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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Streiche, und eine rauhe Stimme rief: »Hund von einem Weibe! Schließt sie in Ketten, wenn sie sich sträubt.« Die Ärmste ward zurückgeschleppt in ihren Käfig und schrie: »Es lebt ein Gott, der die Unschuld rächt!«
    Ich war von Schmerz, Angst und Entsetzen tief ergriffen, ich wußte kein Rettungsmittel mehr als den Tod, die einzige Zuflucht dünkte er mich vor der Marter des Lebens. Das Dasein, zu dem mich der Schöpfer verdammt, schien mir eine Grausamkeit. – Ich beschloß den Selbstmord und wandte zuvor noch einmal meine Seele zu Gott. – Ich konnte innig beten, und zugleich floß ein reuiges Bekenntnis meines sündigen, unsauberen Lebens über meine Lippen. – Da fühlte ich süßen Trost und Linderung. – Oh, wie segensreich ist der Glaube an einen Gott, der über uns wacht; ich ließ in diesem Gedanken meinen tödlichen Wunsch fahren, fing an, meinen Kerker zu lieben und den Willen des Himmels zu verehren, der mich hierher gesandt, wo ich mich selbst finden sollte. Mein Entschluß war, zu leben, zu dulden und zu tragen. – Mein Wärter erschien endlich und brachte mir ein für einen Gefangenen ziemlich reiches Mahl. Ich verlangte Gebetbücher und eine Bibel.
    Auf solche Fälle ist man in Gefängnissen vorbereitet, denn was ist den Wächtern lieber, als die Gefangenen in ihr Schicksal ergeben zu finden?
    Ich erhielt mehr, als ich für den Anfang bedurfte, und beschäftigte mich damit, solange das Tageslicht es mir gestattete.
    So verstrichen drei Tage, und ich hatte mich gänzlich darin gefunden, den Kerker für mein Grab anzusehen, in welchem ich mit dem Gedanken an Gott der Ewigkeit entgegenlebte. Aber es war anders über mich beschlossen.
    Am vierten Tage meiner Gefangenschaft trat mein Kerkermeister zu mir mit einem Diener, der alle Kleider und Habseligkeiten trug, die man mir bei meiner Ankunft hier abgenommen hatte, und er sprach die wunderbaren Worte:
    »Kleiden Sie sich an, mein Herr, Sie sind frei auf allerhöchsten Befehl.«
    Ich gehorchte augenblicklich. Wie heftig schlug mein Herz: kaum vermochte ich ein Dankgebet zum Himmel emporzusenden, und nur mit einem einzigen Blicke schied ich von den Büchern, die mein Kerkerleid zum Trost und Heil umgeschaffen.
    Ehe man mich völlig in Freiheit setzte, mußte ich heilig auf die Bibel schwören, nichts von allem, was ich innerhalb der Mauern erlebt, gehört und gesehen, irgend wem zu veroffenbaren.
    Als ich wieder die freie Luft atmete, war es Nacht, und wie ein Träumender wankte ich durch die Straßen, meiner Wohnung zu. Dort empfing man mich ganz unbefangen. Ich war nur vier Tage ausgeblieben, und niemandem war dies aufgefallen, keiner ahnte von dem, was sich mit mir zugetragen hatte.
    Über meine Rettung erfuhr ich nachmals folgendes: Der König pflegte mit der Dubarry zu Nacht zu speisen, und der Polizeimeister hatte sich am Tage meiner Verhaftung zu diesem petit souper eingefunden, wo gewöhnlich die geheimen Hofgeschlchten, wenn nicht wichtigere Dinge, besprochen wurden.
    Dort hatte er zur großen Belustigung des Königs erzählt, auf welche Weise man mir mitgespielt.
    Die Gräfin aber war höchlich darüber entrüstet, daß ich deshalb zur lebenslänglichen Gefangenschaft verdammt sei, und ließ nicht nach, in den König zu dringen, bis dieser in meine Freiheit willigte.
    Ich ward am folgenden Tage zur Gräfin beschieden. Die Vorzimmer waren mit Supplikanten angefüllt, aber nachdem ich meinen Namen genannt, ward ich bald vorgelassen.
    Durch eine Reihe schöner Zimmer gelangte ich in das Boudoir der Gräfin, die bei ihrer Toilette begriffen war. Schon einmal hatte ich die Paläste der Erdengötter betreten, nach denen sich meine Kindheit gesehnt, aber diesmal mit anderen Empfindungen; ich achtete die Pracht nicht höher als die Alltäglichkeit und hatte ein einfaches Dasein, die behagliche Häuslichkeit lieben gelernt.
    »Mein Herr!« begann die Gräfin mit einem selbstbewußten, spöttischen Lächeln, worin der Stolz auf alle Vorzüge ihres Geschlechts und ihre eigenen sich malte, »man hat Ihnen arg mitgespielt, ich freue mich, daß ich davon hörte, um Ihnen Ihre Freiheit wieder schaffen zu können: dies geschieht aber unter der Bedingung, daß Sie Paris und Frankreich so bald als möglich für immer verlassen.«
    »Glückselig!« erwiderte ich, »wer die Macht, die ihm der Himmel verliehen, wie Sie benutzt.«
    »Sie werden einsehen,« fuhr die Gräfin fort, »daß Indiskretion Ihnen nichts helfen wird, und um so sicherer auf Ihre

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