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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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hingehört, aber sie hatte sich anders entschieden. Es würden niemals wieder ihre Straßen sein und niemals die ihrer Kinder.
    Sie wandte den Kopf ab, um die Menschen auszusperren, die in den Wagen strömten.
    Glaube, dass Julia unschuldig sein könnte.
    Nina las die SMS noch einmal und überlegte, ob sie antworten sollte.
    Glaube könnte.
    Glaube könnte.
    Gereizt drückte sie die Nachricht weg.
    Sie hatte zwei Wochen Urlaub gehabt, um 20 Uhr heute Abend begann ihre Nachtschicht. Zuerst hatte sie Holger und Viola an den drei Verhandlungstagen begleitet und unterstützt, anschließend hatte sie eine Woche bei ihnen auf dem Bauernhof außerhalb von Valla verbracht. Sie war mit Julias Vater über die Äcker gegangen und hatte mit Julias Mutter auf dem Sofa gesessen und Fernsehserien geguckt, und die ganze Zeit war die Atmosphäre in den Zimmern und Ställen und Schuppen von einer umfassenden, überwältigenden Leere beherrscht gewesen.
    Jetzt haben sie nur noch mich.
    Sie sank aufs Bett, sah sich in ihrer engen Einzimmerwohnung um.
    Holger und Viola hatten beschlossen, in Sörmland zu bleiben und zur Urteilsverkündung nicht nach Stockholm zu kommen. Wie auch schon während der Verhandlungstage hatte sie ihnen angeboten, dass sie bei ihr übernachten könnten, aber sie hatten abgelehnt. Sie meinten, sie wären nur im Weg, trotz Ninas Versicherung, dass dem nicht so sei, aber obwohl sie keine Tiere mehr zu versorgen hatten, wollten sie ihren Hof nicht gern alleinlassen.
    Die Leute redeten hinter ihrem Rücken. Nina hatte selbst gesehen, wie sie im Supermarkt die Köpfe zusammensteckten und die Rücken breit machten.
    Die beiden waren im vergangenen halben Jahr alt und krumm geworden, Violas Haar war jetzt schneeweiß, und Holger humpelte.
    Morgen um 13 Uhr 30 sollte das Urteil verkündet werden.
    Das Gerichtsverfahren war steif und konventionell abgelaufen, wie üblich. Für Holger und Viola waren die Formalitäten ein nicht enden wollender Albtraum gewesen. Um das zu erwartende Urteil waren sie herumgeschlichen wie Katzen um den heißen Brei.
    Verstohlene Fragen von beiden, wenn sie glaubten, dass der andere es nicht hörte.
    Was bedeutet das, Nina, was die Staatsanwältin gesagt hat? Ist das schlecht für Julia?
    Muss sie ins Gefängnis? Du glaubst das also? Wie lange denn? Ach so … Und wo kommt sie dann hin? Örebro, aha, das ist ja nicht so weit weg, da kann man sie ja besuchen, aber zu Weihnachten darf sie doch wohl nach Hause? Ach, nicht? Aber später doch, in ein paar Jahren?
    Und jetzt kommt da diese Journalistin und sagt
glaube könnte.
    Sie drückte heftig auf die Tasten, als sie antwortete.
    Ich glaube das nicht. Julia ist schuldig. Sie hat ihren Eltern unglaublichen Kummer bereitet. Was wollen Sie eigentlich?
    Das klang sehr unfreundlich, aber das war ihr egal.
    Sie beeilte sich, die Nachricht abzuschicken, bevor sie ihre Meinung ändern konnte.
    Sie ging in die Küche und trank ein Glas Wasser. Die Antwort traf mit einem «Pling»
    auf ihrem Handy ein, noch bevor sie das Glas wieder auf den Abtropfständer zurückgestellt hatte.
    War in Kumla und hab mit Filip Andersson gesprochen. Er benahm sich interessant.
    Könnte sich lohnen, das zu erörtern. Bin in 5 min in Sthlm Hbf.
    Erörtern?
    Filip Andersson. Glaube könnte.
    Das konnte ja alles Mögliche heißen, das beinhaltete noch keine Verpflichtung. Rasch entschlossen tippte sie:
Bin zu Hause. Kommen Sie her.
    Sie sammelte ein paar Rechnungen zusammen, die auf dem Esstisch lagen, und legte sie ins Bücherregal, zog den Bettüberwurf glatt und schaltete die Kaffeemaschine ein.
    Dann setzte sie sich auf einen Küchenstuhl, während das Wasser durch den Filter gurgelte.
    Sie hatte gerade Becher, Milch und Zucker aufgedeckt, als es an der Tür klingelte.
    Die Journalistin sah aus wie ein ungemachtes Bett, also ungefähr wie immer. Sie trampelte mit ihrer großen Tasche und ihrer wulstigen Jacke in die Wohnung, und die Worte schössen aus ihr hervor wie ein Wasserfall.
    «Es gibt ein Muster, das ich bisher nicht gesehen habe, und ich wäre auch nie darauf gekommen, wenn Filip Andersson nicht so merkwürdig reagiert hätte. Er behauptet, dass er unschuldig verurteilt wurde, und es gibt zweifellos ein paar Schwachstellen in der Beweiskette, die ihn zu Fall gebracht hat. Entweder ist er ein echtes Schauspieltalent, oder er ist wirklich so ängstlich und betrübt…»
    «Nun setzen Sie sich doch erst mal», sagte Nina und zog einen Stuhl hervor. Sie entschied

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