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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Geliebten mordet. Dies Bild bleibt uns, bedenken Sie, wir leben in einer Welt, wo sich nichts Höheres gewinnen laßt als solch ein Bild; es ist mein Trost, indem ich mit tausend, tausend Tränen scheide. Mit grenzenloser Zärtlichkeit
    ewig die Ihre,
    Adele Forget.
    Ich hatte den Brief gelesen, die Wirtin mußte mir einen Sessel reichen, sonst wäre ich zu Boden gesunken. Endlich brach ein Tränenstrom aus meinen umflorten Augen und linderte die Beklemmung.
    Da die Aufwärterin mich so heftig weinen sah, trat sie zu mir und sprach: »Fügen Sie sich, mein Herr, dem, was nicht zu ändern ist. Madame Forget hat, im Falle Sie Geld bedürfen, noch eine Summe für Sie zurückgelassen, die ich Ihnen einhändigen soll.«
    »Verfluchte Kupplerin!« donnerte ich im Zorn die Wirtin an, »glauben Sie, ich durchschaute das Spiel nicht? ich hätte es nicht geahnt? aber ich wagte es nicht zu glauben. Weder war das ein Traum, noch war sie eine Zauberin, sondern ich befand mich wirklich mit ihr in königlicher Gesellschaft.«
    »Mein Herr, ich verstehe Sie nicht, nehmen Sie Ihre Sinne zusammen und reden Sie nicht irre!«
    »Ich rede nicht irre! Aber ich habe ihren Namen ja gehört – verflucht! mein Gedächtnis – hm – hm! – oh, mein Kopf, mein Kopf!«
    »Barmherziger Gott! das ist ja der helle Wahnsinn.«
    Aber in diesem Augenblick war mir der Name eingefallen, und mit gellender Stimme schrie ich: »Herzogin ***.«
    Ich hatte nicht geträumt, nur der Schlaftrunk hatte mich so betäubt, daß ich zu träumen wähnte, daß, als ich erwachte, mir jene Nacht jahrelang verstrichen schien. Ich war wirklich auf einem Feste zugegen gewesen, das der König seiner schönen Geliebten gab, und hatte es leider zu früh verlassen müssen, ehe die Schauspiele, Ballets, Feuerwerke, die sich später einander verdrängten, ihren Anfang genommen.
    Wie der Name kaum meinen Lippen entflohen war, verlor die Wirtin alle Fassung.
    »Barmherzigkeit, mein Herr!« rief sie. »Bedenken Sie. wie jene Dame Sie liebte, was sie für Sie tat, und nur lebte, alle Ihre Wünsche mit Aufopferung ihrer Ehre zu erfüllen.«
    »Und wie ich sie liebe, soll sie bedenken, und daß ich nichts bedenken werde als diese Liebe. Mit ihrem Verlust ist mir mein Leben gleichgültig, sie muß mir Gift geben, wie sie mir den Schlaftrunk gab, oder mich ferner lieben.«
    Die Wirtin antwortete hierauf: »Gut, gut! mein Herr, beruhigen Sie sich nur, bedenken Sie, welche kostbare Ehre hier auf dem Spiele steht. Alles, was Sie wünschen, muß geschehen.«
    »Liebe oder Tod!« rief ich, »eins von beiden. Aber Entscheidung! heut noch Entscheidung!«
    »Bei so bewandten Umständen«, versetzte sie, »muß geschehen, was Sie wünschen, je eher, je besser: warten Sie nur eine halbe Stunde.«
    Sie ließ mich allein in dem Zimmer, das mir so oft der Schauplatz von Seligkeiten war – ich fühlte mich ruhiger, als ich jemals noch gewesen, denn ich dünkte mir ein Mann von entschiedenem Entschlüsse.
    Eine halbe Stunde war verstrichen. Niemand kam: mit mäßigen Schritten ging ich im Zimmer auf und nieder; noch eine Viertelstunde verging, und ich verlor die Geduld. Ich eilte zur Tür, sie war fest verschlossen und verriegelt, die Fenster gingen nach dem Hofe hinaus. Kein Mensch war sichtbar, niemand konnte mich hören, wenn ich rief. Ich wollte eben mit all meiner Kraft die Tür sprengen, da hörte ich es leise rauschen, klirren: die Schlösser wurden geöffnet, und ein Polizeileutnant mit Häschern trat ein, zeigte mir einen Verhaftsbefehl vor, und im selben Augenblick ward ich von den Häschern mit Henkergriffen gepackt und gebunden, mein Mund wurde mit Tüchern verstopft. Als man mich fortschleppte, flüsterte mir die Wirtin zu: »Ei, mein Herr, wie diskret sind Sie mit einemmal geworden. Ja, Sie sind ein Muster eines heimlichen Liebhabers, Sie sind nicht stumm, und dennoch wird es Ihnen unmöglich, von Ihrer Geliebten zu schwatzen.«
    Ich ward in eine dichtverschlossene Kutsche gebracht. Ein Häscher saß neben mir, und wir fuhren lange, bis ich eine schwere Pforte öffnen hörte und aus dem Hallen des Wagens schließen konnte, daß wir durch einen Torweg fuhren.
    Hier wurde der Kutschenschlag geöffnet. Ein Graukopf mit einem großen Schlüsselbunde ging vor uns her; er geleitete mich in ein ärmliches Zimmer, in welchem sich nichts befand als ein Stuhl, ein Tisch und ein schlechtes Bett. Meine Bande wurden mir genommen, und da mein Mund wieder frei, bat ich, daß man mir behilflich sein

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