Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
hatte, oder die Schlüssel nachmachen lassen konnte, sowohl von der Eingangstür als auch vom Waffenschrank. Es muss eine seiner Geliebten gewesen sein, und ihr muss unerhört viel daran gelegen haben, sich für irgendetwas zu rächen. Sie muss von Björkbacken gewusst haben, weil sie Alexanders Sachen im Moor nebenan versteckt hat. Das ist wirklich die ultimative Kränkung: den Mann zu erschießen, seine Frau für den Mord büßen zu lassen und das Kind zu stehlen.»
    Nina war wie versteinert, sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
    «Morgen wird das Urteil gesprochen», sagte sie matt.
    «Das kann man anfechten», erwiderte Annika Bengtzon. «Können Sie mir helfen, Kontakt zu Julia aufzunehmen, oder es irgendwie möglich machen, dass ich mit ihr reden kann? Oder ihr einen Brief schreiben kann? Ich habe den Anwalt hundertmal angerufen und Mitteilungen fürs Gefängnis hinterlassen, können Sie mir nicht helfen?»
    Nina stand auf.
    «Ich muss heute Abend zum Dienst und habe noch zu tun.»
    Es blies ein scharfer, schneidender Wind, als Annika aus dem Haus trat. Sie überlegte, o b sie die U-Bahn nehmen sollte, beschloss dann aber, zu Fuß zu gehen. Sie musste sich die Enttäuschung nach ihrem Fehlschlag aus dem Leib laufen.
    Ich habe gebettelt wie ein kleines Kind. Sie muss denken, dass ich völlig übergeschnappt bin.
    Wenn Nina den Zusammenhang nicht sehen will, dann will es niemand.
    Sie zog ihre Fäustlinge an und ging Richtung Slussen. Sie zwang sich, die Verschwörungstheorien auf dem Bürgersteig der Södermannagatan zurückzulassen.
    Trotzdem, es hätte diese Zusammenhänge geben können, vor allem, da Julias Dienstwaffe eine Weile verschwunden gewesen war.
    Annika schüttelte sich, sie musste wieder zu sich selbst finden und Abstand gewinnen.
    Es war nicht ihre Aufgabe, Julia Lindholm zu befreien. Julia war nicht zwangsläufig unschuldig, nur weil sie selbst es war.
    Drehe ich jetzt völlig durch? Sind die Engel verstummt, nur um Zwangsgedanken Platz zu machen?
    Sie kämpfte sich die Östgötagatan hinauf, zwang ihre Beine, in der Kälte schneller zu gehen. Ihre Augen tränten, aber das kam vor allem vom Wind.
    Merkt man es, wenn man dabei ist, verrückt zu werden?
    Was, wenn sie demnächst anfing, geheime Codes in den Tageszeitungen zu entziffern, so wie der Nobelpreisträger in dem Film «A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn»?
    Hatte er nicht unendliche Mengen von unbegreiflichem Gefasel auf kleine Zettel gekritzelt und geglaubt, er sei der Schlaueste im Universum?
    Sie ging schneller, erreichte den Mosebacketorg, umrundete das Södra Teatern und blieb stehen, um über Stockholms Hafeneinfahrt zu blicken.
    Dieser Platz war einer ihrer liebsten auf Erden.
    Wenn sie sich jemals aussuchen könnte, wo sie wohnen wollte, würde sie eine Wohnung in der Fjällgatan oder irgendwo oben am Krankenhaus von Ersta kaufen. Die Aussicht war atemberaubend, mit dem Wasser und den Lichtern, mit den mittelalterlichen Fassaden von Skeppsbron zur Linken, Skeppsholmen mit all den Museen direkt geradeaus, Djurgärden mit seinen Vergnügungsstätten zur Rechten und dann Waldemarsudde weit draußen. Eine Inselfähre hielt auf den Kai zu, ihre Lichter glitzerten im Wasser. Hier hatten Menschen seit tausend Jahren tief durchgeatmet, schon seit Birger Jarl beschloss, Schwedens Hauptstadt auf der Insel in der Einfahrt zum Mälar-See anzusiedeln.
    Wenn ich nur das Geld von der Versicherung bekomme. Wenn ich vom Verdacht der Brandstiftung frei bin. Dann werde ich hier wohnen.
    Sie wendete sich von der Aussicht ab und hatte es eilig, nach Hause zu kommen, nach Hause zu ihrem Computer und www.hemnet.se, um herauszufinden, ob dort Wohnungen mit Aussicht über Saltsjön zum Verkauf angeboten wurden. Mit jedem Schritt ließ sie ihren Fehlschlag, der auf dem Bürgersteig der Södermannagatan klebengeblieben war, weiter hinter sich.
    Sie hatte die Västerlänggatan erreicht, als sie das erste Mal das Gefühl beschlich, beobachtet zu werden. Das Kopfsteinpflaster war glitschig vor Nässe, sie warf einen Blick über die Schulter und rutschte fast aus. Sie blieb stehen und lauschte ein wenig außer Atem.
    Die Straße machte vor ihr eine leichte Biegung nach rechts, sie lag leer und verlassen da. Der Wind hatte ein zerfetztes Plakat mit sich gerissen, es wirbelte vor ihren Füßen vorbei. Die Geschäfte hatten schon geschlossen, aber die Kneipen waren geöffnet, hinter beschlagenen Scheiben saßen Menschen beim Essen und lachten. Der

Weitere Kostenlose Bücher