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Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Titel: Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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Durchschnitt, eine Frau, mit der sich jeder durchschnittliche Mensch in seinen Leiden und Nöten und vor allem in seinen Träumen identifizieren konnte. Es waren ihre Schönheit, ihre Jugend und Vitalität, ihr beständiger Kampf ums Glück, ihre Allgegenwart in den Medien, die sie für alle zum zeitlosen Symbol menschlichen Lebens machte, zur Identifikationsfigur, der nichts fremd war – nichts außer eben dem Tod. Und das war der eigentlich empörende Skandal. Dass im Tod dieses Lebenssymbols die Unsterblichkeitssehnsüchte aller Menschen aufs denkbar Heftigste frustriert wurden, das machte die Trauer um Diana zu einer überdimensionalen, weltweiten, kultur- und religionsübergreifenden Demonstration gegen den Tod. Für einen ganz kurzen Augenblick gab die globale Erschütterung durch den Tod der Prinzessin den Blick frei für das oft verleugnete, nie genannte, aber heiß ersehnte Ziel allen menschlichen Strebens und Treibens auf der Welt auch heute und vielleicht heute mehr denn je: Unsterblichkeit.
    Doch nur für einen kurzen Moment erblickte die Welt den hämisch lachenden Totenkopf hinter all dem Lebensdurst aus zweiter Hand. Und so ging nach kurzer Schrecksekunde der Rummel weiter. Diana wurde im Jetset-Tempo vergessen und damit auch das Scheitern des Lebensprojekts, für das sie stand.
    Die Prinzessin von Wales war die medienvervielfältigte, allgegenwärtige Universal-Ikone des Schönheitskults. Doch die dermatologische Definition der Schönheit allein von der abbildbaren Außenhaut her, von der die Hochglanzmagazine leben, ist Ausdruck einer beschränkten Weltsicht. Man war da schon mal weiter. Als aus dem Stummfilm der Tonfilm wurde, mussten all die zweidimensionalen Diven, die eine allzu unschöne Stimme hatten und außer Posen wenig Leben zeigten, aussortiert werden. Da wurde also inzwischen ein großer Fortschritt nach hinten erzielt. Was eine gut ins Bild zu setzende Schönheit zu sagen hat, ist inzwischen wieder belanglos. Schönheit ist eigentlich aber zu schön, um bloß oberflächlich wahrgenommen zu werden. Und die fixe Idee, sie sei herstellbar, hält zwar einen gewaltigen Wirtschaftszweig unter Dampf, ist jedoch letztlich eine barmherzige oder eher unbarmherzige Illusion. Das gebieterische Idealbild der jungen schönen Frau sorgt nämlich für eine Welt von Plastikschönheiten aus dem Farbtopf, da eben nur wenige Frauen wirklich jung und schön sind. Wer aber auf diese Weise seinen ganzen Lebensrhythmus von der Schönheitspflege bestimmen lässt, ist für so etwas wie Lebenslust verloren.
    Natürlich kann die erotische Ausstrahlung einer jungen Frau bezaubern. Aber genau diesen prickelnden Zauber kann man eben nicht herstellen, er geht über das optisch Wahrnehmbare hinaus, hat zu tun mit der Anmut ihrer Bewegungen, mit dem Timbre ihrer Stimme und nicht zuletzt mit dem, was sie sagt und tut. Nicht dass schon die eine oder andere diskrete Hilfe zu verdammen wäre. Aber manchmal zerstört gerade die allzu aufdringliche Bemühung um die Herstellung von Schönheit die natürliche erotische Ausstrahlung. Schönheit ist aber ebenfalls zu schön, um nur auf Erotik verengt zu werden. Auch das ungeschminkte Gesicht einer alten Frau, das die Erfahrung eines ganzen Lebens widerspiegelt, kann schön sein. Das Gesicht der Mutter Teresa von Kalkutta zeigte wohl ein Rekordmaß an Falten pro Quadratzentimeter, aber es strahlte in seiner liebenswürdigen Menschlichkeit zweifellos Schönheit aus.
    b) Liebestöter – der Sex, der Papst und die Lust
    Dennoch, niemand wird bestreiten, dass Erotik und Sexualität höchst erfreuliche Aspekte des Lebens sind. In Deutschland geht man freilich davon aus, dass die Sexualität von Beate Uhse erfunden worden sei, nachdem vor allem die katholische Kirche sie jahrhundertelang erfolgreich verhindert habe. Dieser Eindruck führt allerdings zu zwei irritierenden Konsequenzen: Zum einen müssten sich die Menschen früherer Jahrhunderte dann durch Knollen fortgepflanzt haben und zum anderen wäre Beate Uhse ganz allein schuld an allem, was in der Sexualität heute schief läuft. Und da läuft bekanntlich einiges schief. Die Sexualwissenschaft hat Alarm geschlagen. Führende Sexualwissenschaftler beklagen das Scheitern der so genannten sexuellen Revolution. Nicht eine Befreiung sei eingetreten. Die Möglichkeit der strikten Abtrennung von Sex und Liebe durch die »Pille« habe bloß eine bessere Vermarktbarkeit von Sexualität ausgelöst. Wenn Pornostars sich ständig in ihre

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