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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Wirklichkeit, laß uns Schlösser bauen in so reizenden Gegenden, uns selbst aber herrlich schmücken, um ganz zu vergessen, daß wir noch Menschen sind. Und haben wir selbst uns genug gelebt, dann laß uns mit unserer Liebe vor allen Königen und Großen uns prahlen und sehen, ob der Glanz ihrer Umgebung sich mit der unseren messen kann. Ach, nur Proben, nur den leisesten Vorschmack von all demjenigen, was du sein könntest, gewährtest du mir bisher – aber ich liebe dich und alles, was du bist. Kannst du Wunder tun, tue sie, doch so, daß ich's weiß. Stehn dir Zaubermächte zu Gebote, walte vor meinen Augen darüber, aber reize meine glühenden Wünsche nicht langer durch träge, allmähliche Enthüllung, sonst wird es zu spät, und ehe du dich ganz offenbart und ich dein ganzes Wesen liebe, hat die Sehnsucht schon mich verzehrt.« – Ach, hatte ich diese Worte doch nie gesprochen, denn sie beschleunigten mein Unglück und waren der Anlaß, der uns auf ewig feindlich trennte. – Aber meiner Geliebten waren solche leidenschaftliche Ausbrüche sehr willkommen, und es schmeichelte ihr, daran wahrzunehmen, wie sehr ich sie liebte. Sie gestand mir mit einer Art von Rührung ein, daß wir auch darin aufs innigste sympathisierten, daß sie oft eben so empfände wie ich, daß eine bange Beklemmung sich ihrer bemeistere, die sie zu Tränen brächte, ohne daß sie wüßte, wie und warum; mich nannte sie dann die einzige Versöhnung mit ihrem Dasein.
    Oh, hätte ich sie doch damals besser begriffen, in diesen ihren Worten war gleichsam alle Ursache ihres grausamen Spiels mit mir verborgen.
    Ein Mohr erschien in diesem Augenblick, um das Abendessen aufzutragen. Es bestand in Trauben, Feigen, Datteln, Geflügel, Backwerk und süßen Weinen, alles war auf kostbaren Muscheln zierlich geordnet und paßte ganz zur Umgebung. Meine Geliebte nötigte mich, eine Schale Wein auf ihr Wohl zu leeren. Ich tat es, aber vermutlich war ein Schlaftrunk in dem Wein. Meine Besinnung war betäubt. Ich erinnere mich nur noch, welche vergebliche Gewalt ich mir antat, um das Gähnen zu unterdrücken, und wußte bald gar nicht mehr, was um mich vorging. – Ein heftiges Rütteln gab mir einen Teil meiner Besinnung wieder, meine Geliebte drang mit heftigen Schwüren und Bitten in mich, ja zu schweigen und kein Wort zu reden, was ich auch sehen werde, denn sie sei gesonnen, einen Teil meiner Wünsche zu erfüllen.
    Ich saß in einem Wagen, der ziemlich rasch zufuhr, und da ich an meinen Leib fühlte, fand ich mich in einen leichten Harnisch gekleidet, hatte einen Helm auf mit geschlossenem Visier, unter dem eine große Allongeperücke hervorquoll und über Schulter und Nacken floß. – Der Wagen hielt vor einem glänzend illuminierten Portal. Wir stiegen aus, traten in einen herrlich glänzenden Palast ein, in dessen prächtigen Zimmern wir über kostbare Teppiche schreiten mußten. Wie im Traume schwebte mir alles Blendende vorüber; ich kann die Zimmer nicht weiter beschreiben, als daß sie von Silber und Gold strotzten, daß herrlich geschmückte Schenktische, Pyramiden von Lichtern, Blumengewinde, Kristallkronen und Marmorstatuen und Büsten überall angetroffen wurden, wohin man blickte. Ein Schwarm von Masken empfing die Eintretenden. Meine Geliebte wiederholte mir das Gelübde des Schweigens. Sie bedurfte dessen nicht. Meine Besinnung war viel zu dumpf, als daß ich vernünftige Worte hätte zusammensetzen können. Die kreischenden Maskenschwärme neckten uns der Stummheit halber; doch ich erinnere mich nur, daß sie uns schwarze Automaten nannten, denn ich stellte einen Trauerritter mit seiner Dame vor, und alles war schwarz an mir, bis auf die Perücke, und an meiner Gefährtin bis auf Arme, Nacken, Kinn und Haar, welches durch den Flor hindurchschimmerte. Als wir die Säle durchschritten, gelangten wir zu einem großen Garten, der ebenfalls hell erleuchtet war, so daß das gekappte Laub wie smaragdene Wände sich glänzend vom dunklen Nachthimmel abhob; Fontainen sprangen darin, und Lampen und Spiegel, die dahinter angebracht waren, gaben ihnen vom Saale aus das Ansehen, als ob sie Feuer und bunte Strahlen spieen. – Mit einem Male wurde: Platz! Platz! gerufen. Aus dem Garten kam ein Maskenaufzug her, den Hof Karls VII. darstellend. – Ich hätte geglaubt, mich in jene Zeiten versetzt zu sehen, wären nicht alle Anzüge, trotz dem Ansehen der Rittertracht, modisch gewesen. Die Ritter alle trugen Allongeperücken und Stoßdegen, wie

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