Lebensbilder II (German Edition)
Einwilligung ihr aufzulegen schien.
Nach Verlauf einer Woche gab ihr ihre Mutter einen Wink. Ginevra hielt ihr Ohr hin und flüsterte leise: »Ich habe mit deinem Vater gesprochen, er ist mit allem zufrieden, führ' deinen Bräutigam nur her, wann du willst.«
»Mutter!« klagte Ginevra, »wie wird das werden, so oft ich von meinem Bräutigam zu reden anfing, läßt mich der Vater nicht zu Worte kommen?«
»Du hörst ja, er ist mit allem zufrieden, und heut hat er seine beste Laune.«
»Wenn's nun sein Todfeind wäre?«
»Wenn's auch der schmiegsamste Höfling des Königs ist.«
»Wenn auch ein Porta?«
»Ein Porta? – Kind du erschreckst mich, doch die Portas sind ja alle tot.«
»Mutter!« rief Ginevra, »mir wäre besser, ich hätte nie meinen Bräutigam gesehen, das Unglück hätte nie ihn mir näher gebracht, nie hätte seine Verzweiflung mich gerührt, und nie hätte ich gewußt, daß ich sein guter Engel bin! Dies alles ist nun geschehen, und wahrlich! ist der Vater eigensinnig oder Sie – ich werde es auch sein – denn ich habe zehnmal besseren Grund dazu.«
»Ginevra – wär's möglich – nein, doch, nein, wie könnte es sein?«
So rief die Baronesse erschrocken, aber Ginevra war bereits aus dem Zimmer und hatte auch bald das Haus verlassen.
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Auf dem Atelier erzählte sie ihrem Freunde, welch einen Kampf sie seinethalben mit dem Vater gehabt, und als dieser die herrliche Braut umarmen wollte, wies sie ihn sanft zurück. – »Es wartet noch etwas bei weitem Schlimmeres im Hintergrunde,« sprach sie.
»Was?« fragte Luigi.
»Ich habe es dem Vater nicht gesagt, Ihnen will ich's auch nicht sagen, ich werde sehen, welcher von beiden Männern Ginevra am meisten liebt.«
»Sie sind mir ein Rätsel. Wollen Sie mich auf die Probe stellen? halten Sie es für nötig? immerhin! doch nein! das sieht Ginevra nicht ähnlich. Sie sind zu stolz, um eines Argwohns fähig zu sein, wo Sie lieben.«
»Das Schicksal stellt Sie auf eine Probe, mein Freund! ich wahrlich nicht!«
Luigi stand eine Weile stumm, dann sich ermannend, rief er: »Ich habe in blutigen Schlachten nicht gezittert, ich ging dem feuerspeienden Tode entgegen, der ganze Kolonnen niederriß, und verlor den Mut nicht, als ganze Bataillone in dem Eis der Beresina erstarrten. Jetzt zittere ich, denn ich soll Ginevra verlieren!«
»Beweisen Sie's, daß Sie mich lieben!«
»Oh. Sie mißtrauen mir dennoch!«
»Folgen Sie mir,« sprach Ginevra und reichte Luigi den Arm. Er führte sie zu ihrem Wagen, hob sie hinein und setzte sich zu ihr.
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Finster und kalt, mit gefalteter Stirn und Brauen, saß Bartholomeo schon wieder in seinem Lehnstuhl und harrte seiner Tochter.
Diese trat ein nebst ihrem Bräutigam und redete zu ihren Eltern: «Ich bringe Ihnen jemand, der Ihre Liebe verdient, selbst wenn er ihr Todfeind ist.«
Mit militärischem Anstand, aber furchtsam und schüchtern, im Bewußtsein, ein besseres Glück zu verdienen, als ihm gegenwärtig geworden, stand Luigi Porta vor dem Alten, dessen bewegliches Auge von oben bis unten ihn maß. Es war dies das einzige Zeichen des Lebens, man hätte ihn sonst für ein Marmorbild gehalten.
Endlich fragte er: »Sie haben dem Kaiser gedient?«
»Mit Leib und Seele.«
»Wie kommt's, daß Sie nicht dekoriert sind?«
»Seit dem 8. Juli trage ich die Ehrenlegion nicht mehr.«
Ginevra, über diesen Empfang unwillig, holte einen Stuhl herbei und nötigte Luigi mit ungewöhnlicher Zartlichkeit, die zugleich ihn besänftigen und der Rauheit des Vaters trotzen konnte, Platz zu nehmen.
Der Vater hatte den Jüngling unverwandt angeblickt.
»Mein Herr,« begann er wieder, «ich bin geradeaus, wie ein Korse! Sie gefallen mir, und alles wäre mir recht – nur gewisse Züge – mit einem Worte – eine vermaledeite Ähnlichkeit mit den Portas empört mein Innerstes. Frau, was sagst du?«
»Ich bin ein Porta!« versetzte der Jüngling.
»Unglücklicher, wärst du Luigi Porta?« rief der Greis mit fürchterlicher Stimme und leuchtenden Blicken. –
»Der bin ich! Ich dächte, Ihre Tochter hätte Ihnen gesagt.«
»Er ist es« – versetzte Ginevra und faßte seine Hand. Bartholomeo war keines Wortes mächtig – er stand auf – und wankte – faßte die zitternde Gattin beim Arm und zog sie mit Blicken des Entsetzens zur Tür hinaus.
Bleich und unbeweglich wie eine Bildsäule starrte Ginevra ihren Eltern nach.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Luigi
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