Lebenselixier
das im Moment völlig über. Die allermeisten Bluttrinker leben viele
Jahrhunderte und sogar Jahrtausende mit ihrer Gefährtin.“
Tony gab ein unwilliges Brummen von sich und versank in brütendem Schweigen.
Lukas begann sich ein wenig zu entspannen. Er überlegte, wie er ihr tröstend
zureden konnte. Unvermittelt blickte sie auf.
„Das ist gar nicht mein Problem, oder?“ Offenbarung blitzte in Tonys
grauen Augen. „Warum solltet ihr Jungs auch etwas dermaßen peinlich finden, was
mit uns Frauen zu tun hat? Es kommt nicht nur darauf an, wann ich fruchtbar
bin, nicht wahr? Ihr Jungs habt da irgendein ganz spezielles Problem!“
Lukas kniff die Lippen zusammen und starrte stur geradeaus. Bei allen Teufeln
der Hölle! Tony kam der Wahrheit viel zu nahe.
„Ich hab recht, oder? Was ist es? Na los, sag es mir schon! – Mein Gott, Lukas,
das ist lächerlich. Ich bin deine Frau. Vor mir brauchst du dich doch nicht zu
genieren.“
Tony hatte kaum zu Ende gesprochen, als sie erschrocken zurückzuckte. Lukas
wirkte nicht länger unwillig und gequält. Seine Körperhaltung drückte nur eines
aus: nackten Zorn! Seine Augen glühten, sein Blick schien sie aufzuspießen.
„Ich geniere mich nicht, Tony! Darüber gibt es keine Diskussion! Ich
sage dir, dass wir in absehbarer Zeit keinen Sohn haben werden. Und du hast
richtig geraten: Es liegt an mir! Es liegt an mir zu entscheiden, ob ich
willens bin Nachwuchs zu zeugen oder nicht! Und nur um das klarzustellen: Dazu,
dass ich einen weiteren Bluttrinker in die Welt setzte, kommt es sowieso erst,
wenn die Hölle zufriert! Damit kannst du dich ruhig schon mal einrichten!“
Nie zuvor hatte Tony ihn so erlebt. Eisige Schauder flossen ihren Rücken hinab.
Er jagte ihr Angst ein, zumindest ein Augenblick lang. Was zurückblieb war ein
ausgesprochen mulmiges Gefühl.
Nicht, weil sie sich vor Lukas fürchtete. Sie war sich jetzt absolut sicher, dass
es da etwas gab, wovon sie nichts wusste. Etwas wirklich Wesentliches, das
Lukas unter allen Umständen von ihr fernhalten wollte.
Bei der nächsten
Raststätte fuhr Lukas raus, suchte einen ruhig gelegenen Parkplatz und
entschuldigte sich sehr ernsthaft für seinen Ausbruch. Er hatte sich eine
Litanei von Argumenten zurechtgelegt, die er ihr der Reihe nach vortrug.
Sie brachte durchaus Verständnis für Lukas Zögern auf. Natürlich war es eine
Entscheidung, die wohl überlegt sein wollte, ob man ein Kind in die Welt
setzte. Allerdings gelang es ihr nicht, Lukas Argumente nachzuvollziehen. Ihrer
Beziehung lag eine Beständigkeit zugrunde, die weit über die Sorge um
gemeinsamen Nachwuchs hinausging. Wenn es irgendein Paar gab, das sich keine
Gedanken darüber zu machen brauchte, ob sie die zwei Jahrzehnte, die es dauern
mochte, einem jungen Mann einen guten Start zu geben, auch tatsächlich zusammen
verbringen wollten, so waren das ein Bluttrinker und seine Gefährtin. Wenn es
diesbezüglich für Lukas Zweifel gab, hätte er besser vor einem halben Jahr
nachdenken sollen. Bevor er sein Leben von ihrem Blut abhängig machte.
Dass Lukas glaubte, sie besäßen nicht genug Geld, konnte sie ebenso wenig
verstehen. Natürlich waren sie nicht so wohlhabend wie ihre Schwiegereltern. Aber
Kinder brauchten doch keine seidenen Laken, um glücklich zu sein! Und
schließlich hatten sowohl Johann und Nora als auch Lukas selbst betont, dass
seine Zeit im Internat gerade aus diesem Grund so wichtig war: Seine Eltern
hätten ihn zu sehr verwöhnt.
Nun, das würde ihrem Kind dann wohl nicht passieren.
Lukas bestritt vehement, es könnte irgendetwas geben, was er ihr vorenthielt.
Zugleich leugnete er seine eben erst so herrisch geäußerte Absicht, überhaupt
keinen Nachwuchs zu bekommen. Tony war klar, dass sie so nicht weiterkam.
Wie immer hieß
Nora ihre Schwiegertochter ebenso herzlich willkommen wie ihren Sohn. Johanns
Wesen war Überschwang fremd. Doch auch ihm war die Freude, und vor allem der
Stolz auf Lukas anzumerken.
Woher hatte Lukas nur diese negative Einstellung zu Kindern?
In ihrem
großzügigen, mit Antiquitäten ausgestatteten Esszimmer servierte Nora einen
gewohnt leckeren Imbiss, während Lukas seinem Vater Bericht erstattete, über
die getöteten Bluttrinker und über Thomas rätselhaftes Verschwinden.
Tony klang ruhig und gefasst, als sie eine Gesprächspause nutzte.
„Nora, ich möchte dich etwas fragen. Vielleicht auch dich, Johann.“
Lukas Miene verfinsterte sich augenblicklich. „Nein!“, fuhr er sie an. Sein
Tonfall
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