Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenssonden: Roman (German Edition)

Lebenssonden: Roman (German Edition)

Titel: Lebenssonden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
Vom Netzwerk:
Asteroidenrepublik trug.
    Jeder Sarg stand auch auf einem eigenen Katafalk. Hierzu waren entsprechend viele Messetische vom Deck abgeschraubt und dem Anlass entsprechend mit schwarzem Tuch überzogen worden. An jeder Station stand eine einzelne Ehrenwache in Hab-Acht-Stellung, während Kaplan Ibanez und ein Solarier-Wissenschaftler, der außerdem ein buddhistischer Mönch war, die einzelnen Särge abschritten und für die Seelen der Verstorbenen beteten. Im Anschluss an die Gebete hoben jeweils vier Sargträger einen Sarg vom Katafalk und trugen ihn zur Hauptluftschleuse. Von Trommelwirbel begleitet, hoben zwei Raumfahrer in Raumanzügen pietätvoll den eingehüllten Körper aus seinem Behältnis und trugen ihn in die Luftschleuse, die sie dann von innen schlossen. Als die Tür sich wieder öffnete, waren nur noch die Raumfahrer in der Schleuse. Dann wurde der nächste Leichnam dem All überantwortet.
    Nachdem auch der letzte Verstorbene auf seinen oder ihren letzten Orbit geschickt worden war, bat Braedon per Schiffsdurchsage um Aufmerksamkeit. Er betrat das Podium, das eilig im Gang aufgebaut worden war, und hielt eine Lesung aus dem Buch von Pfadfinder .
     
    »… und was soll man denen nun erwidern, die uns davor warnen, dass Menschen auf dieser großen Suche sterben werden? Was soll man sagen, außer das Offensichtliche zur Kenntnis zu nehmen? Natürlich werden Menschen sterben! Von den Milliarden Seelen, die die Erde seit Anbeginn der Zeit bewohnt haben, hat noch niemand ewig gelebt. Genauso wie die meisten von uns, die zur ursprünglichen Besatzung der Pathfinder gehörten, die Landung auf den Planeten des Procyon-Systems in hundert Jahren nicht mehr erleben werden.
    Worauf es also ankommt, ist nicht die Tatsache des Todes an sich, sondern für welche Art des Todes wir uns entscheiden. Wollen wir im Bett sterben, die Bettdecke feige über den Kopf gezogen? Oder soll unser letzter Blick den glühenden Sternen gelten, die in die Unendlichkeit sich erstrecken?
    Jeder von uns hat sich diese Frage schon gestellt, und unsere Anwesenheit hier ist Antwort genug. Stellen wir uns deshalb dem Unbekannten, während wir die Weiten des interstellaren Raums durchqueren, der zwischen uns und unserem Ziel steht. Denn wie sprach ein großer Dichter einst von Leben und Tod:
    ›Des Waldes Dunkel zieht mich an.
Doch muss zu meinem Wort ich steh’n,
und Meilen geh’n, bevor ich schlafen kann,
und Meilen geh’n, bevor ich schlafen kann.‹«
    Braedon wartete, bis das verstärkte Echo seiner Stimme im Schiff verhallt war, bevor er zum Schluss kam: »So sprach Kommodore Eric Stassel zu seiner Besatzung am Vorabend des Abflugs der Pathfinder aus dem Sonnensystem.«
    Braedons Worte wurden sofort von den traurigen Klängen einer einzelnen Trompete gefolgt, die den Zapfenstreich blies, während überall im Schiff die Besatzungsmitglieder der Promise ein stilles Gebet für ihre Toten sprachen.
     
    Die letzten Trompetenklänge hallten noch nach, als PROMs Stimme in den Lautsprechern ertönte: »An alle! Fortsetzung der Aufräumarbeiten!«
    In der Messe lösten fünfzig Besatzungsmitglieder in Galauniformen die Formation auf und gingen zur Luke. Chryse Haller war eine von ihnen. Während die meisten Leute auf dem Weg zu ihren Unterkünften waren, um die Kleidung zu wechseln, bog Chryse hinter der Messe links ab und steuerte auf das Büro des Zahlmeisters zu. Unterwegs sinnierte sie über das Schicksal.
    Von dem Unfall hatte sie so gut wie gar nichts mitbekommen. Eben hatte sie noch die Ladung in Laderaum Nummer eins überprüft, und im nächsten Moment war sie aufs Deck geknallt. Sie war unter einem Stapel Verpackungskisten wieder aufgewacht, die sie zerquetscht hätten, wenn die künstliche Schwerkraft aktiv gewesen wäre. Dass sie den Kollaps der Kistenstapel überlebt hatte, grenzte für sie an ein Wunder. Raumfahrer Warrick hatte dieses Glück nicht gehabt. Er war zurück zu seiner Unterkunft geeilt, nachdem Chryse ihn entlassen hatte. Explosion und Umpolung des Gravitationsfelds hatten ihn erwischt, als er gerade eine Leiter zwischen den Decks hinunterstieg. Beim anschließenden Absturz hatte er sich den Hals gebrochen; er war eine der zweiundzwanzig stummen Gestalten, die gen Unendlichkeit trieben.
    Das Schiff selbst hatte bis auf den Brandschaden in der Sternenantriebs-Abteilung keine offensichtlichen Schäden davongetragen. Jedoch hatte sich ein Teil der Energie im Antriebsfeld als überschüssige elektrische Ladung

Weitere Kostenlose Bücher