Lebenslänglich
Blick vom Bildschirm zu wenden. «Allem Anschein nach hat er sich in der letzten Woche am fraglichen Ort befunden.»
«Ich hoffe, du hast nicht vor, das zu schreiben», sagte Annika.
Der Reporter blickte erstaunt hoch. «Klar hab ich das», sagte er.
«‹Hat sich am fraglichen Ort befunden) ist Polizeijargon», sagte Annika. «Unter Normalsterblichen heißt das ‹ist dort gewesen). Wieso glauben sie das?»
Patrik las weiter.
«Sie haben Spuren gefunden, die darauf hindeuten», sagte er. «Welche, das geht hieraus nicht hervor, muss mal meine Polizeiquelle fragen.»
«Was könnte darauf hindeuten, dass ein Kind dort gewesen ist?», fragte Annika nachdenklich. «Donald-Duck-Hefte überall auf dem Fußboden verstreut? Abgelutschte Eisstiele in der Mülltonne? Eine Badewanne auf dem Küchentisch, gefüllt mit noch lauwarmem Schaumbad und Quietschentchen?»
Patrik kaute an einem Kugelschreiber. «Oder deutliche Spuren von besonders kleinen Gummistiefeln im Sandkasten», sagte er.
«Ich tippe auf die Mülltonne», sagte Annika. «Wenn jemand etwas in den Müll wirft, kann man praktisch exakt sagen, wann das gewesen ist.»
«Wie das denn?», fragte Patrik.
«Verfallsdatum», sagte Annika. «Alle Familien mit Kindern kaufen und trinken Milch.
Alle Milchpackungen tragen ein Mindesthaltbarkeitsdatum.»
«Aber Mülltonnen werden regelmäßig geleert», wandte ihr Kollege ein.
«Kommt drauf an», sagte Annika. «Die Gemeinde Katri-neholm hat vierzehntägliche Leerung. Außerdem kann man beantragen, dass die Tonnen nur in den Sommermonaten geleert werden, obwohl die Müllmänner meist so nett sind und sie trotzdem mitnehmen.»
Patrik sah sie skeptisch an.
«Ich war mal Lokalredakteurin beim
Katrineholms-Kurier»,
sagte Annika. «Ich habe tausend Artikel über die Müllabfuhr zwischen Floda und Granhed geschrieben.»
Ihr Kollege lehnte sich auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
«Woher weißt du denn, wo die Polizistenmörderin ihr Sommerhaus hat?»
«Julia hat es erzählt», sagte Annika und stand auf. «Ich weiß nicht genau, welches Haus es ist, aber so ungefähr. Es liegt außerhalb von Floda, an einer Art Feldweg.
Stöttastenvägen, glaube ich. Meine Großmutter hatte ein Stück weiter oben eine Hütte, kurz vor Granhed. Lyckebo.»
«Julias Hütte heißt Lyckebo?»
«Nein, die von meiner Oma. Wie Julias heißt, weiß ich nicht.»
«Im Grundbuch ist nichts eingetragen.» «Vielleicht hat sie das Häuschen gemietet. Hat die Polizei irgendwas über die Mordwaffe verlauten lassen?»
Patrik schüttelte den Kopf, den Blick immer noch auf den Bildschirm geheftet.
«Irgendwas darüber, wann Alexander zuletzt lebend gesehen wurde?»
Der Kollege blickte auf.
«Wieso?»
«Ist irgendwas anderes über David bekannt geworden? Ist dir irgendwelcher Klatsch zu Ohren gekommen?»
«Sag mal, wonach stocherst du da eigentlich?», fragte Patrik und blinzelte sie misstrauisch an.
«Haben wir den üblichen Check gemacht: finanzielle Verhältnisse, Geschäfte, Grundbesitz, Autos, Boote, Fernsehgebühren, Finanzamt…?»
«Jetzt hör aber mal auf», sagte Patrik.
«Man kann nie wissen», beharrte Annika. «Vielleicht verrät uns das, wie er jenseits seines gloriosen Heldentums war, eine Art Erklärung dafür, warum seine Frau dermaßen ausgerastet ist…»
«So was findet man nicht in Archiven», sagte Patrik und wandte sich wieder seinem Bildschirm zu.
Plötzlich machte es «klick» in Annikas Kopf.
«Der Disziplinarausschuss der Polizeileitung», sagte sie. «Hat da mal jemand nachgehakt?»
Patrik schnitt eine Grimasse.
«Um herauszubekommen, ob er je irgendwelche Disziplinarverfahren oder Anzeigen am Hals hatte», setzte sie nach.
«Als ob die Akten öffentlich zugänglich wären», wandte Patrik ein.
«Alle ihre Akten sind einsehbar», erwiderte Annika. «Man braucht sich nur an den Dezernenten zu wenden, dann erhält man Auskunft.»
«So was schwärzen die doch immer», sagte Patrik.
Annika ging zurück an ihren Platz und klappte den Lap top wieder auf, ging auf die Seite von www.infotorg.se, drückte F8 und gab Lindholm, David, Stockholm ein. Sie notierte seine Personennummer auf ihrem Block, hängte sich ihre Schultertasche um und marschierte aus der Redaktion.
Zur Landespolizeileitung kam man durch die große Eingangshalle an der Polhemsgatan, dem Teil des Polizeipräsidiums, der in den siebziger Jahren gebaut worden war -mit einer Fassade aus kackbraunen Metallplatten. Das
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