Lebensbilder II (German Edition)
Blumen geschmückt. Augustine hatte bisher von diesem Geschmack, von dieser Eleganz keinen Begriff gehabt. »Das ist es vielleicht, was mein Gemahl auch in seinem Hause wünscht,« sprach sie, »und was ich bisher nicht für möglich gehalten; doch kann das mir seine Liebe wiedergeben, so werden sich auch wohl Künstler finden, die mit ihrem Geschmack dem meinigen zu Hilfe kommen.«
Als sie die Zimmer der Gräfin betrat, konnte sie einer aufwallenden Eifersucht nicht Herr werden: sie bewunderte die eleganten Dekorationen, Möbel und Teppiche, jede Unordnung war reizend, die Reichtümer waren mit verschwenderischer Überladung angebracht.
»Jawohl!« seufzte sie, »ein einfaches, redliches Herz genügt einem Künstler nicht.«
Sie wurde angemeldet. Furchtsam und schüchtern trat sie vor die allgewaltige Nebenbuhlerin, welche sie, nachlässig in einer Ottomane ruhend, empfing.
»Wem verdanke ich das Glück, Sie zu sehen?« fragte die Gräfin.
Augustine wußte nichts zu erwidern, denn sie sah eine dritte, unberufene Person neben der Gräfin, einen jungen, schmucken Offizier.
Diese merkte an Augustinens Verlegenheit, daß sie heimlich mit ihr zu reden wünsche.
»Nun denn, lieber Obrist,« sprach sie, »auf Wiedersehen in dem Bois de Boulogne.«
Der Obrist verneigte sich schweigend und ging.
»Madame!« begann Augustine, da sie allein mit der Gräfin war, »mein Besuch dürfte Sie befremden, aber das Unglück und die Verzweiflung haben ihre Eigenheiten und bedürfen der Nachsicht. Ich kann es mir recht gut erklären, woher mein Gemahl Ihr Haus dem meinigen vorzieht, woher Sie eine solche Macht über sein Herz besitzen. – Leider, ich brauche nur an meinen Unwert zu denken, um hinreichende Gründe zu finden. Aber, gnädige Frau, ich bete meinen Gatten an, fünf schmerzvolle Jahre haben sein Bildnis in diesem Herzen nicht ausgelöscht: in meiner Verzweiflung kam ich auf den Gedanken, mit Ihnen einen Wettkampf zu wagen und Sie selbst um die Mittel zu befragen, durch welche ich über Sie triumphieren kann.
O beste, gnädige Frau!« rief Augustlne, und ergriff die Hand der Gräfin, die ruhig sie ihr ließ, »so will ich zu Gott nie um mein Heil beten wie um das Ihrige, wenn Sie mir beistehen wollen, ich will nicht sagen, die Liebe! – nur die Freundschaft meines Galten mir wieder zu erwerben. Alle meine Hoffnung beruht auf Ihnen! Ich beschwöre Sie, wie vermochten Sie es, so ganz sein Herz zu gewinnen?«
Augustine schwieg in Tränen und barg ihr Antlitz ins Schnupftuch.
Die Gräfin, wider ihren Willen von diesem ebenso unerwarteten wie neuen Auftritt gerührt, nahm das Wort.
»Beruhigen Sie sich, liebe, kleine, schöne Frau! – Ich muß Ihnen vor allen Dingen empfehlen, Ihr reizendes Auge nicht durch Weinen zu trüben; vor allen Dingen müssen Sie Ihres Kummers Herr zu werden suchen, denn nur im Anfang leiht uns Schwermut einigen Reiz, aber dauernd welkt sie die Gestalt und gibt unseren Zügen eine unangenehme Härte. Die tyrannischen Männer übrigens begehren, daß wir Sklavinnen ihrer Eigenliebe stets heiter sein sollen.«
»Könnte ich doch meinen Schmerz beherrschen!« rief Augustine, «soll ich es mit Geduld ertragen, daß ein Antlitz, das ehemals von Liebe und Glück in meiner Nähe strahlte, jetzt kalt, fremd, mürrisch und mißvergnügt meinethalben aussieht?«
»Liebes Kind! ich errate jetzt Ihr ganzes Unglück, aber glauben Sie nur, ich bin keine Mitschuldige des Verbrechens Ihres treulosen Gatten. Freilich, ich sah ihn gern bei mir, er zeigte sich nirgends und ist ein berühmter Mann. Schon liebe ich Sie zu sehr, schönes Kind, um Ihnen zu sagen, was er für Torheiten meinethalben beging. Nur eine einzige sollen Sie erfahren, denn sie wird Ihnen ersprießlich sein, ihn für die Kühnheit zu strafen, mit der er sich zu mir drängt. Ich weiß wohl, die Folge davon wird sein, daß er mich in den Augen der Welt kompromittiert; ich kenne die Welt zu wohl, um mich auf die Diskretion eines Mannes von Talent zu verlassen. Als Liebhaber sind sie erträglich, als Eheleute unerträglich, einen Künstler heiraten, heißt, hinter den Vorhang gucken und die bemalte Leinwand in Augenschein nehmen, statt sich in den Logen an der glänzenden Täuschung zu ergötzen. Weil aber bei Ihnen, Liebe, das Übel einmal vorhanden ist, müssen Sie sich dagegen waffnen.«
«Ach, gnädige Frau! als ich ihr Haus betrat, merkte ich schon die Waffen, die Sie zu führen wissen.« »Wenn das ist, besuchen Sie mich öfter. Sie
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