Lebensbilder II (German Edition)
Ursache haben, sich über mich zu beschweren, je nun, vielleicht wird noch mal was daraus, wo nicht, muß man denn just ein Seladon sein, wenn man heiratet? – Nun! Nun! – Du weißt, meine Frau ist religiös; hör', mein Sohn, geh mit ihr zur Kirche und reiche Augustinen deinen Arm.«
Joseph küßte seinem Prinzipal inbrünstig die Hand, diesem aber war es nicht so wohl ums Herz wie seinem Handlungsdiener. »Was wird Madame Guillaume dazu sagend fragte er sich und wußte keine bündige Antwort darauf.
Beim Frühstück ward Joseph von Madame Guillaume freundlich empfangen; sie wagte sogar einige Scherze über seine Verlegenheit, die ihr übrigens sehr wohl gefiel, weil sie sie für Schamhaftigkeit hielt. Herr Guillaume legte sich aber sogleich ins Mittel, verbat sich alle Anspielungen auf das zukünftige Verhältnis und befahl dem Handlungsdiener, seiner jüngeren Tochter den Arm zu reichen, um sie zur Kirche zu führen. Auch darin wollte Madame Guillaume nur Anstalten erkennen, die der Anstand erforderlich machte.
Unterwegs erzählte Joseph der schönen Augustine viel von den Vorteilen des Kaufmannsstandes, bis sie die Kirche betraten und die Mutter wieder ihre Rechte geltend machte. Virginie mußte sich zu Joseph und Augustine zur Seite ihrer Mutter setzen.
Der Gottesdienst begann, und nur Augustine nahm wenig teil an der allgemein verbreiteten Andacht. Eine Gestalt hinter einem Pfeiler zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich; es war der junge Maler, der keinen Blick von seinem schönen Ideale, das ihm einen seltenen Preis gewonnen, und das er als schöneren Preis zu gewinnen dachte, wandte.
Augustinens seltene Unruhe fiel der Mutter endlich auf: sie folgte mit ihrer Brille Augustinens verstohlenen Blicken, sah die anmutige Jünglingsgestalt hinter dem Pfeiler sehnsüchtig nach ihrer Tochter spähen.
»Augustine!« rief sie, »was soll ich von dir denken? Daß du dich nicht wieder unterstehst, die Augen vom Gebetbuch zu erheben, sonst hast du es mit mir zu tun. Nach der Messe werde ich und der Vater ein Wörtchen mit dir reden.«
Diese Worte waren ein Donnerschlag für das arme Kind. Sie fühlte sich mitten in der Kirche beschämt: Tränen perlten aus ihren Augen auf das Gebetbuch. Sie hatte keinen Mut mehr, weder zu beten, noch das Auge wieder aufzuschlagen.
Der junge Maler wußte nicht, wie ihm geschehen war, da kein einziger Blick seiner Angebeteten ihn ferner traf. – Endlich glaubte er, die Ursache zu entdecken, die falsche, schimmernde Brille der Nachbarin Augustinens wandte sich stets nach ihm hin; voll Unmut verließ der Jüngling die Kirche, aber seine Leidenschaft hatte eine Höhe erreicht, daß er entschlossen war, um jeden Preis sich seine Geliebte zu erwerben.
»Geh auf dein Zimmer,« sprach Madame Guillaume bei ihrer Nachhausekunft zur jüngeren Tochter, »bis du gerufen wirst. Vor allem aber untersteh dich nicht, einen Fuß über die Schwelle zu setzen.«
Beide Familienhäupter ließen sich hierauf in eine Unterredung ein, sie ward sehr heimlich geführt. Augustine zitterte. Virginie aber, von tausend süßen Hoffnungen belebt, tröstete ihre Schwester. Sie schlich sich hinab, um an der Tür des Konferenz-Zimmers zu lauschen. Lange konnte sie nichts von den leise gewechselten Reden verstehen, endrief aber Herr Guillaume ungeduldig: »Aber Mutter, willst du denn dein Kind umbringen? und Virginie eilte zu ihrer Schwester zurück und sagte: »Beruhige dich, Augustine, der Vater nimmt deine Partei.«
Von neuem machte sie sich ans Lauschen, aber diesmal eilte sie nicht so froh und leicht zu ihrer Schwester zurück. Die Eheleute waren heftiger geworden und redeten lauter, und Vlrginie vernahm, daß Joseph nicht sie, sondern seine Schwester liebte.
So war denn nun mit einem Male der Friede in dem sonst so stillen Hause gänzlich zerstört, einer wollte nicht wie der andere. Augustine weinte, Virginie klagte über Kopfweh, Joseph wußte nicht, was er anfangen sollte, die Mutter keifte, und der Vater zuckte über alles die Achseln.
Endlich erschien Augustine zitternd und mit verweinten Augen vor ihren Eltern. Offenherzig erzählte sie ihre ganze Liebesgeschichte: wie der junge Maler sie abends von der Straße aus bei Tische sitzen gesehen und von der Zeit an sich stets bemüht habe, sie wiederzusehen; wie sie ihn im Louvre getroffen, und wie er von der Zeit an ihr Briefchen hatte zukommen lassen, die seine redlichen Absichten und sein gutes Herz hinlänglich verbürgten.
Sie zeigte die
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