Lebenssonden: Roman (German Edition)
Promise zum ersten Mal verlassen hatten.«
»Vielleicht kenne ich ihn tatsächlich. Sandiges Haar, groß und stattlich?«
Terra nickte.
»Na, dann Glückwunsch!«
Chryse erzählte Terra von den Ereignissen, die durchgedrungen waren, seit die Schwert von Aragon die Erde verlassen hatte. Als sie die Sirenengesang erreichten, nahm Terra ihre Galauniform aus dem Spind und ging zum winzigen Waschraum an der Rückseite des Bootes. Sie ließ die Tür offen, sodass sie sich unterhalten konnten, als sie den Overall auszog.
Das künstliche Grav-System des Boots war inaktiv und setzte sie dem Schwerefeld des Asteroiden aus, das nur etwa ein Dreißigstel Standard- g betrug. Chryse verankerte sich mit ihren Stiefelspikes am Deck. Sie sah zu, wie Terra sich am winzigen Null- g -Waschbecken einseifte. Dann lachte sie.
Terra musterte die ältere Frau, eine dünne Seifenschicht um die Augen. »Was ist los?«
»Ich musste gerade an das erste Mal denken, als wir uns trafen. Ich erinnere mich noch, wie verlegen Sie waren, als ich mich so lässig aus dem Schiffsanzug schälte. Und sehen Sie sich jetzt mal selber an.«
Terra trug nichts als einen seidenen String-Tanga.
»Äh, stimmt. Nun ja, so ändern sich die Zeiten. Etwas anderes interessiert mich aber momentan viel mehr, Chryse. Wenn Sie nicht antworten wollen, sagen Sie mir nur, dass es mich nichts angeht.«
»Worum geht’s denn?«
Terra schaute ihre Freundin und Mentorin an. »Sie hatten zu Hause doch alles. Weshalb sind Sie auf diese Expedition mitgekommen?«
Chryse biss sich auf die Lippe und sagte für eine Weile nichts. »Wenn ich Ihnen die Wahrheit sage, versprechen Sie mir, dass kein einziges Wort davon diese Wände verlässt?«
»Ich verspreche es.«
»Es ist im Grunde ganz einfach«, sagte Chryse wehmütig. »Ich habe mich in Ihren Vater verliebt. Ich will dort sein, wo er ist; selbst wenn das eine Reise durch die halbe Galaxis bedeutet.«
»WAS?« Terra klappte vor Erstaunen die Kinnlade runter.
»Sie haben mich verstanden. Ich habe eine jugendliche Schwärmerei für Ihren Vater entwickelt.«
»Wie? Und wann?«
»Ich bin nicht sicher. Ich glaube, dass ich mich in jener Nacht in ihn verliebte, als wir auf dem Weg nach Genf zusammen über den Pol geflogen sind.«
»Haben Sie es ihm schon gesagt?«, fragte Terra.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Chryse. »Außerdem habe ich vor dem Abflug von der Erde noch mit meinem Seelenklempner darüber gesprochen. Er sagt, dass ich Robert eigentlich gar nicht liebe. Ich leide nur an einer Projektion.«
»Woran bitte?«
»Projektion. Was ich meinem Analytiker zufolge wirklich will, ist, dass das Leben einfacher ist. Er sagt, das sei auch der Grund, weshalb ich immer süchtig nach altem Kintopp und unzufrieden damit war, ein Unternehmens-Konglomerat zu leiten. Meine ›angenommene Liebe‹ – seine Worte – sei nur ein Nebenprodukt meines unterbewussten Wunsches, ein strukturiertes Leben zu führen. Meine Lösung war, sich dieser Expedition anzuschließen, und ich habe mich in Ihren Vater verliebt, um einen guten Grund dafür zu haben.«
»Und? Hat er Recht?«
Chryse zuckte die Achseln. »Könnte sein. Ich weiß, dass ich nie glücklicher gewesen bin als in diesem Augenblick. Ich habe eine Arbeit, für die ich hoch qualifiziert bin, bin mit Leuten zusammen, die mir etwas bedeuten, und ich tue etwas Wichtiges. Was könnte man mehr verlangen vom Leben?«
»Gibt es irgendetwas, womit ich Ihnen helfen kann?«
»Sie haben mir schon geholfen. Sie haben sich mir als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt. Nun sollten Sie sich aber fertig machen. Die Zeit wird knapp.«
Die Marine-Wache, die vor Suite 5/10 patrouillierte, nahm Haltung an, als Braedon zögernd den grob behauenen Gang entlangkam.
»Ist das mein Quartier, Unteroffizier?«, fragte Braedon und wies auf die mit einem Vorhang verhängte Türöffnung hinter der Wache.
»Jawohl, Sir.«
»Und wo ist die Tür?«
»Äh, die Konstruktionsleute sind spät dran mit den Türen, Sir. Sie wollen sie aus Asteroiden-Eisen gießen, aber sie haben die Gießerei noch nicht in Betrieb genommen. Deshalb bin ich hier. Ich werde dafür sorgen, dass niemand Sie belästigt; außer Sie wollen belästigt werden.«
»Gut«, erwiderte Braedon. »Alles in Ordnung?«
»Jawohl, Sir. Das Eigentum von Vizekommodore Tarns ist ausgeräumt worden.«
»Ist eine Schande, ihm diese Schwierigkeiten zu machen«, sinnierte Braedon. »Schließlich wird er in zehn Tagen wieder hier
Weitere Kostenlose Bücher