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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Spedition ist grade gekommen. Ich muss auflegen. - Nein, diese
Spedition fährt auch über Nacht. - Ich weiß nicht, was das kostet, Mama. Ist
das jetzt wirklich wichtig? - Ich wünsche dir einen schönen Abend. Entspann
dich! Mach dir keine Sorgen! Ich rufe dich in den nächsten Tagen aus Amsterdam
an. - Nein, Mama! Ich rufe an, wenn ich mich eingerichtet habe. - Ich lege
jetzt auf! - Auf Wiederhören, Mama!“
Tony stellte das Telefon behutsam auf die Ladestation zurück.
    „Guten Abend,
Liebes.“ Nora eilte zu Tony und zog sie in eine fürsorgliche Umarmung. Eine
überraschend mütterliche Geste, von einer Frau, die jünger aussah als sie
selbst.
„Machen deine Eltern sich große Sorgen? Vielleicht wäre es besser, wenn du sie
persönlich besuchst, bevor du umziehst. Du könntest ein paar Tage bei ihnen
bleiben. Später wirst du, nun ja, ein wenig angebunden sein.“
Tony schüttelte sich, als wollte sie so die negativen Gefühle loswerden, die
das Gespräch mit ihrer Mutter hervorgerufen hatte. Sie wusste, es war
Margarethe Lembergs erklärte Absicht, Zweifel an der Richtigkeit ihrer
Entscheidungen zu wecken. Dabei hatte ihre Mutter keine Ahnung, wie ihre
Zukunftspläne tatsächlich aussahen.
    „Das hat keinen
Sinn“, wehrte sie ab. „Meine Eltern sind überzeugt, dass Lukas mich außer
Landes verschleppt, um irgendwelche nicht näher benennbaren Schandtaten an mir
zu verüben. Nichts auf der Welt würde sie davon abbringen.“
Lukas und sein Vater tauschten einen Blick. „Wenn das der Fall ist“, bemerkte
Johann trocken, „könnte man sie beinahe für hellsichtig halten.“
Lukas versuchte, sich das Lachen zu verkneifen – und scheiterte kläglich.
Nora warf den Männern missbilligende Blicke zu. „Eure Vorstellung von Humor ist
nicht sonderlich hilfreich. - Du musst dir darüber im Klaren sein“, gab sie
Tony zu bedenken, „dass die Situation nach eurer Vereinigung nicht besser wird.
Im Gegenteil. In ein paar Jahren wirst du den persönlichen Kontakt zu deinen
Eltern vollständig aufgeben müssen. Sie bemerken sonst, dass du nicht alterst.
Vielleicht bereust du dann, nicht mehr Zeit mit ihnen verbracht zu haben.“
„Ich bereue es jetzt schon.“ Tony seufzte. „Aber das ändert nichts.“
     
    Lukas und Tony
erreichten ihr Ziel in den frühen Morgenstunden.
Lukas hatte in einer öffentlichen Garage einen Stellplatz gemietet. Die
Hoffnung im Jordaan, einem der ältesten und malerischsten Viertel Amsterdams,
einen legalen Parkplatz zu finden, wurde in den seltensten Fällen erfüllt -
nicht einmal um fünf Uhr morgens. Mit ihrem leichten Gepäck war es kein
Problem, die wenigen Hundert Meter zu laufen. Sie beide kannten diese Straßen,
hatten hier vor Kurzem ein wundervolles Wochenende verbracht.
Das Hausboot, das für die nächsten Jahre ihr Zuhause sein sollte, lag da, wie
sie es verlassen hatten. Die wenigen Kisten mit ihrem Gepäck, welche die
Spedition bereits im Wohnzimmer abgeladen hatte, bildeten die einzige
Veränderung.
Das Boot war eine Art Hochzeitsgeschenk von Lukas Eltern.
Oder, besser gesagt, das Boot, ein ausgebauter ehemaliger Lastkahn, war ein
richtiges Geschenk. Nur die Sache mit der Hochzeit würde ein wenig anders
ablaufen.
     
    Draußen ging die
späte Dämmerung eines verregneten Februartages in den Vormittag über. Lukas und
Tony saßen sich kniend auf dem großen, runden Bett gegenüber. Um den Hals trug
sie nur eine lange, feingliedrige Kette, an deren Ende ein länglicher Anhänger
zwischen ihren kleinen, festen Brüsten hing. Lukas griff nach dem Schmuckstück,
drehte das fingerdicke Röhrchen, bis ein Klicken ertönte, und hatte plötzlich
zwei Teile in der Hand. Eines befand sich noch immer am Ende der Kette.
    „Gib mir deine
Hand!“
Mit betonter Sorgfalt schob Lukas das zweite Metallstück über den Zeigefinger
von Tonys rechter Hand. Dort saß es wie ein Fingerhut, der aber da, wo der
Fingernagel war, einen kleinen, spitzen Dorn aufwies. Ein winziges, sehr
scharfes Messer.
„Schneide dich nicht“, mahnte er leise.
Tony schüttelte den Kopf. Das Herz klopfte hart in ihrer Brust. „Was - ich
meine - wie geht das jetzt vor sich?“
„Es ist Brauch, dass die Gefährtin beginnt.“ Er neigte den Kopf zur Seite und
beugte sich vor, damit sein Hals auf der Höhe ihres Mundes war.
Tony betrachtete Lukas Hals so genau wie nie zuvor. Sie hatte gedacht, es
müsste schwierig sein, den Verlauf seiner Adern auszumachen. Doch zweifellos
war Lukas ebenfalls aufgeregt. Sie sah

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