Lebenssonden: Roman (German Edition)
danach streben, mich bei Ihnen wieder zu bewähren.«
»Der Anfang wäre schon mal gemacht«, sagte Jacques Villart, »wenn Sie uns verraten, weshalb Nicholas Boswani ausgerechnet diesen Zeitpunkt zur Entführung der Asgard gewählt hat.«
»Ich vermag mir nur vorzustellen, dass er von Ihrer Verstärkung erfahren hat und nicht mehr hier sein will, wenn sie eintrifft.«
»Verstärkung?«, fragte Malagar.
»Die sechs Kriegsschiffe vom Asteroidengürtel, die innerhalb der nächsten acht Stunden hier erwartet werden«, antwortete STELLVERTRETER.
Mrs. Meriweather wandte sich an Brea. »Haben Sie auf den Befehls-Kommunikationsschaltungen davon gehört?«
Brea schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sicher, STELLVERTRETER? Ist ein Irrtum ausgeschlossen?«
»Absolut. SONDE hat sie eine Zeit lang verfolgt.«
»Was veranlasst Sie zu der Annahme, dass es sich um UN-Kriegsschiffe handelt?«
»Ihr Radarecho ist typisch für solche Schiffe. Der Größe nach zu urteilen tippt SONDE auf zwei Kreuzer und vier Zerstörer. Und was die Registrierung betrifft, wer sonst hat noch Kriegsschiffe im Sonnensystem?«
»Die Panafrikaner«, sagte Brea ruhig.
Jedes Gesicht am Konferenztisch schwenkte zu ihr herum. »Wie ist das möglich?«, fragte Po Dua.
Sie wich ihren Blicken aus. »Es ist möglich.«
»In diesem Fall«, sagte Mrs. Meriweather, »warnen wir am besten die Graf Bernadotte . Wie es scheint, werden wir bald Zeugen der ersten Schlacht, die die Menschheit im Weltall schlägt.«
29
Ungeachtet menschlicher Vorurteile ist der Zeitablauf im Weltraum unsichtbar. Kein Sonnenauf- oder Untergang stellt die innere Uhr des Menschen, keine Morgendämmerung weckt den schlafenden Körper auf und keine Abenddämmerung stimmt ihn auf den Schlaf ein. Die endlose Leere ist ein Moment gefrorener Zeit. Es ist immer und überall Licht. Auch wenn die Uhren der Graf Bernadotte darauf bestanden, dass es noch mitten in der Nacht war, rüstete die Flotte sich unter der hellen Sonne für die Schlacht.
Ein zufälliger Beobachter, der von weitem auf das bunte Ensemble von Schiffen schaute, hätte in den Wochen seit der Ankunft der Sonde kaum eine Veränderung festgestellt. Sie hing noch immer reglos im Raum und dominierte die paar Dutzend kleinerer menschlicher Schiffe, die um sie herumwuselten. Aus einer Entfernung von hundert Kilometern waren nur die Sonde und die Graf Bernadotte zu erkennen. Jemand, der sich aus dieser Distanz näherte, hätte schon ein Fernrohr mittlerer Stärke gebraucht, um den Schwarm kleiner Intraorbital-Gleiter zu sehen, der das Flaggschiff umschwebte.
Die Bernadotte hing unbeweglich im Raum und rotierte auch nicht mehr um die Längsachse. Orbitale Fähren versammelten sich in Gruppen zu zwei oder drei Fahrzeugen und dann wartete jedes Einzelne geduldig, bis ein anderes den Weg zu einer der übergroßen Frachtluken freigemacht hatte. Kleine Leichter und Schlepper, mittelgroße Frachter und ein ziemlich großes Wasserstoff-Tankschiff warteten darauf, sich ihrer Fracht zu entledigen. Sie beförderten alle Arten von Verbrauchsmaterial – Dinge, die das alternde Kriegsschiff im bevorstehenden Gefecht dringend brauchen würde.
Das Tankschiff trieb neben der Bernadotte , und die stark isolierten Schläuche schlängelten sich durchs All zu den Brennstofftanks des Fusionsschiffs. Aus Sicherheitsgründen hatte es auf der Reise vom Lagrangepunkt zwischen Erde und Sonne nur eine minimale Menge Reaktionsmasse mitgeführt. Nun wurden die Brennstofftanks des Fusionsraumschiffs bis obenhin mit Flüssiggas gefüllt. Die kleineren Frachtschiffe hatten an die Luken im Rumpf der Bernadotte angedockt. Nachdem die Ladung von schwitzenden Marines gelöscht worden war, waren die Laderäume genauso schnell wieder beladen worden. Jedes Schiff, das ablegte, war mit Menschen angefüllt – zivile Wissenschaftler und Techniker, die aus der Kampfzone evakuiert wurden.
Eric Stassel saß auf dem Platz des Kommandanten in der Gefechtsleitzentrale der Bernadotte und versuchte, das Verladen von Munition, Sauerstoff, von Flüssiggasen, Ersatzteilen und Reaktionsmasse zu beaufsichtigen und zugleich den Abtransport der Nichtkombattanten reibungslos abzuwickeln. Bisweilen schienen die beiden Ziele sich gegenseitig auszuschließen.
Seine Finger huschten über die Konsolentastatur, und die Bildschirmansicht sprang von einem Punkt im Schiff zum anderen. Um ihn herum murmelte die gesamte Belegschaft der Techniker in ihre Mikrofone, wobei jeder sich einer
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