Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)
hält sich in Grenzen, das Essen besteht meist aus deutscher Hausmannskost, wobei besonders die muslimischen Mitschüler einen Großteil der Zeit damit verbringen werden, Kassler und fetten Speck aus der Erbsensuppe zu fischen. Morgens gibt es steinharte Weißmehlbrötchen mit Nutella-Ersatzstoff im Gruppensaal, beschienen vom klinischen Licht flackernder Leuchtstoffröhren. Abends lässt man den Tag dann bei ungesüßtem Hagebuttentee und Cervelatwurst auf Roggenmischbrot ausklingen. Größere Ausflüge sind nicht vorgesehen. Kleinere auch nicht. Eigentlich kann man neben dem Freizeitpark nur die Kartbahn besuchen, was aber oft damit endet, dass eine angetrunkene Clique von Fünfzehnjährigen durch die Wellblechwand brettert und knatternd in der Sumpfwiese verschwindet.
Unterbringung
Hier übernachtet man nicht in der Jugendherberge oder im Hotel, sondern im »Schullandheim«, was zumindest von der Begrifflichkeit her an »Kinderlandverschickung« erinnert. Allerdings sind es hier mehr die Eltern, denen zu Hause ein bis zwei Wochen Erholung von ihren Sprösslingen gegönnt wird, als dass es um die Erholung der Jugendlichen ginge. Wie denn auch, mit sechs Schülern pro Zehnquadratmeterzimmer, ausgestattet mit platzsparenden Hochbetten aus dem Nachlass einer geschlossenen US-Kaserne? Ein Schullandheim kann einfach nicht attraktiv sein. Wenn die Klassenfahrt nach Mallorca Bruce Willis wäre, ist ein Urlaub im Sauerland Rolf Töpperwien.
Trotzdem gilt es auch hier, die kleinen Freuden zu genießen. Morgens wird man von den Paarungsrufen verliebter Kolkraben geweckt (klingt wie ein Maschinengewehr mit Ladehemmung), auf den langläufigen Weiden grasen schon unzählige Hirsche und Rehe (okay, um die Uhrzeit steht kein Schüler freiwillig auf), während am Ende des Ackers ein fleißiger Landwirt die Urlauber freundlich mit dem Gestank von frischer Gülle begrüßt.
Mallorca
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Attraktionsfaktor
Ja, richtig gelesen, in Zeiten von Billigfliegern sind selbst die Balearen in greifbare Nähe gerückt. Mallorca ist keine zwei Flugstunden entfernt und dementsprechend venenschonender als eine zwanzigstündige Busfahrt in die Toskana, die meist von absurd hohen Verkehrsbußen der Carabinieri gekrönt werden, die ungeahnten Ehrgeiz entwickeln, sobald sie ein deutsches Nummernschild sehen.
Dann doch lieber Schinkenstraße, Ballermann, Oberbayern. Mallorca bietet kulturelle Highlights am laufenden Band, die Schüler werden begeistert sein. Allein um den Geschichtslehrer einmal oberkörperfrei mit Jürgen Drews im Arm »ein Bäääättt im Kornfeld« grölen zu sehen, lohnt sich die Reise.
Auch landschaftlich hat die Insel einiges zu bieten, die zerklüfteten Berghänge, die weitläufigen Pinienwälder und die teilweise spektakulären Klippenformationen laden zum Staunen ein. Allerdings werden nur die wenigsten Klassen diese Naturschauspiele jemals erblicken, da sie längst an einem Zehnlitereimer Sangria erblindet sind.
Natürlich ist auch der Aspekt des Fremdsprachenerwerbs aus pädagogischer Sicht nicht von der Hand zu weisen. Gut, nach zehn Tagen auf Mallorca können die Schüler maximal ein Herrengedeck auf Spanisch bestellen. Dafür sind sie auf ihrer Reise aber einer bunten Wundertüte an Nationalitäten begegnet, haben Grundbegriffe des Schwedischen beim Zungenküssen erworben, sind auf Polnisch beschimpft worden und haben Schweizerdeutsch gelernt, als sie von einer sympathischen Rattenfängerin aus Bern in einen total hippen Club mit megabilligen Cocktails ab zwanzig Euro gezerrt wurden.
Kosten
Der Notarzt ist auch auf Mallorca nicht gratis, am besten stimmt man sich vor der Abreise mit der heimischen Krankenversicherung ab – ein ins Telefon gegröltes »Saaauufen« oder »Hey Baby, I wanna knooooow« lässt den Sachbearbeiter fast schon blind das Antragsformular für die Auslandskrankenversicherung aus der Schublade fingern.
Die Bars und Clubs haben sich preislich inzwischen auf den Touristendrang eingestellt, sodass ein zünftiger Vollrausch nur für die wenigsten Schüler überhaupt zu finanzieren ist. Da kann das Portemonnaie bereits nach einem Eimer Sangria leer sein, und das, obwohl das teure Zeug schmeckt, als hätte Opa Erwin mit den Füßen Pampelmusen zerdrückt.
Bei der Anreise muss man bedenken, dass die Flugzeuge genauso betankt werden, dass sie exakt die Strecke Düsseldorf-Mallorca schaffen, was dazu führt, dass man entweder aus Spritmangel mit vollem Karacho
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