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Lebenssonden: Roman (German Edition)

Lebenssonden: Roman (German Edition)

Titel: Lebenssonden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Stassel STELLVERTRETER näher als jedem Menschen – vielleicht mit Ausnahme von Brea. Er schwelgte in der Kameradschaft mit seinem alten Freund und genoss den Moment, solange er dauerte.
    »Ich sollte nun zur Zeremonie gehen. Es gehört sich doch nicht, den GS warten zu lassen, oder?«
    »Nein, das gehört sich nicht«, pflichtete STELLVERTRETER ihm vor dem Abbruch der Verbindung bei.
    Eric Stassel, Oberbefehlshaber des einzigen Sternenschiffs der Erde, erhob sich und ging zur Tür seines Büros. Die Tür verschwand beim Näherkommen lautlos in der Wand. Er blieb stehen und drehte sich um. Sein Interkom hatte wieder auf Standby geschaltet. Die Außenansicht des Schiffs hing wieder über dem Schreibtisch. Als er das große Rad langsam an der Kamera vorbeirotieren sah, schlug sein Herz höher.
    Das Schiff war endlich fertig gestellt, ein Lebenswerk vollbracht.
    Er machte kehrt und marschierte zügig zum Lift, der ihn zur Hangarbucht und der Taufzeremonie bringen würde. Als er um die Ecke bog, stieß er auf eine Schar von Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren. Sie hatten sich um einen Spielkameraden versammelt, der hingebungsvoll die Wand mit einem Sprühstift verzierte.
    Stassel blieb stehen und räusperte sich. Die Wirkung war geradezu explosiv. Acht Köpfe ruckten herum, und acht Gesichter wurden plötzlich um ein paar Nuancen blasser. »Mein Gott, es ist der Kommodore!«, murmelte ein Stimmchen.
    Er setzte den strengsten Gesichtsausdruck auf und senkte die Stimme um eine Oktave ab. »Was habt ihr Kinder hier zu suchen?«
    »N-n-nichts, Sir!«, sagte der mutmaßliche Rädelsführer, ein vielleicht zehnjähriges schlaksiges Mädchen.
    »Nach ›nichts‹ sieht mir das aber nicht aus. Macht mal Platz und lasst mich schauen.«
    Die kleine Kinderschar schlurfte beiseite. Er hatte sie beim Graffitimalen an der Korridorwand ertappt – ein Vergehen, das mit ein paar Stunden »Knast« bestraft wurde. Sie hatten einen plakativen Spruch hingeschmiert, der von den Nachrichtenmedien verbreitet wurde:
    »LIEBER PROCYON ALS TOT!«
    Stassel verkniff sich ein Lächeln und wandte sich an die Kinder: »Ich werde euch dieses Mal nicht anzeigen, aber so etwas darf mir nicht noch einmal zu Ohren kommen. Das hier ist unser Zuhause, und wir werden nicht zulassen, dass es verschandelt wird. Ist das klar?«
    »Ja, Kommodore«, ertönte es im Chor. »Es tut uns Leid.«
    »Und nun zischt ab. Ich will, dass ihr das morgen früh als Erstes beseitigt. Verstanden?«
    »Ja, Kommodore.«
    Stassel lachte innerlich, als er in der Hangarbucht ankam – gerade als das Schiff des Generalsekretärs von zwei Andockstangen durch den Luftvorhang hereingezogen wurde.
    »Was ist los mit dir?«, fragte seine Frau, als sie ihn sah.
    Er erzählte ihr von der Malstunde im Korridor und der Botschaft, die die Kinder für die Dekoration des Schiffs ausgewählt hatten.
    »Und weiter?«
    »Vor zehn Minuten war ich noch sehr zufrieden mit mir. Ich glaube fast, dass ich mir die Schulter verspannt habe, als ich mir selbst auf den Rücken klopfte.«
    »Du hast Pathfinder vollendet«, sagte Brea. »Du kannst mit Fug und Recht zufrieden sein.«
    Stassel nickte. »›Ein Lebenswerk‹«, zitierte er sich selbst.
    »Natürlich.«
    »Falsch. Das ist das alte personenbezogene Denken.« Er wies auf die entfernten Metallwände um sich herum. »Diese Kinder hatten Recht, weißt du. Darum geht es eigentlich gar nicht. Pathfinder ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck.«
    »Ich sehe da keinen Unterschied«, sagte Brea.
    »Es ist die Reise, auf die es ankommt. Wir fliegen zu den Sternen! Wir haben unser Lebenswerk noch nicht beendet. Noch lange nicht.
    Wir haben gerade erst angefangen!«

TEIL ZWEI
     
    Planetensystem Procyon
     

31
     
    Henning’s Roost war im ganzen Sonnensystem bekannt. Sein Ruf erstreckte sich von den periodisch geschmolzenen Ebenen des Merkur zu den Heliumseen des Pluto, von der oberen Atmosphäre des Jupiter zu den unterirdischen Siedlungen tief unter der roten Oberfläche der staubigen Ebenen des Mars. Wo auch immer Männer und Frauen harte oder gefährliche Arbeiten verrichteten, wo auch immer Langeweile und Schrecken ständige Begleiter im Leben waren, war The Roost ein unvermeidliches Gesprächsthema.
    Henning’s war ein Vergnügungssatellit – der größte, der je gebaut worden war. Seine Eigentümer hatten ihn zehn Millionen Kilometer von der Erde in der Sonnenumlaufbahn platziert. Es kursierte die Geschichte von einem

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