Lebenssonden: Roman (German Edition)
nördlichen Hemisphäre des siebten Planeten von Procyon – fanden, war eine kleine Forschungsbasis. Das von der Lebenssonde 53935 entdeckte Sternenschiff»Kielwasser« war das eines Transitreisenden, eines Eindringlings gewesen, der von einer kleinen Vorposten-Welt kommend zu einem unbekannten Ziel in den Tiefen des galaktischen Kerns unterwegs war.
Als die Landungsboote der Pathfinder aus dem Orbit abstiegen, landeten sie auf dem Raumhafen im Mittelpunkt der verlassenen Basis. Die Wesen, die den Vorposten errichtet hatten, waren verschwunden – seit fünfzig Jahren, der gelbgrünen Vegetation nach zu urteilen, die die Straßen der kleinen Stadt neben dem Raumhafen überwucherte. Die Stadt war eine Enttäuschung für die Kolonisten: nur eine Reihe nichts sagender Fundamente aus glasiertem Gestein, die den Standort früherer Gebäude markierten. Auf dem Raumhafen wurden sie jedoch fündig. Ein großes Gebäude, das die Kolonisten mit Vorbehalt als einen Wartungshangar identifizierten, befand sich in der Mitte des Hafens; und in der Nähe standen zwei kugelförmige Sternenschiffe.
Sowohl der Hangar als auch die Sternenschiffe waren kaum mehr als leere Hüllen. Die Narben von Schneidbrennern waren überall zu sehen. Durch klaffende Löcher drang Sonnenlicht durch die Rümpfe der Schiffe, wo die Platten entfernt worden waren. Obwohl sie ausgeschlachtet worden waren, enthielten die zwei Sternenschiffe doch noch einiges an außerirdischer Maschinerie. Manchmal war der Grund, weshalb man einen bestimmten Mechanismus zurückgelassen hatte, offensichtlich – eine kristalline Einheit war halb geschmolzen, eine andere tief in den mächtigen Spanten eines Schiffs begraben. Überwiegend hatten die Kolonisten jedoch keine Ahnung, weshalb die früheren Besitzer dieser Sternenschiffe manche Geräte zurückgelassen hatten.
Die Kolonisten studierten den Hangar, die Sternenschiffe und die wenigen anderen Hinweise, die die Sternenreisenden hinterlassen hatten, in der Hoffnung, etwas über ihre Vorgänger auf Alpha in Erfahrung zu bringen. Während der ersten beiden Jahrzehnte nach der Landung versuchten die Wissenschaftler der Kolonie, die in den Sternenschiffen verbliebenen Reste der Ausrüstung zu identifizieren. In diesen zwei Jahrzehnten traten sie auf der Stelle. Als es schon schien, dass sie überhaupt keine Fortschritte mehr machen würden, gruben Archäologen, die in der Müllkippe der Außerirdischen wühlten, einen kleinen hellblauen Plastikstreifen aus, der sich als außerirdisches Äquivalent eines Datenwürfels entpuppte. Es dauerte zehn Jahre, bis die Alphaner auf die im Streifen codierten Daten zuzugreifen vermochten und noch einmal zwanzig, bevor sie sie auch lesen konnten. Schließlich hatten sie jedoch Erfolg – der Datenstreifen erwies sich nämlich als Wartungshandbuch eines der aufgegebenen Sternenschiffe. Es war der Durchbruch, den die Alphaner so lange angestrebt hatten.
Es dauerte zweihundert Jahre, um von den ersten Untersuchungen des verlassenen außerirdischen Raumhafens zu einem einsatzfähigen FTL-Sternenschiff zu gelangen. In dieser Zeit war Alphas menschliche Bevölkerung von fünfzigtausend auf fünfzig Millionen angewachsen. Es waren natürlich nicht alle Alphaner Wissenschaftler. Bei der großen Mehrheit handelte es sich um durchschnittliche Menschen mit den gleichen alltäglichen Sorgen wie die Leute an allen Orten und zu allen Zeiten. Ihr Bezug zu den Anstrengungen am alten Raumhafen war minimal. Und doch genoss – trotz der These von Frau Sardi – die Unterstützung für das FTL-Projekt in jeder neuen Generation hohe Priorität.
»Zweiminuten-Warnung! Auf den Ausbruch vorbereiten. T minus zwei Minuten und abnehmend.«
Robert Braedon atmete tief ein und wandte seine Aufmerksamkeit von der totalen Finsternis über sich ab. Er war ein hochgewachsener Mann, dessen schwarzes Haar schon stärker grau meliert war, als man es bei seinen fünfundvierzig Jahren vermutet hätte. Wie die meisten Alphaner-Männer trug er das Haar kurz in der Form eines »Schüsselschnitts« und ohne Koteletten. Seine Haut war vom ständigen Ausgesetztsein eines Sonnenlichts gezeichnet, das einen höheren UV-Anteil hatte als Sol. Die dunkle Mähne und die muskulöse Figur unter der Uniform wiesen ihn als »Naturburschen« aus. Sein markantestes Gesichtsmerkmal war die Nase, die bei einem Trainingsunfall gebrochen und nicht exakt gerichtet worden war. Seine Frau fand, dass es seiner Erscheinung noch mehr Charakter
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