Leberkäsweckle
die Staatsmacht. Wäre man Schirmer begegnet, hätte man vielleicht eher nach Kleingeld gesucht.
Während die beiden noch immer vor der Tür standen, versuchte der Beamte im Wagen, telefonisch bei Bremer durchzukommen, aber es war ständig belegt.
Kein Wunder, denn drinnen hatte Bürgermeister Bremer den Hörer danebengelegt, während er verzweifelt versuchte, alle Spuren so zu arrangieren, dass er die Sache in seinem Sinne darstellen konnte.
Schließlich entschieden sich Knöpfle und Schirmer, die Sache von hinten anzugehen. Es musste ja irgendwo einen Weg auf das Anwesen geben. Hier vorne an der Straße war die Mauer zu hoch. Also ging Schirmer nach links und Knöpfle nach rechts.
Es war Schirmer, der, kaum um die Ecke gebogen, auf ein niedriges Gartentor traf, daran ein Schild mit »Warnung vor dem Hunde«. Würde ich auch draufschreiben, dachte Schirmer und nahm das Törchen mit Bravour.
Knöpfle, der das Anwesen inzwischen fast umrundet hatte, sah den Kollegen, wie er elegant hinübersetzte. Alle Achtung, dachte er, das hätte ich dem Alten gar nicht zugetraut. Allerdings hörte er anschließend ein tiefes, kehliges Hundegebell. Da lief was schief, dachte er.
Dass hier was verdammt schieflief, das hätte Gerda Schickle sofort unterschrieben. Der werte Herr Metzger war auf dem Weg in die Notaufnahme in Beutlingen, wo man allmählich daran dachte, einen Pfenningen-Schalter einzurichten. Das war immerhin schon der dritte Unfallpatient von dort heute.
Und sie stand vor verschlossener Tür. Drinnen hatte es zunächst geklopft, dann war das Klopfen verstummt.
»Halten Sie aus!«, rief sie und war sich beinahe sicher, dass durch die mächtige Eichentür kein Laut nach drinnen dringen konnte. Zu hören war jetzt auch nichts mehr. Sie drückte das Ohr gegen das kalte Holz, nichts. Sie schaute sich um und ging schließlich hinüber zum Paul-Lächler-Haus, dem Gemeindezentrum, vielleicht konnte sie dort den Mesner finden.
Sie öffnete die Tür, trat ein und schaute sich um. Kein Mensch war zu sehen. Nachdem sie im Erdgeschoss alle Räume durchsucht hatte, ging sie hinunter ins Kellergeschoss. Ihr Gedanke: Hausmeister eher im Kellergeschoss als im Obergeschoss, und sie sollte recht behalten. Im Heizungskeller traf sie auf einen älteren Mann im blauen Anton, der so ähnlich wie ein Hausmeister aussah.
»Grüß Gott, sagen Sie, wo finde ich denn den Mesner der Christuskirche?«, fragte sie.
»Des ben i au«, kam es zurück.
»Bitte?«, fragte Gerda nach.
»Des ben i«, sagte der Mann.
»Aha«, sagte Gerda. »Drüben in der Kirche ist jemand eingeschlossen. Sie müssen aufschließen.«
»Des kann I fei net«, sagte der Mann.
»Wieso können Sie das nicht?«, fragte Gerda vorsichtig.
»Des kann i net, weil i da Schlissel net han, den hot dr Pfarrer«, lautete die Antwort.
»Pfarrer Leonhard?«, fragte sie.
»Eba!«, sagte der Mann.
Sie musste wohl einsehen, dass nur Pfarrer Leonhard einen Schlüssel zur Christuskirche hatte. Warum das so war und wieso nur ein Schlüssel in der ganzen großen Gemeinde vorhanden war, über solche Details machte sie sich erst einmal keine Gedanken. Sie musste den Pfarrer finden, dieser eingeschlossene Mensch sollte endlich aus der Kirche raus!
Das dachte auch Gott, als er sich die Szene ansah. Diese Gerda Schickle, eine Prachtfrau, die nun wirklich einen properen Ehemann verdient hätte. Aber das hatte leider nicht geklappt, obwohl er alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. Aber im Falle Franz Werth musste sich doch was machen lassen. Er wollte keine Menschen sehen, die in seiner Kirche eingesperrt waren. Das ging doch nicht, was war denn das für ein Bild!
Von einem Bild konnte man auch am Georgenberg sprechen. Hier ging es recht fröhlich zu. Aus dem alten Kofferradio von Frieder Kötzle tönte lustig »Der Anton aus Tirol« über die grillende Gruppe. Da saßen sie nun zusammen, Jahrzehnte an Gütleseignern samt Gattinnen. Die Holzkohlen glühten, Würste und Fleisch brutzelten vor sich hin. Sie hatten gut für sich gesorgt, das Bier kam frisch vom Fass, und den Damen wurde ein leichter Rosé kredenzt.
Frieder hatte sich nicht lumpen lassen und wieder mal die alte Lichterkette aktiviert. Es war nicht nur ein Fest, es war ein richtiges Wiedersehen bei den meisten der Gäste. Es wurde geschwatzt und gescherzt, geprostet und geschäkert, dass es eine wahre Freude war. Nachdem alle Tische so ausgerichtet waren, dass man einen möglichst guten Blick auf die
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