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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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eventuell… unter einer Persönlichkeitsstörung leidet?»
    «Es ist mit der Fürsorgepflicht des Strafvollzugs nicht vereinbar, einen kranken Menschen einzusperren, auch nicht auf der Krankenstation.»
    Der Richter gab sich einen Ruck und wandte sich an Angela Nilsson.
    «Teilt die Anklageseite die Auffassung der Verteidigung?»
    Die Staatsanwältin seufzte theatralisch.
    «Dieses Stimmenhören wird mir langsam ein bisschen zu populär.»
    «Inwiefern?», fragte der Richter und zog die Augenbrauen hoch.
    «Julia Lindholm hat beschlossen, nicht zur Aufklärung des Falles beizutragen. Uber ihre Gründe will ich nicht spekulieren.»
    «Ähem», machte der Richter. «Womit begründet die Staatsanwaltschaft ihren Haftantrag?»
    Angela Nilsson sortierte ihre Unterlagen und sammelte sich einen Moment, bevor sie zu sprechen begann.
    «David Lindholm wurde am Donnerstag, dem 3. Juni, um 3 Uhr 39 tot in seiner Wohnung aufgefunden», sagte sie. «Laut vorläufigem Obduktionsbericht wurde ihm eine Kugel in den Kopf geschossen, was unmittelbar zum Tode führte. Danach wurde ein weiterer Schuss in den Bauch der Leiche abgegeben.»
    «Könnte während der Todesschüsse eine andere Frau zugegen gewesen sein?», fragte der Richter.
    Angela Nilsson blätterte, die Stille vibrierte.
    «Die Tatverdächtige wurde am Tatort angetroffen. Eine Waffe des Typs Sig Sauer befand sich in unmittelbarer Nähe des Toten, und die vorläufige kriminaltechnische Untersuchung hat ergeben, dass die Waffe die Fingerabdrücke der Tatverdächtigen trägt. Die Pistole ist als Dienstwaffe der Julia Lindholm registriert. Inwieweit die sichergestellte Waffe de facto auch die Mordwaffe ist, wird zurzeit im Staatlichen Kriminaltechnischen Labor untersucht, aber das Kaliber stimmt mit den Projektilen überein, die bei der Obduktion gefunden wurden, und im Magazin fehlen zwei Schuss.»
    Es war totenstill im Saal. Der Gerichtsdiener schrieb mit. Irgendwo brummte ein Ventilator.
    «Des Weiteren haben wir den Fall des Sohns der Verdächtigen», fuhr Angela Nilsson nach einer kurzen Pause fort. «Der vierjährige Alexander Lindholm wurde seit dem Zeitpunkt des Mordes an seinem Vater nicht mehr gesehen und ist zur Stunde immer noch verschwunden.»
    Nina beugte sich vor. Julia hatte den Kopf ein wenig gehoben, als die Staatsanwältin Alexanders Namen nannte, und jetzt blickte sie sich unruhig im Saal um. Sie sah ihren Verteidiger neben sich an, als habe sie ihn noch nie gesehen, und stand auf.
    Nina sah, wie der Anwalt eine Hand auf ihre Schulter legte und sie dazu brachte, sich wieder hinzusetzen.
    «Ich will zurzeit keinen Verdacht bezüglich des Verschwindens des Jungen formulieren», fuhr Staatsanwältin Nilsson fort. «Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass es eine natürliche Erklärung für seine Abwesenheit gibt. Aber falls Alexander Lindholm sich nicht in sehr naher Zukunft bei völliger Gesundheit wieder einfindet, werde ich die Vorermittlungen auf die Tötung oder Entführung Alexander Lindholms ausweiten.»
    Jedes Mal, wenn der Name des Jungen fiel, regte sich Julia und blickte in die Runde.
    Schließlich drehte sie sich auf dem Stuhl um und entdeckte Nina auf der Zuschauerbank.
    Nein, Julia, nicht jetzt!
    Der Gedanke erreichte Julia nicht. Sie stand abermals auf und machte einen zögernden Schritt in Ninas Richtung. Ihre Augen waren rund und unschuldig, weit aufgerissen, wie damals, als sie sich nicht traute, vom Heuboden zu springen; sie hatte die Füße leicht nach innen gedreht, wie sie es nur tat, wenn sie Angst hatte oder dringend pinkeln musste.
    Reiß dich zusammen, Julia, ich kann dir im Moment nicht helfen.
    «Darf ich die Angeklagte bitten, während der Verhandlung sitzen zu bleiben», sagte der Richter.
    Julia ging noch einen unsicheren Schritt auf die Zuschauerbänke zu.
    «Alexander?», sagte sie. «Wo ist Alexander? Nein!» Sie schlug den Arm des Verteidigers weg, als er versuchte, sie auf ihren Platz zu ziehen.
    Nina blickte zu Boden und verschränkte ohnmächtig die Hände; Julia machte alles nur noch schlimmer, wenn sie nicht kooperierte. Sie brauchte doch nicht mehr zu tun, als dem Gericht zu sagen, wie es ihr ergangen war. Niemandem war damit gedient, wenn David geschützt wurde, am allerwenigsten ihr.
    Nina blickte wieder auf. Zwei Gefängniswärter, die neben der Tür zum Seufzergang gestanden hatten, ergriffen Julia, packten sie links und rechts an den Armen und zwangen sie, sich vorzubeugen.
    Sie wehrte sich, stieß kleine,

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