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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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daß ihr würdig seid, die Nation zu belehren: denn obschon einmal Gänse durch Schnattern das römische Kapltol retteten, so erfolgt daraus nicht, daß diejenigen Großes bewirken, die selber nicht groß sind. – Und was lehren unsere Schriftsteller? Wir sind die Gesetzgeber aller zivilisierten Nationen: Wir müssen die Menschenrechte für alle andern Völker verfechten! Um Gotteswillen, hört nicht auf diese pomphaften Anpreisungen unseres Unglücks!
    «Seit den vierzig Jahren, daß wir revolutionieren, haben wir uns nur für das ganze zivilisierte Europa die Finger verbrannt. Wir waren nicht Märtyrer, die sich für alle Welten opferten, wir hatten den eigenen Vorteil im Auge, während wir uns Wunden schlugen, von denen zu genesen, es der Jahre bedurfte. Freilich! In dieser vernünftigen Welt kann man nicht vollkommen sinnlos handeln. In der göttlichen Weltgeschichte geschieht nichts gänzlich zweckwidrig. Aber das Gute und Nützliche, was geschieht, läßt sich nicht immer den Handelnden zurechnen. Laßt uns endlich aufhören, in Taten zu rasen, laßt uns denken, lernen; es tut not! Der bessre Geist muß in Frankreich erwachen, das ist die Aufgabe, die jetzt seine Geschichte ihm stellt. Der Geist, der befestigt, beruhigt und kräftigt für alle Ewigkeit, er allein ist das Heil! Kann er auch jetzt zu diesem Ziele nicht gelangen, – bedenkt, Franzosen, wir hatten die Kraft, Europa zu erobern, jedoch nicht den Geist, das Erworbene festzuhalten – führt Frankreichs jetziger Meinungskampf auch zu keiner Wahrheit, dann ist's geschehen um unsere zukünftige Größe, und unsere Geschichte, auf die wir bisher stolz sein durften, reicht nur bis zu den Julitagen, wo wir Freiheit erkämpfen konnten, die wir aber von neuem nicht zu würdigen noch zu erhalten vermögen.
    Wohlan, Freunde! – Dies laßt uns dem Volke sagen, und sind wir mehr mit Geist begabt als unsere Landsleute, da wir als Dichter und Künstler unter ihnen gelten, so laßt uns dies göttliche Geschenk zu etwas Besserem als zum Broterwerb benutzen. Die Schutzgeister unseres Volkes müssen wir sein! Und in den Staub mit unsern Gegenfüßlern, mit den Dämonen, die eine Herrschaft sich anmaßen, mit den journalistischen Schreiern allen! Die Wahrheit steht auf unserer Seite, und Wahrheit verkünden heißt siegen. Jene Macht dagegen ist schon untergraben. Mit dem Sturz der absoluten Monarchie, mit der Freiheit der Presse ist der Gegenstand ihnen geraubt, und das Recht, sich laut zu machen. O glaubt nur, dieser Herbst ist auch der Journalisten Herbst; sie werden schreien, um sich tot zu schreien, und erfrieren im allgemeinen europäischen Frieden, den der Himmel uns bald bescheren mag zu unserm Sommer!
    Seid mit mir! und euch allen steht eine herrliche Zukunft bevor. Denn vernehmt: ein Genius wird nächstens unter euch auftreten, ein Genius, groß in allem; groß als Staatsmann, Feldherr und Dichter. Und sein Erscheinen bloß, die Sensation allein, die sein erstes Auftreten erregt, wird hinreichen, den Zeitenschwindel zu beruhigen. Wie jeder Neuheit wird man nur ihn der Aufmerksamkeit für wert halten, aber er ist ihrer wert und wird alle Teilnahme immer und ungeteilt sich rege zu erhalten wissen.
    O glaubt mich nicht unbescheiden, well ich auf diese Weise mich selbst ankündige. Ich bin im Besitz eines wundertätigen Talismans, und nicht mein Ich, der Besitzer solch eines Talismans spricht jetzt aus mir!
    Ja, dies ist die Aufgabe meines Lebens, und so bin ich des Glückes wert, die Elendshaut zu besitzen. Ja, was ich euch sage, ist wahr! Mein Elendsfell unterwirft Fortuna mir als Sklavin, mit deren Beistand selbst Unmögliches gelingt. Wohlan! ich werde Frankreich die Konstitution geben und die Reform, wodurch es glücklich wird für immer, und werde, dies zu ermöglichen, wie Salomo von Gott Weisheit, so Genie von meiner Elendshaut erbitten.«
    Ein kreischendes Gelächter unterbrach hier den Redner. Das unglückliche Wort »Elendshaut« hatte, zum erstenmal ausgesprochen, nur Befremden erregt, und Emil, der sich erinnerte, schon vorhin das seltsame Wort von seinem Freunde vernommen zu haben, blickte mit Ängstlichkeit auf ihn. Da aber sprach es Raphael zum zweitenmal aus, und man unterdrückte das Lachen noch aus Achtung für den kraftvollen und begeisterten Redner. Endlich aber hieß es zum drittenmal: das Elendsfell, aus dem Frankreichs ewiges Wohl hervorgehen sollte, und jetzt hatte es eine gellende Explosion zur Folge, die den Redner nicht wenig

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