los des Vergessenwerdens entrissen. Balzacs Werk und Ruhm besteht – die Minierarbeit der Kleinen, die sich daran zu erproben versucht hatte, ward zuschanden.
    Man braucht deshalb Hermann Schiffs Unterfangen, so erfolglos es war, nicht verächtlich zur Seite zu schieben. Es war ein Versuch mit untauglichen Mitteln, zu unrichtiger Zeit, an einem unrichtigen Objekte. Aber die Balzacverfälschungen Schiffs waren getragen und beeinflußt von deutschem Idealismus, der, wie so oft vorher und nachher, die nächstliegenden Realitäten übersah, der völlig verkannte, daß einer mächtig einsetzenden neuen literarischen Richtung durch die kleinlichen Mittel des Betruges nicht beizukommen sei. Nur zu kurze Zeit konnte der deutsche Pseudobalzac dem echten die Wege verrammeln. Dieser vernichtete mit heißer Jugendkraft die vor ihm aufgetürmten Barrikaden und trat auch in Deutschland seine Siegeslaufbahn an.
    Übrigens: Schiff scheint nicht der einzige gewesen zu sein, der Balzacs Namen widerrechtlich usurpiere. In Brüssel ward Ähnliches unternommen, wovon die »Grenzboten« (1843, II. Band, Seite 1499) zu erzählen wissen. Im »Tagebuch« (Rubrik: Aus Berlin. II) heißt es: »Eine hübsche literarische Anekdote ist folgende, um so hübscher, als sie nicht erfunden, sondern wirkliches Faktum ist. – Der letzthin in Berlin anwesende Balzac machte Tieck einen Besuch. Letzterer sprach mit ihm von seinen Schriften und lobte als ganz vorzüglich › Le vicaire des Ardennes ‹ und › Annette et le Criminel ‹. ›Sie haben

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