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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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fassen, so wäre der Geist, der sie lenkt, ein schadenfroher Kobold.«
    Die Schöne zählte hastig mehrere Goldstücke für die erkauften Sachen hin und verließ eiligen Schrittes den Laden.
    »Was ist Ihnen? mein Enthusiasmus für die Kunst kann Sie doch nicht beleidigen?« rief ihr der Jüngling halblachend nach.
    Der Ladenbursche sah ihn zweifelhaft an. Kaum aber war sie verschwunden, als der Jüngling die ganze Last des Daseins doppelt auf seine Seele zurückgewälzt fühlte. Nur in ihrer Gegenwart hatte er Mut zum Äußersten, ohne sie keinen. Das begriff er, und sein Auge, im Laden umherirrend, sah hier einen Republikanersäbel friedlich bei einer Hellebarde stehen und hin und wieder Pistolen, Dolche, Streitäxte, Kolben, Morgensterne, Bogen und Pfeile, Waffen aller Zeiten und Völker neben Geräten des Friedens und der Betriebsamkeit. Warum hatte er nicht eines von all den vielen Mordgewehren ergriffen und vor ihren Augen sich getötet oder sie zuvor –? »Und war sie es wert?« fragte er; »nein, sie verdient es nicht!« gestand er sich ein. »Doch ich hätte den günstigen Moment benutzen sollen, erst meine Liebe zu ihr zu rächen, dann mich, um meine Liebe zu strafen. So wär's gelungen. Jetzt bleibt mir ein schwerer, qualvoller Todeskampf.«
    Der Ladenbursche hatte die Schlüssel genommen und ihn gefragt, ob es ihm gefällig sei, das Magazin jetzt in Augenschein zu nehmen. Diese Frage mußte zweimal wiederholt werden, um statt aller Antwort ein stummes Zeichen zu erhalten, welches hieß: Geh nur voran!
    Das Magazin öffnete sich mit seinen weiten und vielfachen Sälen und gewährte einen wunderlich chaotischen Anblick. Der Welt Anfang und die gestrigen Ereignisse vermählten sich hier in seltsamer Verträglichkeit. Natur, Kunst und Wissenschaft schienen ihre Trümmer und Splitter hierher geworfen zu haben, wie in eine allgemeine Weltrumpelkammer. Krokodile, Affen und Schlangen fletschten gegeneinander die Zähne und schienen sich und die Glasmalereien der Kirchenscheiben anzufeinden; sie schnappten nach den Vasen und Steinbildern und wollten die Schichten des mannigfachen Gerätes erspringen und erklettern. Ein elfenbeinernes Schiff, die Segel im vollen Winde geschwellt, ruhte da auf einer trägen Schildkröte. Madame Dubarry, gemalt von Latour, blickte mit zärtlichem Verlangen dort nach einer indischen Pagode, die nickend sie verhöhnte. Bonaparte und ein Sphinx des Sesostris betrachteten sich gegenseitig ernst und schweigsam. Kalt und fühllos blickten aus ihren Winkeln ehrwürdige Schöffen und Bürgermeister von niederländischer Schule auf die verworren angehäuften Schätze der Kunst und des Altertums hin. Dort stand der grüne, golddurchwirkte Pantoffel des Serail neben dem Kelch und der Monstranz; hier die Friedenspfeife des Wilden neben dem sarazenischen Halbmond; da der Federschmuck des Kaziken neben dem barbarischen Götzen. Und alles, alles wollte der Ladenbursche mit geschwätziger Zunge erklären, als der Jüngling unwillig ihm Schweigen gebot. Nicht auf das einzelne vermochte er seine Aufmerksamkeit zu richten; aber das hirnlos zersplitterte Ganze, die Menge von Gestalten des Schmerzes, der Erhabenheit, der Anmut, Gleichgültigkeit und Furchtbarkeit: dieses Chaos von Möbeln, Erfindungen, Moden, Ruinen und Nationalitäten, diese Buntheit von Industrie und Religion, von Meisterwerken, Götterbildern, königlicher und verschwenderischer Pracht, von Geist und Luxus, Phantasie und Torheit, worüber tausend Lichterchen scherzend hinflogen, tausend wunderliche Reflexe und Nüancen hinspielten und mit greller Willkür tausend grobe Licht- und Schatteneffekte sich bildeten, wo tausend häßliche Winkel und Ecken sich zackten und tausend krause Verzweigungen zu winken und zu deuten schienen; – dieses vielsinnige, vielköpfige, vielarmige, vieldeutige, hirnlose Ganze, das mit jedem Schritte sich veränderte und dennoch stets derselbe Unsinn blieb, dies war's, was den Jüngling zu betrachten erfreute. Und doch schien ihm, als würde sein Ohr von einem grellen, vielfachen Schrei zerrissen und Auge und Geist würden auseinanderfliegen, um, haftend an den unendlichen Einzelheiten, vernichtet zu sein.
    So hatte er bald das Ende des letzten Saales erreicht und ließ sich dort erschöpft in einen Sessel nieder.
    »Nun, mein Herr! steht Ihnen nichts von allen den Sachen an?« fragte der beleidigte Ladendiener. »Sie sitzen da auf einem kurulischen Stuhl, zwischen zwei kostbaren Mumien von Kairo, und zu

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