Lebensbilder II (German Edition)
Briefe, der Maler hieß Heinrich Sommervieux, war von adligem Herkommen, und sein Pinsel hatte ihm große Reichtümer verschafft.
»Und du willst einen Maler heiraten?« schrie die Mutter.
»Ich wäre sehr unglücklich,« versetzte das arme Kind, »wenn Ihr mich zwingt, einen anderen zu nehmen.«
»Liebe Frau!« nahm Herr Guillaume das Wort, »ich dächte, du wolltest mir es überlassen, diesen Handel zu schlichten. Liebes Kind,« fuhr er, zu seiner Tochter gewendet, fort, »diese Künstler sind gewöhnlich Hungerleider; ich habe deren genug gekannt, Joseph Verriet, Lekain, Noverre, alle stehen noch in meinem Buche, wüßtest du, was sie deinem Vater für Streiche gespielt! Diese alle, liebes Kind, waren Leute von gutem Herkommen.«
»Das ist aber auch Heinrich von Sommervieux, seine Eltern führten sogar vor der Revolution den Grafentitel.«
Bei diesen Worten blickte Herr Guillaume auf seine Ehehälfte, die aber ungern in ihren Ansichten sich widersprechen hörte, und sagte:
»Wahrhaftig! gegen deine Töchter bist du so schwach, daß man glauben möchte – «
Das Rollen eines Wagens, welcher vor der Tür anhielt, unterbrach ein Gespräch, das anfing, sehr heftig zu werden; bald aber trat Madame Vernier zu den streitenden Eheleuten ins Zimmer.
»Ich errate, was hier vorgeht,« sprach sie, «und komme wie die Taube mit dem Ölzweig in Noahs Arche!«
»Weißt du, mein Kind,« begann sie zu Augustinen, »daß dein Heinrich ein ganz allerliebster Mensch ist? Heute morgen hat er mir mein Porträt geschenkt, ein Bild, das seine 6000 Franken wert ist.«
»Ich kenne Herrn von Sommervieux,« wandte sie sich zu den Eltern, »und komme als sein Anwalt. Er liebt Augustinen und verdient sie. – Schütteln Sie nicht den Kopf, Madame Guillaume, ich kann Ihnen versichern, daß Sommervieux nächstens baronisiert wird, zum Ritter der Ehrenlegion hat ihn der Kaiser selbst vor kurzem erst ernannt. Er hat 24 00O Franken jährliche Einkünfte, und der Schwiegervater eines solchen jungen Mannes kann es zu etwas bringen; zum Beispiel kann er Viertelsmeister werden. Ist nicht Dupont zum Reichsgrafen ernannt, weil er den Kaiser bei seinem Einzug in Wien bewillkommt? – Oh, ich versichere Euch, diese Heirat ist ein Glück für Euch alle, ein Glück, wie es kaum in Romanen zu finden! Augustine,« fuhr sie fort, »der Kaiser hat begehrt, dein Bild zu sehen, und beim Anblick desselben zum Großkonnetabel geäußert, könnte er ebensoviel Weiber von solcher Schönheit bei Hofe sehen, als jetzt Könige daselbst sich finden, so wolle er nie wieder Krieg führen, sondern Europa den Frieden schenken.«
Mit einem Worte, die Vernier sparte keine Worte, wußte alle schwachen Seiten des Vaters wie der Mutter zu ihrer Absicht zu benutzen, brachte es am Ende dahin, daß beide vorläufig die Partie nicht verwarfen.
Wenige Tage darauf war der Speisesaal in der ballspielenden Katze festlich erleuchtet. Herr und Madame Vernier hatten sich als Gäste eingefunden, Heinrich saß bei seiner geliebten Augustine und Joseph Lebas, der sich in sein Geschick ergeben, bei Virginie, die ihrerseits vergessen und vergeben hatte. Herr und Madame Guillaume, zufrieden, daß sich für die ballspielende Katze ein würdiger Nachfolger eingefunden, waren froh und guter Dinge.
Beim Dessert ließ der junge Maler sein Bild bringen und machte es den Eltern zum Geschenk.
Herr Guillaume machte große Augen, als 30000 Franken dafür geboten waren.
»Wie natürlich alles ist!« rief Madame Guillaume, »ich sehe sogar die Haare auf meinem Kinn.«
»Und die Waren!« sprach Joseph, »man möchte sie mit Händen greifen.«
»Alle diese Zeuge so auszubreiten, wird einem Maler gar nicht leicht und erfordert viel Studium.«
»So haben Sie wohl die Waren ordentlich studiert?« fragte der alte Kaufmann.
»Allerdings! insofern jeder Genremaler es muß.«
«Ei! mein junger Freund, wenn Sie Warenkenntnis haben, schlagen Sie ein, hier ist meine Hand! Der Künstler. der Waren studiert, achtet den Handelsstand, und sehen Sie, Handel ist das ganze Leben. Die Welt fing an mit Handel, Adam hat das Paradies für einen Apfel verkauft.«
Er brach in ein lautes Gelächter aus, der Champagnerwein, der um die Tafel herumging, hatte ihn in die heiterste Laune versetzt.
Heinrich von Sommervieux war so glücklich, daß er nicht nur seine Braut, sondern ihre Eltern und Geschwister und alles, was nur einigermaßen mit ihr in Berührung stand, liebenswert fand.
Als die Tafel aufgehoben,
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