Lebenselixier
Lukas tust, seit einem Jahr, ist, ihn zu nähren, Tony! Es ist nun mal so,
dass es einen ganz entscheidenden Unterschied gibt, zwischen der Art, wie
Bluttrinker sich ernähren, und der Art, wie sie sich fortpflanzen.“
Johann schaltete
auf dem Weg durch den Keller kein Licht ein. In der sorgfältig verschlossenen
Kammer, die sein Ziel war, gab es nicht mal eine Lampe. Was der Jäger hier
aufbewahrte, war ohnehin nicht für die Augen Sterblicher bestimmt.
Auf der linken Seite, vor der feuchten Kellerwand, stand ein mit Schnitzereien
versehener Sarg aus dunklem Holz, ein Überbleibsel aus vergangenen
Jahrhunderten. Die Stirnseite nahm ein altmodischer Schrank mit vom Staub
blinden Glastüren ein.
Lukas ließ sich
auf dem Sargdeckel nieder, während sein Vater mit einem umfangreichen
Schlüsselbund hantierte. Lukas Handflächen fühlten sich feucht an. Er wischte
sie an den Hosenbeinen ab. Dumpfer Ärger auf Tony erfüllte ihn. Er wollte sich
hiermit nicht auseinandersetzen, und er sah auch keinen nachvollziehbaren Grund
dafür. Was war nur in diese Frau gefahren?
Inzwischen fand Johann
den passenden Schlüssel. Bücher, ein paar Fläschchen und Schatullen kamen zum
Vorschein. Seine Finger glitten über alte, lederne Buchrücken. Schließlich
griff er nach einem dünnen, im Vergleich schmucklosen Einband.
„Es gab damals Leute, die behaupteten, Thomas de Turrecremata habe diese
Zeichnungen persönlich angefertigt.“
Lukas nahm den Band entgegen und schlug ihn auf .
„Die Dämonen der Finsternis“ , übersetzte er die lateinischen Lettern auf
der ersten Seite. Er blätterte weiter, bemühte sich um einen leichten Tonfall.
Allerdings merkte er selbst, wie gepresst seine Stimme klang.
„ Die Begattung durch den Dämon. - Torquemada, ja? Jeremias hatte die
gleichen Zeichnungen als Dias. Ist es legal, dass du so was im Keller rumliegen
lässt?“
„Offiziell wurde dieses Buch vor über zweihundert Jahren vernichtet, damit es
nicht in falsche Hände gelangen kann. Es ist absolut illegal. Aber du sagst, du
willst Tony abschrecken ...“
„Du hältst davon nichts?“
„Ich glaube nicht, dass es funktioniert.“
Johann trat neben seinen Sohn, ließ sich auf dem Sargdeckel nieder und lehnte
sich gegen die Wand.
„Wenn du bereit bist, von mir einen Rat anzunehmen ...“
Lukas seufzte und ließ den Rücken ebenfalls gegen die klammen Bruchsteine
sinken.
„Ernsthaft? Ich bin schließlich der Beweis dafür, dass es dir nicht gelungen
ist, Nora diesen Blödsinn auszureden.“
Johann stieß ein abgehacktes Lachen aus. „Im Nachhinein kann ich behaupten,
dass ich in meinem Leben größere Dummheiten begangen habe.“
„Ich nehm´s als Kompliment.“ Lukas grinste seinen Vater von der Seite an.
„Tony ist eine gebildete, moderne Frau. Du solltest vernünftig mit ihr reden.
Ihr beiden seid noch sehr jung. Und sie muss schließlich kein Kind bekommen,
bevor sie dreißig wird. Dafür ist mit dreihundert noch Zeit. Versuch ihr das
klar zu machen!“
Lukas schüttelte resigniert den Kopf.
„Das ist im Augenblick haargenau das falsche Argument. Jedenfalls solange
Thomas nicht lebendig wieder auftaucht. Glaubst du nicht, dass ich es auf der
Schiene zuerst versucht habe?“
„Einen blutsverbundenen Menschen zu verlieren ist eine Tragödie, für jeden, den
es trifft. Es tut mir auch persönlich leid, wegen Jan. Aber Tony wird, wenn sie
ein wenig Abstand gewonnen hat, begreifen, wie viel Zeit euch beiden zur
Verfügung steht.“
„Sie verhält sich im Moment völlig irrational. Muss wohl an irgendwelchen
Hormonen liegen. Anders kann ich mir das nicht erklären.
Ich hab ihr gesagt, ich bin noch zu jung, hab meine Ausbildung nicht fertig.
Ich könnte ja nicht mal das Schulgeld für die Burg aufbringen. Darauf wollte
sie sich überhaupt nicht einlassen. Da geht es ihr wie Nora. Sie fände es
besser, wenn unser Sohn gar nicht zu Jeremias ginge. - Teufel, jetzt rede ich
schon wie sie, als gäbe es tatsächlich ein Kind. - Ich meine, selbst wenn wir
das konsequent durchziehen, könnte es Jahrzehnte dauern, bis es funktioniert.“
Lukas stöhnte. Das war jetzt wirklich ein Albtraum! „Die ganze Sache macht mich
total verrückt.“
Er berührte den Einband des Buchs, das er neben sich auf den Deckel gelegt
hatte. „Ich muss ihr zumindest klarmachen, auf was sie sich da einlassen will.
Soll sie etwa die Transformation erst in natura zu sehen bekommen?“
„Nein, das kann ich nicht empfehlen.“ Johann seufzte. „Es war unfair
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