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Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Titel: Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Bielendorfer
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die Ansammlung von Mädchen, beleuchtet vom warmen Licht einer einsamen Kerze, fast etwas Konspiratives. Mona Bauerfeind saß im Schneidersitz in der Zimmermitte, hinter ihr lag Hanna auf der Bettkante und hatte den Kopf auf die gekreuzten Handgelenke gestützt, ihr blondes Haar schimmerte im Kerzenschein. Die Fennermann-Zwillinge saßen etwas abseits, lange Schatten fielen über ihre wie immer ausdruckslosen Gesichter, während Rene Maurer mit einer Flasche herumfuchtelte.
    »Muss erst ausgetrunken werden, sonst können wir nicht spielen«, resümierte Rene folgerichtig und hielt die Flasche in die Luft, in ihr schwappte eine blaue Flüssigkeit hin und her, die sofort alle Alarmglocken läuten ließ, denn Nahrungsmittel sind in der Regel nicht blau.
    »Was ist das?«, fragte ich vorsichtig, denn eine solche Farbe assoziierte ich eher mit Motorenkühlmittel als mit einem Getränk.
    »Bah, hassu etwa das Chemieklo leer gemacht?«, schlussfolgerte Kemal. Bei genauerem Hinsehen erinnerte der Inhalt wirklich an die Sturzflut, die vor Kurzem noch durch unseren Businnenraum gesaust war.
    »Blue Curaçao mit Orangensaft und einer Geheimzutat, nennt sich Froschzauber«, antwortete Rene unverdrossen. Ich sparte mir zu erfragen, was die »Geheimzutat« sein sollte, wahrscheinlich hatte er WC-Steine hineingerührt.
    »Ich bin Moslem, ich trink nix«, zog sich Kemal umgehend und endgültig aus der Affäre, die Fennermann-Zwillinge schüttelten ebenso synchron den Kopf. Für jemanden, der schon Butter auf dem Zwieback als flippig erachtete, war Renés Klo- und Rachenputzer sicher nicht geeignet. Mona Bauerfeind verweigerte mit Hinweis auf ihr Sodbrennen, nur Hanna murmelte zustimmend: »Ein kleines Schlückchen wird schon gehen«, was natürlich jede Verweigerung meinerseits unmöglich machte. Solche Mixturen wurden ebenso wie die Unzahl ungenießbarer Piña-Colada-Bowlen aus der Zwei-Liter-Vorratsflasche eigentlich nur für Klassenfahrten hergestellt. Außer zur Berauschung Minderjähriger und jenseits des rechtsfreien Raums eines Schulausflugs war derartiger Mist nicht zu gebrauchen, höchstens wenn man mal ein Ofenrohr putzen musste. In meinem Kopf wiederholte ich Patricks Mantra »locker bleiben und alles mitmachen«, also kippte ich mir bereitwillig den blauen Pampf in den Hals. Schmeckte erstaunlich gut, vielleicht hatte ich mir aber auch nur gerade simultan alle Geschmacksknospen weggeätzt.
    Die Flasche kreiste ringsum zwischen Rene, Hanna und mir, bis sie leer war. Langsam legte sich ein beachtlicher Schleier der Betrunkenheit über mein Bewusstsein, der Hannas makellosem Äußeren zusätzlichen Glanz verlieh.
    »So, nu isoweit, Zeug is’ leer, gibbed jetzt Wahrheitodapflicht, oda was?«, lallte Rene Maurer und blies beim Rülpsen die Backen auf.
    »Wahrheit oder Pflicht« war das wahrscheinlich verhängnisvollste Spiel, dem man sich als Halbstarker aussetzen konnte. Entweder man war gezwungen, bei »Wahrheit« einen peinlichen Seelenstriptease hinzulegen, oder wurde bei »Pflicht« genötigt, mit dem Schlüpper auf dem Kopf Blödsinn zu machen.
    Mit einem kratzenden Geräusch setzte sich die Flasche auf dem staubigen Linoleumboden des Mädchenzimmers in Bewegung, sie drehte und drehte sich und blieb wider Erwarten nicht bei mir stehen.
    »Hanna«, hustete ich unabsichtlich heraus, die Flasche zeigte direkt auf Hanna Sommer, die das auch gleich mit einem breiten Grinsen und der Wahl »Wahrheit« goutierte.
    »Bissu verliebt?«, fragte Kemal, bevor überhaupt jemand bestimmen konnte, was man Hanna denn jetzt zu fragen habe.
    »Du bist nicht dran … immer der, der dreht, Rene is’ dran«, motzte Mona Bauerfeind, wahrscheinlich auch genervt von der Tatsache, dass ihr diese Frage niemand stellen würde.
    Rene nickte nur dümmlich und sagte: »Ach okay, is’ okay, die Frage« und versuchte dabei sehr ungeschickt zu verschleiern, dass er sehr wahrscheinlich genau das Gleiche gefragt hätte, wenn man ihm die Wahl gelassen hätte. So wie ich natürlich auch.
    »Ja«, sagte Hanna kurz und knapp. Auch wenn es regelkonform war, hatten wir drei Jungs auf etwas detailliertere Angaben gehofft.
    Nun drehte Hanna, erneut schien sich die Flasche endlos im Kreis zu drehen, bevor sie endgültig vor Rene zu stehen kam. Hanna lachte, und ihre Stimme klang seltsam verzerrt, fast mechanisch, in der Nüchternheit von Kemal und den anderen spiegelte sich unser Schwips nur umso deutlicher.
    »Pflicht«, sagte Rene, ohne zu zögern. Stand

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