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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
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Mann, dachte sie, endlich keiner, der nur ein Bier trinken wollte, sondern eben Kakao. Aber so richtig echt war das auch nicht, das spürte sie.
    »Habe keinen Kakao«, rief sie ihm aus der Küche zu.
    »Dann warme Milch«, rief er zurück.
    Ihre Mutter hatte immer gesagt, wenn einer warme Milch will, vergiss es. Sie war eine direkte Frau gewesen. Das war Wenke selbst auch. Was sollte sie jetzt machen? Ihm die warme Milch servieren und sich stundenlang die Ermittlungsstorys reinziehen? Das war nicht ihr Ziel, nicht wirklich. Bürzle war nicht so recht ihr Typ. Milch. Wenn sie das schon hörte. Sagen wir, da will einer Sekt, gut, einen Weißwein, gut, von ihr aus auch ein Bier.
    »Hab auch keine Milch!«, rief sie hinüber ins Wohnzimmer.
    »Dann halt was anderes«, kam es zurück.
    »Ein Bier vielleicht?«, rief sie.
    »Auch das«, antwortete er.
    Na bitte, dachte sie, das war wahrscheinlich nur ein Versuch gewesen, der wollte wissen, wie er ankam. Sie kannte doch die Biertrinker, kaum zwei, drei Weizen im Bauch, schon kein vernünftiger Gedanke mehr. Bei Weintrinkern lief es ein wenig feiner, da kam die eine Flasche, dann die nächste, und man schwelgte. Sie hatte das alles schon erlebt. Sie versuchte zu taxieren, einzuschätzen, sie wollte den Mann hinter diesem Verhalten erkennen und dann entscheiden. Aber ein Milchtrinker, der zum Bier zu überreden war. Schwierig.
    Das wurde es auch für die Jugendlichen am Georgenberg. Ihr Drang zur Entleerung war schon den ganzen Abend über groß gewesen. Aber seit einer halben Stunde mehrten sich die Klogänge. Und Klogang hieß hier Gebüsch oder, wenn es sich nicht mehr halten ließ, Wiese, Hangwiese.
    Schirmer war längst den Berg hinunter. Vielleicht würde er noch kurz im Büro vorbeischauen und einen Bericht schreiben, damit der Knöpfle am Morgen auch was zu lesen hatte. Der Landespolizeidirektion würde er es zeigen. So ging man vor, wenn man was erreichen wollte. Dann musste er noch in der Klinik vorbei, denn der Arzt, ein gewisser Dr.   Sommerwagen, hatte ihm aufgetragen, heute Abend, und das war es jetzt spätestens, auf jeden Fall noch mal vorbeizukommen, egal, wie spät es dann sein würde. Also setzte er sich in seinen R4 und gondelte nach Beutlingen.
    Alfred und Frieder hörten das Geräusch des sich entfernenden Oldtimers. Ansonsten war es plötzlich ruhig. In nur wenigen Minuten hatte sich der allgemeine Lärm auf eine Stille reduziert, die selbst Frieder, der öfter hier oben über Nacht war, erstaunte. Deshalb schreckten beide von ihren Betten hoch, schauten sich an, und in ihren Gesichtern stand dieselbe Frage: Was war hier denn los?
    Das wollte auch Kommissar Knöpfle wissen. Warum rief ihn mitten in der Nacht die Beutlinger Klinik an und fragte, was denn eigentlich in Pfenningen los sei? Sie hätten im Laufe des Tages schon einige Einlieferungen gehabt, und gut, das gäbe es dann halt mal, aber was im Augenblick passieren würde, das müsste einfach gemeldet werden, eben ihm.
    »Ja und was?«, fragte er nach.
    »Wir haben hier zig Jugendliche, die mit Durchfall eingeliefert worden sind. Alle aus Pfenningen, von einem Fest am Georgenberg!«, antwortete Stationsarzt Dr.   Sommerwagen.
    »Georgenberg?« Dort war doch der Knochenfund, dort waren Alfred und Frieder. Aber wer war sonst noch da, und warum gab es da eine Party?
    Bisschen heftig, das am Georgenberg, dachte Gott. Aber die Aktion von Schirmer, nicht schlecht. Man konnte diesen jungen Menschen ja keinen Vorwurf machen, die lebten ihre Zeit, und diese Zeit war für Menschen in Mitteleuropa eine fette, fragenlose Zeit. Satt und sicher saßen sie in ihren Einfamilienhäusern und wetteiferten mit der Größe ihrer Flachbildschirme. So hatte er das nicht vorgesehen. Fast wünschte er sich die bewegten achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück, wo sie für Frieden und gegen die Atomkraft demonstriert hatten. Natürlich nicht alle, auch wenn heute vielleicht viele dabei gewesen sein wollten.
    Diese Menschen. Das machte ihm schon Sorge, dieses Private, dieses Vereinzelte, dafür hatte er den Menschen nicht geschaffen, dass er allein war. In dieser Hinsicht taten die jungen Menschen ja das Richtige. Sie kamen zusammen, um zu reden, Musik zu hören und Spaß zu haben. Aber diese Sauferei, darin lag schon einiges an Zukunftsangst und Leistungsdruck. Die waren doch allesamt dabei, abzudrehen. Nur noch Materielles, nur noch schön und berühmt sein, und wenn nicht, dann möglichst den anderen beim

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