Lebensversicherung (German Edition)
Kanäle
oder auch Landdurchstiche verbunden sind. Über weite Strecken benutzt er
Flüsse, die beständig auf Fahrwassertiefe gehalten werden. Es gibt tiefes
Wasser und flaches, dessen Farbe sich wandelt zu blau, grau, grün und braun, je
nach Tiefe, Zusammensetzung und Vegetation.
Eine Fahrt im ICW ist nie langweilig, und manchmal erfordert
sie die größte Aufmerksamkeit des Skippers. Insbesondere dann, wenn die
Gezeiten Strömung, Wassertiefe und Ufer beeinflussen.
Aber der ICW ist nicht nur Wasser. Das Land, durch welches er
führt, gehört untrennbar dazu und bestimmt seinen Reiz. Von Virginia bis
Florida erlebt der Reisende das Klima der gemäßigten Zone in seinen Übergängen,
wo er in das subtropische Klima Floridas eintaucht. Die Vegetation spiegelt es
wieder. Kiefernwälder, Stechpalmen, Gummibäume, blühende Magnolien und
Zypressen säumen seinen Lauf. Herrlich leuchten die Misteln in den Ästen der
Bäume und herrlich sind die Lebenseichen, deren schwer mit Spanischem Moos
beladenen Äste uns an den Film Gone with the Wind erinnern.
Weiter im Süden prägen Palmen in jeder Form und Größe das
Bild, durchsetzt mit Pinien und Mangroven. Es gibt aber auch ausgedehnte
Marschlandschaften, die dem Blick einen weiten Horizont öffnen, und Sümpfe, die
mit ihren schwarzen Wassern das Land im Süden bedeckt halten.
Die Fauna ist reichhaltig. Vielfältige Vogelarten und
Tausende von Schwänen, besonders im Herbst, lassen sich beobachten und
begleiten mit ihrem Flug und ihren Stimmen das Schiff. Oft sieht man
Schildkröten, die sich am Ufer sonnen, und Alligatoren, die ruhig im Wasser
treiben. Wir sahen Bären, Hirsche, Delfine und Manatees. Gelegentlich schwimmen
Schlangen von einem Ufer zum anderen. Gern ankerten wir für die Nacht, meist am
Rande des ICW in einem Flüsschen. Nur selten machten wir in einer Marina fest.
Die Abende sind unvergleichbar. Oft waren wir das einzige
Schiff, selten ankerten wir zu mehreren. Es waren die Ruhe und der Frieden, die
uns am meisten beeindruckten und die Natur beobachten ließen. Wir liebten aber
auch den frühen Morgen, wenn die Natur erwacht und noch Nebel über dem warmen
Wasser liegt.
Für uns war die direkte Route nach Süden auf dem Atlantik
nicht ratsam. Zum einen war es Winter, das Wetter unbeständig und ein Segeln
gegen den Golfstrom unmöglich. Zum anderen hatten wir ja auch Zeit, und wir
mochten das Leben am ICW.
Im Schnitt fuhren wir 30 bis 35 Meilen am Tag. Wir hofften,
noch vor Weihnachten in West Palm Beach in Florida zu sein, von wo aus wir die
Fahrt über den Golfstrom antreten und in die Bahamas gelangen wollten.
Allerdings kann das Wetter auch hier die schönsten Pläne zunichtemachen.
Masonboro hatten wir vor drei Tagen verlassen. Mit dem
Hellwerden waren wir ausgelaufen, und, nachdem wir Snows Cut hinter uns
gelassen hatten, erwartete uns der Cape Fear River. 12 Meilen muss man ihn
hinunterfahren, bevor das geschützte Wasser des ICW wieder erreicht ist.
Wir hatten kräftigen Wind von achtern und die entgegenlaufende
Flut bescherte uns eine recht kurze Welle, die unsere Seebeine schnell wachsen
ließ. Aber wir hatten keine Wahl, wollten wir unseren ersten Ankerplatz vor dem
Dunkelwerden erreichen, denn ausnahmsweise lagen heute 45 Meilen vor uns.
Petrus machte uns den ersten Tag nicht gerade leicht, es war
kalt und regnerisch. So waren wir schließlich froh, als wir mit Sonnenuntergang
die letzte noch verbliebene Pontonbrücke bei Sunset Beach erreicht hatten und
wenig später unseren Anker im Calabash Creek fallen lassen konnten.
Unser erster Morgen in South Carolina weckte uns mit
Sonnenschein, aber es war lausig kalt. Der Wind hatte sich gelegt und wir
genossen die wunderschöne Fahrt durch die Zypressenwälder des Waccamaw Creek.
Am frühen Nachmittag ankerten wir im Prince Creek, machten das Dinghi fertig
und tauchten in die geheimnisvolle Welt der Sümpfe ein.
Heute waren wir erst spät losgefahren. Wir hatten im Cockpit
gefrühstückt und dem Konzert dieser amphibischen Welt gelauscht. Ihr Duft und
die aufkommende Wärme hielten uns gefangen.
Vor uns lag Georgetown, wo wir schon früher gewesen waren.
Wir ankerten im Fluss direkt vor der Stadt. In den letzten Tagen hatte sich das
eine oder andere Problem am Schiff gezeigt, und wir wollten morgen einen
Ruhetag einlegen, um dies und das zu reparieren. So musste ich die Ankerwinsch
auseinandernehmen und mit neuem Öl schmieren, welches sich durch das lange
Liegen eingedickt hatte.
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