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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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und Schmelz, und sie hatte ein Kleid vom Golde strotzend an, ihr Schmuck wog ein Fürstentum auf. Ein anderes Mal war aber auch die Umgebung einfach, ja dürftig: meine Angebetete trug die Kleider einer Savoyarde, um ihren zarten Gliederbau und ihre weiße Haut noch rührender erscheinen zu lassen; oft auch war sie zur Abwechselung wieder die zärtliche Hausfrau und die Liebe und Güte selbst. Für mich hatte aber die Woche nur zwei Tage und diese nur wenige Stunden. Im übrigen marterte ich mich mit dem Bestreben ab, die Zeit und mich ganz zu vegessen.
    Damals geriet ich einstens auch an einen grünen Tisch. Ich pointierte eine Kleinigkeit und gewann, ich wagte größere Summen, das unbeständige Glück schien vor lauter Unbestand mir einmal beständig sein zu wollen. Ich brachte eine große Summe in Gold und Banknoten mit nach Hause. Dort zählte ich meinen Gewinn. Er schien mir zuzureichen, alle meine Schulden zu tilgen. – Ich machte ein Verzeichnls derselben nebst den übermäßig hohen Zinsen, und zu meinem Erstaunen traf die Summe meiner Schulden auf Heller und Pfennig mit meinem Gewinne zu.
    Was sollte ich dazu sagen? War dies ein Zufall, der in keinem weiteren Zusammenhang mit meinem übrigen Glücke stand, oder war meine Geliebte wirklich eine Zauberin, die jedweden Umständen gebot, mir günstig zu sein, und ihnen auftrug, ihren schalkhaften Liebesgruß zu bestellen? – Man halte mich weder für einen kopf- noch herzlosen Menschen, wenn ich erzähle, daß ich damals wirklich anfing, an Zauberei zu glauben; berücksichtige lieber die gewaltige Wirkung so vieler seltsamen Ereignisse, vor allem aber, daß dieser Glaube mir den Besitz meiner Geliebten sicherte. Das Glück hat eine zu große Rednergabe, zumal wenn es seine Gunst verheißt denen, die an seinen Glaubenspredigten hangen. Am andern Tage hatte ich mir lauter Gold eingewechselt, welches hoch aufgestapelt auf meinem Tische lag. Meine Gläubiger waren herbeschieden, um meine ganze Rechnung mit ihnen zu schließen. Da aber behaupteten alle, ich sei ihnen nichts schuldig, und boten mir noch dazu eine beliebige Summe zur Benutzung an. Anfänglich war mir das ganze Benehmen der Wucherer nur lächerlich, da aber jeder versicherte, gegen meinen Vater Verbindlichkeiten zu haben, jeder die Dankbarkeit auf seinen Sohn zu übertragen wünschte, jeder sich vor dem andern als der solideste Wechsler anpries, jeder von Barmherzigkeit sprach und sich das Ansehen gab, als wolle er mir die Summe schenken, – da verlor ich endlich die Geduld und jagte alle mit Verwünschungen und Drohungen zum Hause hinaus. Meine Geliebte, der ich alles erzählte, lachte herzlich darüber und sprach: »Endlich werden Sie doch einsehen, daß Sie ein Kind des Glückes sind, denn unmöglich können Sie von mir glauben, daß ich mit einem verworfenen Spieler gemeinschaftliche Sache mache.« – Von ihrem geringen Reichtum sprach sie nicht mehr, denn was an die Ausstattung der Zimmer verwendet worden und ihr Schmuck verrieten ein mehr als fürstliches Vermögen. –
    Als ich sie in der Folge einmal wieder besuchte, fand ich ihr Zimmer künstlich wie eine Laube ausgeschmückt. Den Hintergrund, der Tür gegenüber, bildete ein Gemälde von amerikanischen Wilden, die sich um ein Feuer herum gruppiert hatten. Sie befanden sich in einem dichten Urwalde. Durch breite Stämme und dichtverworrenes Laub brach das Licht nur in dünnen Strahlen, um die wundersamen Blätter goldig zu säumen und gleißend auf den Rücken schillernder Schlangen, Kröten und Gewürme zu spielen. Dies alles aber zog meine Blicke nicht dermaßen an wie meine Huldin selbst. Sie war als Wilde gekleidet. Ein Schmuck von hohen Federn reihte sich rings um ihr schönes Haupt, dessen blonde, schwere Locken fast den Boden berührten. In den Ohren trug sie Goldbleche und um den Nacken goldene Ketten. Ihr Kleid schien ebenfalls aus Vogelfedern zu bestehen. Ich hatte sie noch niemals so reizend erblickt, dennoch aber erwachte bald der finstere Geist des Unmuts wieder in mir, und zwar quälender, niederdrückender als je. Mich wollte bedünken, daß meine Geliebte immer noch viel zu wenig für mich täte, und ich warf mich ihr zu Füßen und rief aus: »Wunderbares Wesen, wer du auch bist! Hast du Wunderkräfte, warum mit solchem Tand, mit dieser herausgeputzten Alltäglichkeit dich befassen? Zeig mir die Wunder selbst, die Urbilder dieses Flitterstaates wirklich. Hast du unermeßliche Reichtümer, so mache diese Pracht zur

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